Arbeitsjournal. Dienstag, der 18. August 2009.

6.27 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Ans frühe Aufstehen muß ich mich, scheint’s, erst wieder gewöhnen; allerdings kam ich erst nach eins ins Bett; nach meiner Ankunft in Berlin gleich mit RE bis Potsdamer- und U bis Nollendorfplatz weitergefahren, das Restchen zur Bar zu Fuß gegangen, auf den Profi gewartet, Murakami (Schafsmann) ausgelesen im Scheinchen eines Tischkerzenfunzels, dann, als er dawar, der Profi, nicht Murakami, wechselseitig erzählt und erzählt, die Segeltour im hohen Norden, die Tour durch den Golf von Neapel, im Süden, sic, über Murakami gesprochen, unsere Eindrücke sind ganz ähnlich, mehr dazu, wie ich gestern schon schrieb, später; über das >>>> MADRE erzählt, das mich dermaßen begeistert hat, nicht nur mich, auch meinen Jungen, über die Installationen Anish Kapoors, Rebecca Horns; fassungslos stand ich vor einem riesigen Jannis Kounellis im Treppenhaus, immer wieder, dazu, durch die Fenster Blicke hinaus ins alte Neapel, Fassaden von Kirchen, wie Ausschnitte, collagenartig, der alten Häuser, mal ein Balkon, mal auch Wäsche war hinausgehängt – aber all das steht im noch nicht übertragenen Reisejournal; wann ich zum Übertragen kommen werde und dazu, die Aufzeichnungen hier einzustellen, weiß ich noch nicht, weil übermorgen bereits mein Flug nach Helsinki abgeht, in der elektronischen Post fand ich mein Programm für die vier Finnlandtage, darüber dann ebenfalls später.
Jedenfalls schlief ich sehr schnell ein, auch etwas erschöpft, und kam um halb sechs, als ich hatte aufstehen wollen, nicht gleich hoch. Cigarillos sind alle, eine Zigarette war noch da, so stopf ich mir nun eben eine Peife, – Moment – sò, fatto (aber mein Italienisch war fast weg während der Reise; spricht man nicht dauernd und spricht man vor allem oft Deutsch während solch einer Reise, reaktiviert sich der Sprachschatz in zwei Wochen nicht, oder nur kaum; erst in Neapel, und erst in den letzten beiden Tagen, löste sich was), – qualmt. Der latte macchiato schmeckt immerhin auch hier noch immer, Pavoniseidank. Die Freunde gaben mir etwas Geld, damit ich durchkäme; ich wäre sonst am Donnerstag mit 10 Euro auf der Naht, mit nicht mehr, nach Helsinki geflogen (aber auch sowas geht, man stopft sich dann halt für den Tag die Hosentaschen mit Zeug vom Frühstückstisch voll); ich erinnere mich an eine russische Schriftstellerdelegation, die abends immer verschwand auf dem Festival, einfach deshalb, weil sich die Leute kein Essen leisten konnten, das aber, um nicht ihr Gesicht zu verlieren, niemandem erzählten, sondern sich mit kleinen Selbstversorgungen auf ihre Hotelzimmer zurückzogen; erst nach dem Festival kam das heraus; ich erinnere mich, wie beklemmt wir waren, als wir’s erfuhren; jeder von uns hätte ansonsten fürs Wohl der Gäste mitsorgen wollen, aber die Ehre, selbstverständlich, die Ehre… denn man wollte ja selbst nicht, das jemand für die eigene Ehre so Sorgfalt trägt. Wo bliebe sie da, verrückt in die quasi Mütterlichkeit fremder Sorgfaltsträger? Bei Freunden ist’s etwas anderes.

Dort steht das Cello. Ungewiß, ob ich in den beiden folgenden Tagen drankommen werde; obwohl’s mich zieht. Aber ich muß, wenn neben der >>>> Helsinki-Vorbereitung noch Zeit bleibt, unbedingt an den Text über Bruno Maderna, unbedingt auch an den über die Scelsi-Werkausgabe; und dann ist vor allem auch das Reisejournal zu übertragen; dreivier Skizzen für die Fortsetzung des >>>> Béart-Gedichtes stehen darin; auch das ist dann auszuführen, damit es nicht hängen-, d.h. steckenbleibt.

Jetzt schnell mal was überziehen und runter in den Feuerlöschladen, um meine Post zu holen; wird einiges sein, denke ich. Guten Morgen, Leser.

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