wechselbeziehungen….

… als meine freundin da am samstag an meinem tisch auf ihrem stuhl saß, sich verhielt, wie sie sich verhielt, sah ich meine schwester immer wieder an. sie registrierte bereits volles brett, was in mir vorging. meine freundin sagte zu beginn ihrer schimpf- und auf-das-leben-haßtriade nur einen einzigen satz, und in dem moment, als sie das sagte, fiel es mir wie schuppen von den augen. meine schwester formte lautlos ihre lippen: „unsere mutter.“ sämtliche streitgespräche, die ich bis jetzt mit mit meiner freundin hatte, ratterten lautlos aber eine richtung bestimmend an mir vorbei.
j. kam schon mit angekündigten kopfschmerzen: „mir geht es so schlecht, hast du mal eine tablette?“ „ja, natürlich.“ zum abendessen hatte ich etwas zubereitet, was sie sich ausdrücklich gewünscht hatte: „ich komm aber nur, wenn es hähnchen mit kartoffeln und porree gibt.“ als der teller vor ihr stand, sagte sie: „ich hab dir doch gleich gesagt, daß ich nicht die hälfte davon essen werde.“ erstaunt schaute ich sie an, hob meine augenbraue, sagte noch nichts. dann bekam sie sich mit u. in die wolle, meine sis versuchte, obwohl es nicht notwendig gewesen wäre, auszugleichen, eben weil u. nur einen scherz gemacht hatte. j. hatte sich, inzwischen nicht mehr nur entrüstend, sondern mit schneidender stimme, eine halbe stunde lang über die über ihr wohnenden „ständig poppenden“ nachbarn aufgeregt, was u. mit dem trockenen kommentar „du bist ja nur neidisch“, quittierte, womit der schwelbrand gelegt war. anschließend gab’s ein allgemeines gespräch über disziplin beim essen, was j. (sie ist inzwischen wirklich nicht mehr nur dick) dazu veranlaßte, uns beim anblick des desserts sehr deutlich, auch im ton ihrer stimme, vorwurfsvoll mitzuteilen, daß wir ihr jetzt gründlich den appetit verdorben hätten. anstatt sie aber, uns diesen vorwurf machend, konsequent den ganzen abend bei dieser nummer blieb, schaufelte sie später nicht nur den ganzen rest in sich hinein, vier der sechs schokoladen-weihnachtsmänner, die meine schwester mir mitgebracht hatte, dazu eine tüte schokorosinen, dominosteine… lebkuchenherzen, lakritze, weingummi… mußten auch dran glauben. meine sis nahm mich im laufe des abends beiseite: „warum sagst du nichts?, weißt du, wie schwer mir das gefallen ist, diese schoki-weihnachtsmänner die ganzen letzten drei monate nicht zu vertilgen. ganz hinten im schrank hab ich sie eingesperrt, und jetzt frißt deine freudin sie dir weg, dann hätt ich sie auch selbst essen können.“ „versuch einfach nur ruhig zu bleiben, ich schaffs ja auch, ich will nur einfach wissen, wie weit sie geht.“
eindeutig war da bei j. vom ersten augenblick der begegnung mit u. eine feindseligkeit zu spüren. was mir eigentlich hätte klar sein müssen. u. lacht von morgens bis abends…. sie hat so schwere schicksalsschläge hinter sich, was sie nicht daran hindert, zu sagen. „du weißt doch, die menschen und männer nur für’s gute, der rest kann mich mal hinter den bergen bei den sieben zwergen.“ sie hat ständig ein so ansteckendes lachen in ihrem gesicht… daß ich, wenn ich ihr begegne, meist gleich mitlachen muß. j. hingegen ist inzwischen der pessimismus selbst. ich verstehe es nicht, sie hat alles, was man sich wünschen kann. sie ist gesund, hat ein dach über dem kopf, verdient nen haufen kohle, hat noch mehr kohle… ist aber geizig bis zum geht nicht mehr, regt sich darüber auf, wenn sie für einen kaffee 2.95,– euro zahlen soll. meine schwester grinste: „weißt du was ich mal für eine cola bezahlt hab?“ „neee…“ „12,– euro“ „wie bitte?, wie krank ist das denn.“ „überhaupt nicht krank, der abend war es wert, über diese 12,– euro-cola lachen wir heute noch.“
später nahm meine schwester mich noch mal zur seite: „weißt du was?, deine freundin hat ein problem.“ „so?, welches denn?“ „sie will sich nicht freuen, sie will nicht lachen… sie will nicht, daß es irgend etwas gutes, schönes und liebenswertes auf dieser welt gibt, sie will nicht die gefahr von berührung, deshalb provoziert sie ständig, damit sie sich in ihrer eigenen ablehnung ihrer selbst und all dessen bestätigt sieht. die meisten menschen reagieren auf so etwas doch mit ablehnung, und genau die braucht sie, im sinne von… hab ich doch gleich gesagt, alles scheiße… die menschen sind schlecht.“ „ich weiß, ich erlebe sie jetzt so seit fast zwei jahren.“ „nee… stimmt nicht, vor einem halben jahr, als ich sie kennenlernte, war es noch nicht so schlimm wie jetzt, sie hat ja inzwischen einen regelrechten haß auf alles.“
wenige augenblicke benahm sich j. mir gegenüber derart daneben, daß meiner schwester und auch u. der mund offen stehen blieb, also war’s jetzt an mir, was zu sagen, was ich tat, und das ziemlich deutlich. im grunde hatte j. es damit geschafft, mir den ganzen abend zu versauen… „dir ist doch klar, wer das auch immer schaffte, oder? und noch etwas… ist dir klar, wie j. sich dir gegenüber verhält?“ „inzwischen ja, aber wag’s kaum, es auszusprechen.“ „sprich es ruhig aus, ihr wesen und das ihr dir gegenüber daraus resultierende verhalten ähnelt dem unserer mutter. ich muß dir ehrlich sagen, daß ich mich ein paar mal sehr erschrak, so deutlich saß unsere mutter vor mir. du hast deine aufgabe mit unserer mutter immer noch nicht gelöst, deshalb begegnet sie dir wieder….“
ein etwas vermeintlich von außen wirkendes, welches aber durch das eigene muster angezogen wird…. so lange, bis man es abgearbeitet hat. ich find’s nur scheiße, daß es ausgerechnet meine freundin sein muß.