Nach heftigen Platzregen, die versucht haben, ein Gewitter vorzutäuschen, doch sind wir nicht darauf reingefallen, auch nachts nicht bei der leicht schwankenden Heimkehr, hier nun das Arbeitsjournal des da bereits begonnenen Sonnabends, dem 12. Mai 2012. Kulinarien und sowieso Der Luxus. Sowie Die Gazellen.

9.20 Uhr:
[Arbeitswohnung.]

Knifflige Stelle mal wieder, auf TS 523, in Argo, die ich zwar löste, aber quasi die gesamte Früharbeitszeit ging dabei drauf, von wiederum der leider und auch nichtleiderhalber zugegeben werden muß, so früh sei sie gar nicht gewesen; denn das g i n g schon lang bei Broßmann und seiner entzückenden, einer antilopenbeinigen Freundin, deren Läufe je hinten eine zur Ferse gestreckt Naht glimmen haben. Damit sie nicht in sie biß, wie es ihre, jedenfalls in Afrika, Natur, bekam die Löwin ein Riesensteak auf den Teller gelegt, wobei Broßmann selbst sie manneshungrig noch übertrumpfte, derweil wir zwei kulinarisch eher vornehmen Menschen, seine Freundin und ich, vorsichtig, wie es zumindest meine Natur, mit dem Fleisch umgingen, vegetarisch-sozusagen, wenn auch, de facto, ganz genauso carnivor. Ich brauchte überdies einen Bissen Meer dazwischen.
Ein Rosato des Nero d‘Avola, der mir bis dahin unbekannt; ich schmeckte aber Segesta hindurch, den Gang zum Tempel hinauf an den Spalieren, beidseits, der von Cuttern mehrerer Jahrzehnte gequälten Agaven, – sogar das Hutzelmännchen, von dem ich zum Unwillen einer politisch Korrekten >>>> darin geschrieben habe – je! nun kaufen Sie‘s endlich, das Buch, wie oft soll ich es denn noch sagen? -, tauchte auf dem Umweg über Zunge und Gaumen an meinen Innenlidern auf und grantelte wie damals; ein hinreißender Salat, in den wir auch, von vorgestern abend übriggeblieben, den knoblauchgeschwängerten Rucola taten, führte zu der Bemerkung, unser Umgang am folgenden Tag müsse sich auf kulinarisch ähnlich gezeichnete Menschen beschränken – wie dem auch sei, wir hatten nicht auf den Balkon gekonnt, das Pseudogewitters wegen, dessen Urgrund sich lediglich abgießen wollte. Also in der Küche. Die Löwin, irgendwann legte sich quer über einen Ast, der bei Broßmann vom Hof her, darauf ein prächtiger Baum mit japanischsten Blüten in Rosa, durch das Küchenfenster hereinreicht, und ließ die Pfoten runterbaumeln, erschöpft von derart opulenter Gastronomie; wir Männer saugten (sogen?) an den Zigarren, Frau G. erzählte von einer Reise nach Catania, womit wir dann wieder bei Sizilien wären. Ich verschwieg ihr mein mythisches Buch, hatte überhaupt nicht mehr recht Lust, über Literatur zu sprechen, ja sogar einen, zuvor, der kleinen Anfälle gehabt, die mich bisweilen sagen lassen, daß ich zu schreiben aufhören werde – so, wie ein Reisender, der immer wieder dieselbe Tour von Kontinent zu Kontinent unternimmt, nur um am Zielort, kaum das Flugzeug verlassen, ins Flugzeug wieder umzukehren. Genau so hat damals mein, damals, Freund Volkhard App, immer wieder Züge bestiegen, aus denen er grad kam… gleich noch auf dem Bahnsteig, vor Lesungen, immer: „Ich reise wieder ab!“ Und bleibt mit doppeltem Genuß, wenn er sich überwunden hat. Man beredete ihn, immer wieder: „Das kannst du doch nicht machen!“ „Bitte, bleiben Sie!“ „Man hat sich so auf Sie gefreut.“ Da wird eine Lesung schließlich zum Gütebezeig an der Menschheit und das Honorar zum Gegengäbchen eher, das man aus Nachsicht einstreicht. Bon.
Tagsüber hatte ich, nach Argo, arbeits‚mäßig‘ kapituliert, zum einen, weil immer noch nicht das Tonfile aus Köln kam, zum anderen, weil mein Sohn auf das geschickteste sich meiner Gegenwart versicherte; die Löwin hat es hingekriegt, daß ich ihm mein altes iPhone schenkte… ich meine, der Bursche hat ein Mobiltelefon, das dem iPhone überlegen ist, nur nicht im Design der Anwendungen, aber sonst kann es mehr als das; spielt aber keine Rolle. Fetisch ist Fetisch. Nun ist er beglückt und der Löwin, ich bin sicher, lebensabschnittslang verpflichtet, sagen wir, bis es ums Vierer- oder dann Fünfer-Ifönchen geht. Wiederum ich selbst flirte mit dem Gedanken an ein Mac-Airbook, aber bekam einen Anruf wegen >>>> meines Parfums: man habe da… gleich drei… gibt es nicht mehr… das sei ein seltenstes Schnäppchen – von dessen Gegenwert allerdings in Uttar Pradesh eine Familie ein Jahr lang leben könnte, vorausgesetzt, daß sie verschwenderisch ist. Aber Luxus besteht in dem, was man sich gar nicht leisten kann und eben deshalb leistet; als Millionär einen Jaguar zu fahren, ist schlichtweg banal – hingegen Jaguare und Hartz IV die wahre Kombination ist und eines Menschen würdig: Voilà, un homme!

Jetzt sah ich: in der Dropbox liegt das Tonfile endlich. Damit werde ich mich noch vor dem Celloüben beschäftigen; durchhören, schneiden, ins Hörstück montieren, das ich nachmittags noch einmal ganz abhören, eben auch: vorführen will. An den Reinschnitt der Endmontage wird es dann ab Dienstag gehen; am kommenden Freitag will ich fertig damit sein.

Im Gespräch über das Buch einer devoten Frau warf ich übrigens, jedenfalls fast, meinen schon alten Plan des >>>> Melusine-Walser-Buches um: was, wenn einmal ein Mann als Dominanter erzählte?:: wie das geschieht. Offen, in die Szenen klaren Geistes gehen, vom Reiz der Übertretungen.
Hier schrien Katzen nachts. Sowie der Regen aussetzte und ein Dampf aus den Beeten aufstieg, nachtdurch tropisch in Berlin. Lüstern glüht diese Stadt in Grün, sowie sie neu das Licht trifft, das bereits heiß ist, weil zeugend, im Wortsinn, von dem kommenden Sommer. Man wird ganz taumelig von solcher Fruchtbarkeit, in der, zumal, immer schon der Tod gärt für einer andren, eines andren Empfängnis. Ich wiederhol es hier aus des Maien gegebenem Anlaß:

Kleine Tierkunde

Sommers gehen Frauen wie junge Gazellen
durch die Stadt, grazile Pumps an den Füßen,
die Waden hochgestreckt, und in dem süßen Locken,
das in den Blicken steckt, virile fast und schnelle,

sind rote Willen zu vermuten,
die ihre Gründe noch nicht kennen,
doch präsentieren, was man hat: so brennen
sie im Schritt und fluten vor Erwachen,

Sie schauen sich nach Birkenruten um
und lachen leis beim Schlendern,
um zu verbergen, daß sie bluten.

Sie suchen, stolz und eingehakt,
den Löwen an den Straßenrändern,
der sie zu schlagen wagt.

ANH, >>>> Der Engel Ordnungen.

8 thoughts on “Nach heftigen Platzregen, die versucht haben, ein Gewitter vorzutäuschen, doch sind wir nicht darauf reingefallen, auch nachts nicht bei der leicht schwankenden Heimkehr, hier nun das Arbeitsjournal des da bereits begonnenen Sonnabends, dem 12. Mai 2012. Kulinarien und sowieso Der Luxus. Sowie Die Gazellen.

    1. Ganz schön lustig bisweilen. (kichert betreten)
      Dazu: Literarisch sehr unkonventionell.

      Aber – wie meist – im Prinzip: GEWÄSCH.
      Das allerdings sehr ausgeprägt.

      (Kindlers Literaturlexikon 2032)

    2. Aber auch:
      Was soll der ganze Schmonz? Dieser ganze literarische Provinzkosmos.
      Es ist der ganzen Rede nicht nötig.
      Und Sie, “Löwin” (kichert verboten), schreiben einfach mal einen ganz persönlichen, vielleicht gar literarisch geprägten Liebesbrief an das Autorwesen.
      Na, wie wär das? Dann hätten wir anderen einfach unsere Ruhe.

      Gähnend, egal

    3. @Egal. Interessant aber, gell? Dann hätten wir anderen einfach unsere Ruhe
      Daß Sie eigens immer wieder herkommen, um sich die Ruhe nehmen zu lassen, die Sie doch sehr einfach haben könnten. Sie müßten nur Die Dschungel nicht mehr wahrnehmen, worin Sie auch niemand vermißte. Aber ich weiß ja: das schaffen Sie nicht. Der Neid treibt Sie. Her und her. Ich empfehle, sich eine Frau zu suchen; das kann dauern, okay, bis sich eine hergibt, aber wenn: ganz sicher, dann haben auch Sie einmal Glück.

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