AAAT-20-APCA

Der draußen an der Tür hängende Regenschirm klopft in unregelmäßigen Abständen mit wenigen unrhythmischen Schlägen an die Tür. Mittlerweile weiß ich’s, aber nach den ersten beiden Malen machte ich doch die Tür auf. Lediglich zwei phosphoreszierende grüngelbe Kateraugen kamen zunächst noch ohne Körper aus der Tiefe des dunklen Hofes angelaufen, woraufhin ich Taschenlampe und Katerfutter aus der Küche holte, über welches er sich auch gleich beugte. In der letzten Nacht hatte es geregnet, so daß heute morgen seine Kekschen im üblichen Napf schwammen, und ich ihm ein Styropornäpfchen an geschützterer Stelle unter der Treppe vorsetzte, die zu seinen ehemaligen Fütterern und Streichlern hinaufführt, die nun nicht mehr da sind, vor deren Tür er aber immer noch seinen Schlafplatz benutzt, sofern es trocken. Wie üblich ein Weihnachten, vor dessen Prämissen ich mich schon immer sträubte, und alles Wünschen freut zwar, aber kommt meinerseits nie wirklich von Herzen, sofern es mir nicht gelingt, auf die Person einzugehen (obwohl da in einem Fall ein Einfall war, aber die Mail streikte). Der 24. bescherte ein Abendessen gleich um die Ecke bei den Neffen in Gesellschaft von drei Frauen noch, die auf die sechzig zugehen. Die Verabredung mit S. war ausgefallen (aber was sie für mich hatte, konnte sie dann doch nicht verschweigen: sie hat ‚endlich’ die Postkarten zu einem Büchlein verarbeitet, die ich vor zwei Jahren täglich aus Berlin schickte, auf denen ich ihr die Stadt aus meiner Sicht ‚beschrieb’, ihr, die noch nie in Deutschland gewesen). Besser so, es regnete in Strömen, und der Besuch aus Grosseto, C., die mit dem Hauptteil des Abendessens unterwegs war, einem Seebarsch, verspätete sich, weil unterwegs zwei Unfälle und es außerdem pechschwarz gewesen seien bzw. sei. C. hatte noch eine Adrenalin-Geschichte von ihrer letzte Heimfahrt nach Grosseto. Das war vor zwei Wochen ungefähr. Auf der Straße zwischen Tuscania nach Montalto di Castro, wo man dann auf die Via Aurelia Richtung Toskana kommt, habe sie ein Auto vor sich gehabt, das irgendwann anhielt. Sie fuhr vorüber, sah wohl auch vier bemützte Gestalten darin. Dann aber sei das andere Auto wieder losgefahren und sei sehr dicht hinter ihr her gefahren, ohne jemals zu überholen, egal welche Geschwindigkeit sie eingelegt habe. Hundert sei sie teilweise gefahren auf dieser Landstraße im Dunkeln, kein anderes Auto weit und breit, nur dieses quasi Stoßstange an Stoßstange. Zwanzig Minuten habe das gedauert auf einer Straße, deren Kurven schon bei Licht nicht angenehm sind. Auf dem Heimweg umhüllte mich eine dichte Wolkendecke. Man sah kaum den Kirchturm von S. Agostino. Gestern sah ich niemanden, außer diejenigen, die aus irgendeinem Grund auf dem Platz standen oder über ihn hinweggingen. Eher schon die Stimmen, die, wie ich meinte, oft auch auf Englisch sprachen. Einen sah ich aus der dem Küchenfenster gegenüberliegenden Gasse kommen, der dem ähnelte, der sein Auto mit Schweizer Kennzeichen (Ticino) vorvorgestern dort abstellte, wo ich gerade den Platz freigemacht, um noch Brot, eine Gasflasche und Wein und ein paar zu verschenkende Kleinigkeiten einzukaufen, die ich heute losgeworden, weil ich dieselbe Gesellschaft vom 24. zu mir eingeladen (Fleischklöpse, Blumenkohl, Kartoffeln, Karotten, das Ganze mit viel Kapern und Knoblauch (fünfmal K)), denn der engere Kreis der neuen Bekanntschaft ist in ein im Norden liegendes Peripheres entrückt, im Falle MMs sogar in ein an die Baumgrenze grenzendes Schneeultimatum. Zur Bestätigung klopft der Regenschirm jetzt nur einmal. Internet streikt. Randgesellschaften.

Die Welt verpuptpe sich gewaltsam… [sic!]: Bruno Schulz: Die Zimtläden, S. 147 (Bibl. Suhrkamp 1974)

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