Arbeitsjournal zum Duzen. Freitag, der 23. September 2011. Frankfurtmain und Bonn.

9.40 Uhr:
[In Hörweite der Ausrufer.]
Ich sitze seit morgens um halb sieben an dem >>>> Aufsatz zur Oper der Gegenwart, und er beginnt zu fließen. Aber gleich geht’s nach Bonn los, auf das Seminar, vor dem ich ein wenig bange; als ich >>>> der Coachin sagte, ich duzte nicht gern Leute, die ich nicht kenne, und würde auch nicht so arg gern geduzt, erwiderte sie, das sei auf Seminaren aber üblich. Mir kommt die Duzerei hingegen immer wie ein Übergriff vor, der Distanzen verschleiern soll, aus denen wir aber unsere Attraktionen ziehen, und den Respekt voreinander. Ich will ja gerade nicht, daß alle Menschen gleich seien, sondern finde das eine ganz fürchterliche, ja onanistische Vorstellung. Mich zieht der Unterschied an; ich habe nicht genügend Selbstliebe, um das anders empfinden zu können. Wer denn umarmt schon gerne sich selbst? Da kennt man ja alles… – Egal. Im Sportstudio tu ich’s ja auch, aber dort ist man flach: auf die Funktion geplättet. Und wenn mir dort jemand wirklich gefällt, falle ich sofort gleichfalls ins Sie.
Bon oder mal, wie Sie nun wollen. (Sie fragen mich, weshalb ich von Umarmungen spreche? Weil, worüber die Coachin und ich lange diskutiert haben gestern, es um Begeisterungen geht, man könnte auch sagen: um einen pädagogischen Eros. Begeisterung zu übertragen, scheint mir von größerer Bedeutung zu sein als jede fachliche Wissensvermittlung. Lust an der Sprache, Auflachen, Jubel, – Tanz also, mit seiner Leichtigkeit und seiner Disziplin der wunden, ja blutigen Füße.)
Ansonsten die Ereignisliste aktualisiert, rechte Spalte Der Dschungel, und ein paar Briefe (Emails) geschrieben. Im übrigen ging es, bei der Coachin und meiner unentwegten Diskussion, besonders auch >>>> darum. Ich war ein wenig skeptisch, Leistungsverweigerung als Garant neuen Glück ist mir zu kurz gegriffen, und zu banal, zumal sich etwas seltsam Kitschiges da hineinmischt, eine Art humanism for beginners, meinem Instinkt nach. Andererseits, da hat die Coachin schon recht, muß ein Umdenken irgendwo starten, und wenn es beim Ausdruck alleine eines subjektiven Unbehagens ist, von dem sie meint, es sei bereits allgemein. Imgrunde ist Umdenken auch falsch, bzw. zu rationalistisch, denn wir entscheiden, alle, auf der Basis unsrer Emotionen. Sofern wir welche – und zwar nicht abgewehrt – haben (ich wollte eben sofern wir sie also zulassen ergänzen, aber das wäre nicht nur redundant, sondern auch falsch, derart konditioniert aufs sofern).

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