Ein Arschloch namens Storckmeier. Aus der Serengeti (2). Das Splendid-Isolation-Journal des Freitags, dem 11. Februar 2011. Dazu schon früh im Kommentar: Investitionen & Würde. Sowie zu Tainted Talents.

9.56 Uhr:
[Nyali Beach. Britten, Erstes Streichquartett.]
Viel zu spät auf. Es ging gestern sehr viel Zeit für die Aléa-Torik-Angelegenheit drauf, eine Menge Emails wurden hinter den Kulissen getauscht, und schließlich verfaßte Torik >>>> diese Erklärung, die aber leider wieder von einem Kommentar unterlaufen wurde. Ich habe auf ihn soeben folgendermaßen reagiert, leider, eben, zu spät:


>>>>@Storckmeier:
Was fällt Ihnen, Sie Arschloch, e i n, sich jetzt ebenfalls über andre zu erheben, die Sie nicht kennen? Ich kann hier alle nur warnen: wer in diesem Fall weitermacht, riskiert es, auf das allerschlimmste Aléa zu schaden. Es ist etwas, das ich wirklich vermeiden will, besonders, nachdem sich Aléa >>>>> nunmehr so erklärt hat Indem sie aber, die jeden Kommentar moderiert, bevor er eingestellt wird, solche Kommentare wie den Ihren weiterhin zuläßt, verwirft sie Ihre Erklärung nämlich wieder, die jetzt einen Unterton der Falschheit bekommt, etwas, das ich Aléa nicht unterstellen möchte.
Also, Sie Arschloch, lassen Sie es sein. Sie können sich aber gerne, falls Sie Mumm haben, bei mir persönlich melden; wir regeln die Sache dann mit der einzigen Antwort, die gegenüber einer Person wie der Ihren angemessen ist. Seien Sie dessen gewiß.
ANH
albannikolaiherbst.de

Wir sind sehr sehr spät, nein in aller Fraugöttinsfrühe erst ins Bett, jedenfalls zum Schlafen, gekommen, die Löwin und ich. Sie hatte einen gewichtigen Einwand gegen ein Motiv in den Fenstern von Saint Chapelle, mit dem ich mich jetzt, noch vor dem Lektorat, beschäftigen muß; es ist eine zwar kleine Revision der Erzählung nötig, aber das Motiv durchzieht viele Seiten; da muß nun überall noch einmal hineingegriffen werden. Das sollte aber die Sache eines Tages sein. Für unser, der Löwin und mein, Gespräch, dem sich dann eines über persönlichste Traumata anschloß, die wiederum manche unsere Verhaltensweisen begreiflich machten, legte ich sogar >>>> meinen Giono beiseite, den ich gestern wiederentdeckte und fast „durch”hatte. Und dann schoß, wiewohl es völlig windstill draußen war, man hörte den riesigen Ozean kaum, das Meer aus unsern Innern auf.

Mein Flieger nach Paris/Berlin geht heute abend spät. Wir haben das Hotel eigentlich nicht verlassen; eigentlich waren wir nur der Sonne halber hier, wegen der Meereslieder und für die splendid isolation.

11.45 Uhr:
Es ist sehr seltsam und seltsam traurig, wie die einfachsten Regeln von Würde und Ehre verlorengegangen sind; wenn ich die Aléa-Torik-Auseinandersetzung mit >>>> Jean Gionos wunderbarem Melville-Roman vergleiche, geschweige diesen mit dem oben schon verlinkten Kommentar Storckmeiers, dann wird mir das geradezu schmerzhaft bewußt, und es wird deutlich, wie ein hohes Fieber, was wir verloren haben. Es ist mit Freunden, zu denen ich auch Geliebte zähle, wie mit eigenen Kindern: man hat für sie, so oder so, einzustehen, mit ganzer Seele, ganzem Geist, ganzem Körper, wenn sie in der Gefahr sind, verletzt zu werden. Dabei spielt es nicht einmal eine Rolle, ob diese Freunde nun, versuchshalber objektiv betrachtet, im Recht sind; es spielt alleine eine Rolle, daß wir für sie einstehen. Sonst sind es nicht Freunde. Auch für weniger nahe Gäste, wenn man sie einlud, gilt für Zeit, in der sie bei mir zusammenkommen, ganz dasselbe. Wen ich an meinen Herd bitte, steht unter dem Schutz meines Hauses. Nur die Nomaden wissen das noch, wir Inneren Nomaden, die fühlen, was Verfolgung heißt.

19.56 Uhr:
Jetzt hat auch Tainted Talents noch einmal >>>> zu dem Casus Stellung bezogen – eine sehr kluge, wie ich finde, und besonnene, weil sie eben auch sagt, daß sie die Hintergründe nicht kennt, noch sie kennen könnte. Also möchte doch bitte auf die Grundfragen geschaut werden, die unter dem realen Vorfall wirkten, um eben sie zu diskutieren; denn in der Tat, sie seien brennend. Auf einige Kommentatoren dort habe ich bereits geantwortet; es lohnt sich, die Diskussion da zu lesen und sich, wahrscheinlich besser als hier, daran zu beteiligen, weil es ja manchen Dschungelkommentatoren nach wie vor um Verletzung getan ist. Anders auf TT, schon weil, anders als ich, Phyllis Kiehl eine fast allgemeine Wärme genießt; bei mir wird zu sehr gespürt, daß ich mich von den Freundlichkeiten der schönen Denkungsart abhebe und auch abheben will, der mein Verhältnis zur Welt immer eines des Kampfes war, vor allem gegenüber „communities”, während es Kiehl meinem Eindruck nach oft auf den Ausgleich ankommt und darauf, eine fast familiäre Atmosphäre der Vertrautheit herzustellen – ich möchte sagen: so, wie es seit jeher große Salonières ausgezeichnet hat, die die miteinander verfeindetsten Künstler dazu brachten, am Tisch gesittet Besteck zu benutzen, und zwar fürs Gericht, nicht gegeneinander. Immer mehr verstehe ich Tainted Talents tatsächlich als einen Literarischen Salon, auch wenn er, obendrein täglich, in einem virtuellen Atelier stattfindet.
Aber ich darf mich jetzt nicht verquatschen; gepackt ist schon: ich muß los. Morgen hören Sie dann wieder von mir, vielleicht schon aus Paris, wo ich Zwischenstop und einige Wartezeit habe; die französische SIM-Card ist ja bei mir. Mir wäre es, übrigens, nicht einmal unlieb, sähe ich Jenny da wieder. Keinen anderen Grund hat es, daß ich jetzt hier annonciere, über Roissy (!) zu reisen.

25 thoughts on “Ein Arschloch namens Storckmeier. Aus der Serengeti (2). Das Splendid-Isolation-Journal des Freitags, dem 11. Februar 2011. Dazu schon früh im Kommentar: Investitionen & Würde. Sowie zu Tainted Talents.

    1. @Onkel Ho. Es gibt sie, aber die Sprache versagt auch in bestimmten Bereichen. Ich mag Ihnen und meinen anderen Lesern eine Geschichte erzählen:

      Ein Freund von mir, den ich sehr achte, begleitete das schwere Krebsleiden seiner Frau, indem er alles Geld, das er hatte – und er verdiente damals sehr gut, war einer der führenden Manager-Coachs Deutschlands -, in den Versuch ihrer Heilung steckte, von Spezialist zu Spezialist reisend, weltweit, sie, die er unendlich liebte, immer bei ihm… er verabsäumte hierüber seine Termine, war nicht mehr verfügbar, verlor schließlich einen Job und gab all sein Geld dahin und machte darüber hinaus weiter, verschuldete sich hoch… egal, was zu tun war, er wollte seine Frau retten.
      Der Krebs siegte.
      Mein Freund trauerte. Dann fand er seine Kraft wieder, das Leben erneut in Angriff zu nehmen, was, weil er aus allem herauswar, viele Schwierigkeiten mit sich brachte. Aber es schaffte es.
      Da saß er dann mit einem Geschäftspartner beim Essen. Der Geschäftspartner sagte: “Was Sie da mit Ihrer Frau gemacht haben, mag ja ehrenvoll sein, meinetwegen, aber es war dumm von Ihnen. Sie haben da ausgesprochen schlecht investiert.”
      Worauf hin mein Freund ausholte und einmal präzise zuschlug. Dann sagte er: “Verlassen Sie sofort das Restaurant, verlassen Sie meine Nähe.”
      Der Geschäftspartner lehnte das ab und wollte die Polizei holen lassen. Es kostete meinen Freund eine halbe Minute, bis der Geschäftspartner mit zwei gebrochenen Rippen und einem gebrochenen Arm am Boden lag. Dann rief mein Freund die Polizei selbst an und zeigte sich selbst an, aber berechtigterweise ohne jede Reue.

      Er vertrat seine Handlung reuelos vor der Richterin. Er wurde zu 800 Euro Schmerzens- oder Strafgeld verurteilt. Mir sagte mein Freund: “Ich weiß jetzt, wie billig Körperverletzung ist. Es ist eine Investition, die sich wirklich gelohnt hat.”

      Ich meinerseits bin bereit, ebenfalls auf diese Weise zu investieren, wenn dadurch die Würde meiner Gäste gewahrt bleibt. Für die nämlich bin ich verantwortlich. Daß ich dies für mir nahestehende Menschen auch außerhalb eines Festes bin, egal, in welchen Zusammenhängen, steht dabei zusätzlich dahin.

    2. Wer unter dem Bild eines Massenmörders posiert und das dann chic findet, hat keine Würde – wissen Sie auf welche Art Menschen unter Mao umgekommen sind?

    3. @Dutschke. Sie sind anmaßend gerade in diesem Zusammenhang, sich dieses Pseudonym zu geben.

      Selbstverständlich weiß jeder, wieviele Menschen unter Mao umgekommen sind. Daß das Bild dort hängt, ist aber gerade die Profanierung eines Symbols, das für sehr viele Menschen, die nach 68 auf die Straßen gingen und um Emanzipation und gegen die Kriege der nach wie vor nicht einmal durch ihre Folterlager in ihrer Weltführungs-Position beeinträchtigen USA kämpften, eben für eine Befreiungsbewegung stand. Seinerzeit hatte fast jeder Aufständische, der einigermaßen für fortschrittlich gelten wollte, eine Mao-Bibel dabei. Denn tatsächlich handelte es sich ja damals um eine Erhebung gegen Unterdrückung – mit den dann üblichen furchtbaren Folgen, sowie sich eine militärische Kader machtpolitisch festgesetzt hat. Es ist eine immergleiche Bewegung der Revolutionen. Wer das Mao-Bild dort aufgehängt hat, erinnert sich sehr wohl seiner damaligen Begeisterungen; daß das Bild dort hängt, wehrt sich aber gegen Ikonisierung. Es ist die gleiche Bewegung wie bei einigen Gruppierungen des Punk, die sich wieder Hakenkreuze umhingen: nein, das sind deshalb keine Faschisten, eher im Gegenteil: sie nehmen dem Symbol seine Kraft. Keiner würde sich gegen solche Verwendung mehr wehren wollen als ein Faschist. – Insofern ist die Diskussion um das Mao-Bild schrecklich verheuchelt. Es ist ein Moralisieren an einer völlig falschen Stelle. Daß ich nicht einmal zur sonderlich Linken gehöre, ist allen meinen Gästen bekannt; es ist auch Aléa Torik bekannt. Wenn sie nun meint, das Bild dort kritisieren zu müssen, soll sie das tun; dann nimmt man aber nicht von dem Getränk, das freigeboten wird. Es ist die Stillosigkeit derer, die sich von jemandem bewirten lassen, um ihn nachher zu beschimpfen.

    4. Berührende Geschichte Menschlich, nachvollziehbar, anrührend. Wobei Sie sich wohl zu sehr in der Rolle ihres schlagkräftigen Freundes sehen. Denn sie stehen ja auch für einen “Ersatz-Prenzelberg”, den zu verspotten ich mir abgewöhnt habe, auch um meine Nasenwurzel zu schonen.

    5. Sorry, Haben Sie noch nicht verstanden, dass die Verpoppung von ikonografisch lesbaren Symbolen längst zum nichtssagenden mainstream gehört? Glauben Sie, wenn Madonna sich Kruzifixe umhängt, hat das irgendeine tiefere Bedeutung? Oder Chantal aus Charlottenburg mit einem Che-T-Shirt? Glauben Sie, dass der Maoist Paul Breitner damals ein wahrer Widerstandskämpfer war?
      Sie sind in den 80iger Jahren stehengeblieben. Warum hängt die Bar kein Hitlerbild auf? Wenn Sie mit dieser Andy-Warhol-Bazon-Brock-Argumentation aus dem Volkshochschulkurs für schwäbische Profanierungs-Interessierte glauben, die Bar oder jeden einzelnen, der sich unter diesem Mao-Bild versammelt, zu einem Mitglied einer subversiven Resistance oder was auch immer stilisieren zu können, dann very very sorry.

    6. @Pseudo-Dutschke. Das habe ich doch gar nicht behauptet. Ich sage, daß das Bild keine Bedeutun g hat – außer vielleicht einer persönlich-sentimentalen, die es da aufgehängt haben -, und ich sage des weiteren, daß es g u t ist, daß es keine Bedeutung hat. Genau so würde ich das auch bei einem Hitler-Bild, in diesem Rahmen, wohlverstanden, meinen. Das Verbot von Ikonen festigt sie, gibt ihnen Macht. Indes das Mao-Bild in der >>>> Bar am Lützowplatz Mao zu Woolworth degradiert, etwas, das ich in diesem Fall wünschenswert finde; zugleich hält es aber die Erinnerung an eine Zeit aufrecht, da man glaubte. Ich will nicht so weit gehen zu behaupten, das Bild dort sei ein Ergebnis der politischen Aufklärung, sehr wohl aber profaniert es auf heilsame Weise.
      Ich kann freilich verstehen, daß jemand, die vermeintlich oder tatsächlich unter Ceausescu gelitten hat, solch ein Bild nicht erträgt; dann indes bleibe ich an solch einem Ort nicht, sondern verlasse ihn. Jederman, der drüber nachdenkt, hätte dafür Verständnis. Aber da sich hinzusetzen und hinterher dann moralisch zu werden, bringt einen um jede Glaubwürdigkeit. Es ist schlicht und einfach – billig.

    7. @Onkel Ho zu “Ersatz-Prenzelberg”. Würden Sie mir das bitte erklären? Der Satz hat übrigens nur dann Sinn, wenn das “sie” darin großgeschrieben würde – das habe ich mal hinzugedacht. Wieso aber, bitte, stehe ausgerechnet ich für einen Ersatz-Prenzelberg? Weil ich dort wohne? Für was steht dann bitte einer in Charlottenburg oder Friedenau, notwendigerweise? Mal abgesehen davon, daß ich ganz sicher nicht dafür Rede stehen muß, weshalb ich wo und wann und warum eine Wohnung gefunden habe. Ich wohne seit nunmehr 17 Jahren dort, aber “dazugehört”, was immer Sie drunter verstehen, habe ich nie – wie ich halt nirgendwo dazugehöre und auch gar nicht irgendwo dazugehören will. Bekanntlich sind mir Gruppen eklig.

  1. Was die Dame betrifft, die von Frau Torik als fiebernde Geliebte ins Gerede gebracht worden ist, so reicht es wohl nicht hin, sich quasi per SMS zu entschuldigen. Will man weiter im Berliner Literaturbetrieb miteinander verkehren, wird von Angesicht zu Angesicht zu klären sein, wie das einmal Angerichtete gemeinsam aus der Welt geschafft werden kann. Seit Herr Langhans im Dschungel war, ist wohl halb Deutschland mit dem Gedanken eines Harems derart vertraut geworden, dass man in jeder attraktiven Dame gleich die Uschi Obermaier erblickt, wenn ein Bildnis von Mao Tse-tung hinzutritt.
    Was “Storckmeier” betrifft, so habe ich ähnlich Überhebliches in der Literatur sehr genossen. Immerhin war das abfällig bedachte ja wohl keine Versammlung von Kleinbürgern. Unter Kleinbürgern gibt es selbstverständlich eins in die Fresse, wenn jemand bei Tisch aus dem Jenseits von Gut und Böse spricht. Von Literaten aber, die nationalen Rang für sich beanspruchen, vielleicht sogar Weltrang, erwarte ich mir einen Abstand zum Leben, den jeder Kleinbürger nur als monströs empfinden kann. Etwa wie Thomas Mann den Tod seines Erstgeborenen entgegen nahm oder gar den eigenen: “Kurios, kurios!”
    Sollte also am Ende vielleicht gar Frau Torik selbst unter einem Pseudonym ihrem Herzen Luft gemacht haben, wäre das der erste Text von ihr, der aus dem guten Mittelmaß herausragt, finde ich.

    1. Auch ich bin bekanntlich eine Mörderin, und wenn ich etwas zu dem Thema überhaupt etwas sage, dann nur, wie kann man nur, wie kann man nur so einen unerträglichen Mist reden.
      Hätte dort wo Mao hing, ein Plakat für die CDU hängen sollen? Sind Maobilder verboten?
      Warum sind CDU BIlder erlaubt?
      Was wäre geschehen wenn dort wo das MAO bild gehangen hätte, ein Bild von BLÜMCHEN gehangen hätte?
      Fragen, über FRagen, ich staune, ich bin tot, aber ich staune, nicht über Herbst, sondern über Herrn Baader oder Dutsche

    2. “Unter Kleinbürgern gibt es selbstverständlich eins in die Fresse, wenn jemand bei Tisch aus dem Jenseits von Gut und Böse spricht. Von Literaten aber, die nationalen Rang für sich beanspruchen, vielleicht sogar Weltrang, erwarte ich mir einen Abstand zum Leben, den jeder Kleinbürger nur als monströs empfinden kann. Etwa wie Thomas Mann den Tod seines Erstgeborenen entgegen nahm oder gar den eigenen: “Kurios, kurios!””

      Trefflich formuliert, bravo!
      Klar kann man in den monströsen Gesten von Bernhard bis Beckett (der vermutlich keine hatte) Zuflucht suchen und Bestätigung finden und den Abstand zum Leben beibehalten und sich so weiter vorgaukeln, das erspare einem das Kleinbürgertum, dazu kann ich nur sagen: “Kurios, kurios!”

      Mich befällt wieder Würgreiz, der rührt von einer monströsen Verblasenheit auf Fönniveau her, die tatsächlich meint mit Thomas Manns verunglückten Tischsitten gabele man schon etwas Olymp auf, wohl bekomms!

      Künstlermythen von A bis B und wieder zurück. Enjoy yourself!

      (Im Hausflur trug sich dann noch folgende Szene zu: Ich bin kein Kleinbürger, dass dus weißt (erhobene Faust), aber du, nee neenee, schon eher, also komm, guck doch mal, neenee, quatsch, nee, mach du mal, neenee, ich hab letztes Jahr noch, guckssu allein Umsatzsteuerpflicht, Alda, wer ist also hier Kleinbürger, machn Kopp zu, Bürgerklein, isch kann fieser, und dit iss Latte für Kleinbürgermess du, brauch isch Familie nicht nur Italiener ums Eck, ach komm, Exmessdiener trag das Fässchen, ich mach den Gong.
      Armer Szeemann dachte ich da noch oft: When attitudes become form und die ganzen Junggessellenmaschinen im Leerlaufmodus, tztztz…)

    3. Achtung, die Reizworte wurden einem anderen Kontext entnommen, bitte nicht mit dem sich gemeint fühlen anfangen oder drauf reagieren, Danke!

    4. @Schlesinger zu Thomas Mann und einer Fresse, die (möglicherweise) poliert gehört. Nun ja , bekanntlich verfügte Thomas Mann über ein höchst eigenes Verhältnis zu seinen Kindern wie zu Kindern überhaupt; Menschen begehen nicht grundlos Selbstmord. Dafür ist er begeistert in den Ersten Weltkrieg gezogen, wobei freilich Weltkriege nicht dazu da sind, um einem andern die Fresse zu polieren, das ist wahr. Sondern man geht da hinein einzig für caritative Zwecke. Die waren es auch, die André Breton motivierten, einem Kritiker vermittels seines, Bretons, Gehstock den Arm einmal auseinanderzuschlagen; ich weiß nicht mehr genau, allerdings, ob das einen Splitterbruch gab. Und Wieland, der ja nun von allen Dichtern der tiefste Kleinbürger war, beförderte schon mal Leute mit Arschtritt aus der Kneipe hinaus – wie Arno Schmidt genüßlich hinterträgt. Überhaupt neigen Künstler zum dringenden, ja drängenden Pazifismus, der unter Bildenden Künstlern sogar noch fester verankert ist als unter Dichtern. Alleine Musiker tendieren zur Gewalttätigkeit, vor allem, wenn sie Instrumentalisten sind: sie müssen natürlicherweise ihre Fingermuskeln trainieren.

    5. @Sowieso. Dem Kleinbürgertum entgehen… Pardon, entgingen wir alle, seit je. Nur, das ist wahr, Aschenbachs Knabe Tadzio nicht, als er in der Umarmung durch den sterbenden Herrn endlich seine Penetration fand und also finale Erfüllung. So sank denn Aschenbach selbst tief in das Glück der ewigen Vergessenheit, bis jene Ewigkeit enden und die Posaunen ihn und Tadzio, deren beider Geist bis heute ineindersteckt, des einen a tergo im andern, mit zur Auferstehung rufen werden, in der sich Klein- und Großbürgertum dann ebenfalls vereinen.
      Erinnern Sie sich – à propos Thomas Mann -, wie der nie anders gekonnt, als den rechten ausgestreckten Zeigefinger, weil der distinguierter war als sein linker, nach herabgefallenen Saucentropfen auszustrecken, um sie von Boden und dann, dezent, sich auf die Lippen zu stippen? Und Gustav Mahler, wurde an einem öffentlichen Tisch die Puddingschüssel herumgereicht, erlag stets dem Zwang, den Vorlegelöffel abzulecken – was Almschi schrecklich verpeinte, jedes Mal erneut. Bekanntlich hat solche Traumatisierung an späteren Trennungen durchaus teil.

    6. Das Trauma der Trennungen wird vor den Kühlschränken verteidigt, seit jeher.

      “Als ich nach Berlin kam, war meine größte Befürchtung, ich müßte verhungern, und mein erster Impuls, eine Wohnung in Mensanähe zu suchen.”

      Schreibt Herrndorf, bei dem ich noch jeden Tag denke, 2,4 Prozent ist nicht null. Kleinbürger, der ich bin und so denken muss in fast gar keinem Abstand mehr, nur in einer immens großen Distanz. Und ich frag mich, welcher Idiot hat ihn eigentlich damals nicht nach Freiburg eingeladen.

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