HEUTE IN HEIDELBERG. ANH liest Selzers Singen.


Alban Nikolai Herbst

liest

SELZERS SINGEN


>>>> Palais Boisserée.
Germanistisches Institut.


Mittwoch, der 14. Juli 2010.

20 Uhr.
Hauptstraße 207/Karlsplatz.
Heidelberg

Selzers Singen ist als erster Band der Gesammelten Erzählungen im >>>> Kulturmaschinen Verlag erschienen. Der zweite Band, Azreds Buch, wird im Herbst 2010 erscheinen, der dritte im Frühjahr 2011.

5 thoughts on “HEUTE IN HEIDELBERG. ANH liest Selzers Singen.

  1. Lieber Alban Nikolai Herbst! Wenn Sie nicht antworten wollen, weil zu blöd, oder was auch immer, kein Problem. Ich hänge den Text noch einmal und wiederum nur vorsorglich unten dran. Einerseits als Ausweis meiner Ernsthaftigkeit, andererseits um die Relation einmal herzustellen. Auf ominöse Betty, auf die Sie sich zwar immer beziehen, die hier aber nie zu lesen ist, reagieren Sie seltsam heftig und aus Gründen der Löschungsaktivitäten gar nicht nachvollziehbar, auf die Fragen eines interessierten Lesers neuerdings gar nicht oder nur sehr zeitversetzt. Dennoch bleibt es dabei: antworten Sie nur, wenn Sie wollen.

    Beste Grüße

    Ihr NO

    ———————————————–

    NO (Gast) antwortete am 2010/07/01 19:52:
    Wolpertinger
    Lieber Alban Nikolai Herbst!

    In der letzten Zeit ist privates Lesen etwas in den Hintergrund gerückt. Auch das, was ich las, nachdem Sie dankenswerter Weise auf meine Fragen zur Überfrachtungsgefahr eingegangen sind.

    Aber ich erinnere mich dunkel: Die Sache wird immer verwirrender. Ab S. 547 hatte ich das Gefühl, auf der realen Handlungsebene wird eine zweite Front aufgemacht: Dieselben Figuren unter anderem Namen in einer alternative Handlung, 4 Jahre vor der bisher erzählten. Und Daniello = Lipom steuert alle und alles über einen Computer wie bei „Matrix“ oder Löwitschs „Welt am Draht“?

    Bei ungefähr der Hälfte des Buches angelangt, stellt sich daher schon einmal zwischendurch die Frage, um was geht es denn eigentlich in diesem Buch? Bei mir setzt diese Frage immer voraus, dass ich wenigstens ungefähr weiß, was eigentlich hier passiert.

    Wenn ich das richtig sehe, gibt es im Wesentlichen einen Haupt- und einen Nebenerzählstrang. Der Nebenstrang ist der kleinere und vermeintlich mehr in der Realität angesiedelt. Hier fährt Deters Zug, weil er eine Frau verfolgt nur so zum Spaß, die er Anna nennt und mit der er Tage in Göttingen verbringt, um dann mit ihr in einem Hotel Daniello und andere für eine Konferenz zu treffen, während im Ort sich Terrorosten sammeln für einen Anschlag, die aber wiederum vom Geheimdienst beobachtet werden, welcher Deters für Spitzeldienste angeheuert hat. Der Hauptstrang spielt in der Geisterwelt, voller Mythologie, da gibt es auch einen Deters, der eine Anna getroffen hat, die ihn mit Hüon verwechselte und ihm den Ring zuschob, und beide sind teils in der Diskutier-Runde um Lipom, teils im „wahren“ Leben, wobei die „wahren“ Lebenden die Geister teilweise sehen können und teilweise eben nicht, während die Geister ihrerseits einen Streit ausfechten um Ring oder Beutelchen.

    So, hilft mir das jetzt, dass ich das für mich so zusammenfasse (gefasst hatte vor einiger Zeit)? Nicht wirklich.

    Also: „Warum spielt mein Roman im Feenreich?“ (S. 582).

    Ich ahne irgendwie den Hauch einer Antwort bei dem großartigen, starken Satz:

    „Die lustbetonte Urreligion pervertierte erst im christlich-römischen Soldatengeist zur Treupflicht Hagen von Tronjes und diese in die Gehorsamsethik Eichmanns“ (S. 543/544).

    Ich erinnere mich an ein eindrucksvolles Buch über Bader-Meinhof: „Hitlers Verlorene Kinder“, und denke mir, damit wird wohl alles irgendwie zu tun haben.

    Ja, ich weiß, Sie erläutern Einzelnes, z.B. ab S. 560 schwierige Teile seiner Romankonstruktion, hilft mir persönlich aber nur bedingt weiter.

    ABER. Aber das macht den Herbst für mich bisher aus: Der Vorhang zu und alle Fragen offen, aber dann wird es plötzlich wieder lesenswert und man vergisst die Fragen. Reicht das nicht für gute Literatur? Fragen? Offene Vorhänge? Egal, denn es wird ausgesprochen vergnüglich mit den Betrunkenen in der Kneipe. In der Kneipe sind alle besoffen, das Radio spielt, Vicky Leandros singt und es klingt erst ein bisschen nach Heinrich Manns „Untertan“, aber mit „Leipzig“ (S. 608) wird klar, Auerbachs Keller aus dem Faust I wird nachgespielt mit Lipom als Mephisto und Deters als dem Doktor der Magie. Das ist höchst amüsant! Kompliment. Trotz des Vergnügens fragte ich mich zwar trotzdem: Warum? Aber nur so im Hinterkopf. Denn explodiert das Ganze:

    Auerbachs Keller schlägt um in die Walpurgisnacht, Lipom macht alle besoffen, zettelt Schlägereien an, alle werden obszön, schwarze Brühe kocht aus dem Boden, alle besuhlen sich, eine Orgie geht ab, alle sind fast wahnsinnig, ein Slapstick, denkt man, spinnt der, der Herbst, es wird immer schlimmer, das Volk johlt und schreit, fürchterliche Worte fallen, das Grölen wird immer ärger, Lipom ist ein wahrer Teufel, alle sind völlig enthemmt, Spießbürger schreien und am Ende schreit alles: Schuld ist der da, der Jude!!! Entsetzlich.

    Mann Herbst! Welche Wucht! Welche Kraft! Neu oder nicht, vibrierend oder nicht, das ist doch was!

    Jetzt mag der Vorhang zu und alle Fragen offen sein, aber ich stelle keine, ich bin begeistert, verblüfft, betroffen, unterhalten, muss verschnaufen. Kam insofern ganz gelegen, meine Lesepause.

    Beste Grüße

    NO

    PS: Was hat es übrigens mit den ständig zitierten Birken und dem Spitznamen „Birkchen“ für Murnau auf sich?

    Nur ganz vorsichtig die Frage, ob auf Antwort zu den Fragen vom 1. 7. 2010 noch gehofft werden kann, oder ob das in der Hektik um die Fenster in Paris, Melusine etc. untergegangen ist? Ich hänge den Text vorsorglich unten dran, aber bitte: Keinen Aufstand. Wenn Sie nicht antworten wollten, weil zu blöd, oder was auch immer, kein Problem.

    Beste Grüße

    Ihr NO

    ———————————————–

    NO (Gast) antwortete am 2010/07/01 19:52:
    Wolpertinger
    Lieber Alban Nikolai Herbst!

    In der letzten Zeit ist privates Lesen etwas in den Hintergrund gerückt. Auch das, was ich las, nachdem Sie dankenswerter Weise auf meine Fragen zur Überfrachtungsgefahr eingegangen sind.

    Aber ich erinnere mich dunkel: Die Sache wird immer verwirrender. Ab S. 547 hatte ich das Gefühl, auf der realen Handlungsebene wird eine zweite Front aufgemacht: Dieselben Figuren unter anderem Namen in einer alternative Handlung, 4 Jahre vor der bisher erzählten. Und Daniello = Lipom steuert alle und alles über einen Computer wie bei „Matrix“ oder Löwitschs „Welt am Draht“?

    Bei ungefähr der Hälfte des Buches angelangt, stellt sich daher schon einmal zwischendurch die Frage, um was geht es denn eigentlich in diesem Buch? Bei mir setzt diese Frage immer voraus, dass ich wenigstens ungefähr weiß, was eigentlich hier passiert.

    Wenn ich das richtig sehe, gibt es im Wesentlichen einen Haupt- und einen Nebenerzählstrang. Der Nebenstrang ist der kleinere und vermeintlich mehr in der Realität angesiedelt. Hier fährt Deters Zug, weil er eine Frau verfolgt nur so zum Spaß, die er Anna nennt und mit der er Tage in Göttingen verbringt, um dann mit ihr in einem Hotel Daniello und andere für eine Konferenz zu treffen, während im Ort sich Terrorosten sammeln für einen Anschlag, die aber wiederum vom Geheimdienst beobachtet werden, welcher Deters für Spitzeldienste angeheuert hat. Der Hauptstrang spielt in der Geisterwelt, voller Mythologie, da gibt es auch einen Deters, der eine Anna getroffen hat, die ihn mit Hüon verwechselte und ihm den Ring zuschob, und beide sind teils in der Diskutier-Runde um Lipom, teils im „wahren“ Leben, wobei die „wahren“ Lebenden die Geister teilweise sehen können und teilweise eben nicht, während die Geister ihrerseits einen Streit ausfechten um Ring oder Beutelchen.

    So, hilft mir das jetzt, dass ich das für mich so zusammenfasse (gefasst hatte vor einiger Zeit)? Nicht wirklich.

    Also: „Warum spielt mein Roman im Feenreich?“ (S. 582).

    Ich ahne irgendwie den Hauch einer Antwort bei dem großartigen, starken Satz:

    „Die lustbetonte Urreligion pervertierte erst im christlich-römischen Soldatengeist zur Treupflicht Hagen von Tronjes und diese in die Gehorsamsethik Eichmanns“ (S. 543/544).

    Ich erinnere mich an ein eindrucksvolles Buch über Bader-Meinhof: „Hitlers Verlorene Kinder“, und denke mir, damit wird wohl alles irgendwie zu tun haben.

    Ja, ich weiß, Sie erläutern Einzelnes, z.B. ab S. 560 schwierige Teile seiner Romankonstruktion, hilft mir persönlich aber nur bedingt weiter.

    ABER. Aber das macht den Herbst für mich bisher aus: Der Vorhang zu und alle Fragen offen, aber dann wird es plötzlich wieder lesenswert und man vergisst die Fragen. Reicht das nicht für gute Literatur? Fragen? Offene Vorhänge? Egal, denn es wird ausgesprochen vergnüglich mit den Betrunkenen in der Kneipe. In der Kneipe sind alle besoffen, das Radio spielt, Vicky Leandros singt und es klingt erst ein bisschen nach Heinrich Manns „Untertan“, aber mit „Leipzig“ (S. 608) wird klar, Auerbachs Keller aus dem Faust I wird nachgespielt mit Lipom als Mephisto und Deters als dem Doktor der Magie. Das ist höchst amüsant! Kompliment. Trotz des Vergnügens fragte ich mich zwar trotzdem: Warum? Aber nur so im Hinterkopf. Denn explodiert das Ganze:

    Auerbachs Keller schlägt um in die Walpurgisnacht, Lipom macht alle besoffen, zettelt Schlägereien an, alle werden obszön, schwarze Brühe kocht aus dem Boden, alle besuhlen sich, eine Orgie geht ab, alle sind fast wahnsinnig, ein Slapstick, denkt man, spinnt der, der Herbst, es wird immer schlimmer, das Volk johlt und schreit, fürchterliche Worte fallen, das Grölen wird immer ärger, Lipom ist ein wahrer Teufel, alle sind völlig enthemmt, Spießbürger schreien und am Ende schreit alles: Schuld ist der da, der Jude!!! Entsetzlich.

    Mann Herbst! Welche Wucht! Welche Kraft! Neu oder nicht, vibrierend oder nicht, das ist doch was!

    Jetzt mag der Vorhang zu und alle Fragen offen sein, aber ich stelle keine, ich bin begeistert, verblüfft, betroffen, unterhalten, muss verschnaufen. Kam insofern ganz gelegen, meine Lesepause.

    Beste Grüße

    NO

    PS: Was hat es übrigens mit den ständig zitierten Birken und dem Spitznamen „Birkchen“ für Murnau auf sich?

    1. Einverstanden! Aber, wiederum vorsorglich, vierzig Mal müssen bei
      diesen Termperaturen nicht sein, übernehmen Sie sich nur nicht.

      Beste Grüße

      NO

    2. Unverschämtheit! Sehr geehrter Herr Herbst, ich bin mehr als empört über die Unverschämtheit des obenstehenden Gastes. Seien Sie versichert, daß mich weder Qualität noch Quantität Ihres Sexuallebens interessieren, ich bin einfach und allein an einer werkimmanenten Rezeption Ihres Wolpertingers interessiert. Ich weiß wohl zwischen Werk und Leben zu unterscheiden. Bitte löschen Sie bzw. unterbinden Sie diese Unverschämtheit, die auch noch im Mantel der Fürsorglichkeit daherkommt.

      Herzliche Grüße

      Ihr NO

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .