Die letzten Tage 88

Gelegentlich der Griff zum Handtuch: azzurro-blau, Label „Italia 90“ (vom Balkönchen in Rom damals das Wetterleuchten des Feuerwerks), also 20 Jahre alt. Immer die Jahre zählen: wie lang ist was her? Der Schweiß ist nicht so alt: kommt frisch aus der Stirn, jetzt gleich nach dem Essen, beim ersten Wein. Vielleicht kommt Altes mit ihm raus. Seit über einer Stunde eine Briefumschlag-Ikone mit Lupe drüber, knapp 10 MB weiß Outlook schon, ich aber nicht mehr als das. Die Verbindungsikone leuchtet gar nicht. Arbeit? Je länger aber der Tag ins Land geht, desto unwilliger werde ich derzeit. Mentale Konditionierungen à la Post, Krankenhaus wegen Rippen-Röntgenaufnahme (ob das nicht doch eher ginge als am 29.7. (gestern durchgerungen zum Vormerken)), Rom (Geld einkassieren, meine Übersetzung vom Winter mir in Buchform geben lassen (fast entschied ich mich für Freitag: aber da soll’s auf die 40 Grad zugehen)), Kfz.-Steuer und der immer noch ausstehende Check-up für die Gasanlage, Ende des Monats Autoversicherung und „TÜV“. – Den PC neu gestartet: waren keine 10 MB, sondern bloß Werbung. Telefonwerbung gestern am frühen Abend: „Wir sind ein Möbelhersteller in Viterbo…“ – „Mi scusi, aber interessiert mich nicht.“ – „Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.“. Abermals eine halbe Stunde später: „Wir sind ein Möbelhersteller in Viterbo…“ – „Sie haben vor einer halben Stunde schon mal angerufen.“ – „Das waren aber nicht wir.“ – „Wie ich schon sagte: es interessiert mich nicht.“ – „Ich wünsche Ihnen einen guten Abend.“ Den hatte ich dann im Grunde auch. Zwar fiel das Abendessen bei T. und I. wegen irgendeiner unaufschiebbaren Kammerjäger-Aktion in deren Wohnung aus, dafür bot MM wieder mal Supper for two an. Wir stellten die zwei Barhocker zum Essen an den Brunnen im Hof. Dies unser Tisch. Anfangs noch kreischten über den Himmelsausschnitt flitschende Mauersegler. Eine schwarze Katze hatte Hunger. Und da ich den Reis nicht aufbekam, sorgte sie für den Rest. Bekifft dann zunächst Stramm zu seiner Gitarrenbegleitung in der wunderschönen Akustik der vier Meter hohen Küche, draufhin einfach aus dem ‚Baal’, den ich auch mitgenommen. Mir war nach dem ‚Choral vom Manne Baal’. Erste Lektüren. Damals. Als ich ihn sogar noch auswendig konnte. Was die Andern dann zu hören bekamen. Zu später Fêten-Stunde. Man war so 19-22 Jahre alt. Was damals an Texten entstand, schickte ich mal an Matthes & Seitz nach München. Die schickten mir ein Buch zurück von Herrn Mattheus: ‚jede wahre sprache ist unverständlich. über antonin artaud und andere texte des veränderten bewußtseins’ (traf ein am 26.1.78), war sogar ein Brief dabei, den ich jetzt aber nicht suche. Ich weiß bis heute nicht wirklich, wie’s gemeint war. Meine Liste sagt, ich hätt’s gelesen, mein Kopf das Gegenteil. Halbnackt in der Wohnung ist’s auszuhalten. Sommersprossen, ich liebe Sommersprossen. Leider habe ich nur welche auf den Schultern. Dafür liebe ich sie natürlich. Stadtrundfahrt: trotz des offenen Fensters, trotz eines kühlen Bach aus den Lautsprechern: flammte es aus allen Poren.

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