Nur die Stühle sind frei ODER Lieber in die Maerzmusik. Tschaikowskis Eugen Onegin zu den Festtagen der Staatsoper Unter den Linden.

[Geschrieben für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.
>>>> Dort erschienen am 28. März 2010.]

Selbst zu Festtagen kleidet sich kaum mehr wer festlich. Bei den Neuen Musiken der >>>> Maerzmusik trägt man immerhin Schwarz. >>>> Achim Freyer kleidet die Gesellschaft in Asche. Wie Puppen an Stäben steht sie herum. So bewegt sie sich. Vor Überschminkung die Gesichter starr. Angestrengte Symbolik in Hand- und Armhaltungen. Frei sind die Stühle. Auf die sich alle stützen. Die sie drehen, wenn sich etwas bewegt. In der Pause schweben sie. Als die Marionetten weg sind. Im dritten Akt zucken die auf einem riesigen Spiegel. Da sieht die Starre schön aus. Wegen des Lichts. Immer wieder neonrotes Hybridenlicht kurz. Und gelb. Sonst ist alles grau und weiß. Fast hysterisch der Walzer. Der rote Tod tritt dazwischen. Als Couplet war er verkleidet. Der einzige mit menschlichem Ausdruck ist’s. Der ist sonst der Musik allein. Und des Duells. Als Konsequenz der Verklemmung.
Barenboim dirigiert Tschaikowskis lyrische Szenen lyrisch. Doch Achim Freyer erlaubte kein Herz. Das beklomm, mußte weg. Man applaudierte wild zu Szenen. Wir nennen das eine geldbürgerliche Reaktionsbildung. Wegen Rolando Villazón kam man. Er singt schön. Artur Rocinski singt aber schöner. Er muß nichts drücken. Er wackelt nicht. Anna Samuils Sopran vibrierte anfangs zu sehr. Gegen Katharina Kammerloher fiel sie erst ab. Aber bekam die Kehlkopfmuskeln in den Griff. Wurde sanglich mit späterem Abend ganz groß. Eine andere Schönheit ließ Freyer nicht zu. Keinem. Es verrät sich der Starkult. Den man, und sich, zu feiern hier war. Die Gewohnheit wurde uns von oben gegeben. Sie ist Ersatz für das Glück.
Es gibt keinen Ersatz für das Leben. Ein bitterer Abend. Gern wär ich bei >>>> Edgar Varèse im Konzerthaus gewesen. Weil in der Maerzmusik Freiheit noch versucht wird. Wieder.

Die nächsten Vorstellungen:
Mi 31 Mär 2010 | 19.30 Uhr
Fr 02 Apr 2010 | 19.30 Uhr
>>>> Karten.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .