Für die Wahrheit brennen, im Wortsinn ODER Hus. Das Arbeitsjournal des Montags, dem 29. Oktober 2012.Arbeitsjournal. 29.10.2012

4.45 Uhr:
[Arbeitswohnung. Carl Loewe, Johann Huss.]
Kurz nach halb fünf hoch, aber gaaaaaanz schnell in die dicken Klamotten, -4 °C sagt http://wetter.de, und über schmiegsame Pullover, Wolle, Kaschmir, Alpaka froh, nachdem ich noch im Ohr das Geraschel habe, das gestern nachmittag in der ziemlich kalten, weil ungeheizten Kirche die Kunststoffparkas veranstalteten, um dem Konzert ein unmusikalisches Basso Continuo zu sein, abgesehen noch von dem permanenten Tuschelgequassel einer, dem durchaus verstehbaren Dialekt nach, US-Amerikanerin, die so unsensibel war, daß sie nicht einmal mein mehrfaches „Pscht“ bemerkte, nein, sie quasselte und quatschte, daß es eine ignorante Art hatte. Also in die Klamotten, dann die Computer hochfahren, dabei knallt die kleine Halogenlampe der Schreibtischleuchte; ergeben die zweite Schreibtischlampe einschalten, dann in die Küche, um die Pavoni einzuheizen, zurück mit dem Ersatzleucht„mittel“, wie so ein Birnchen genannt wird; es aus dem Plastikverschweißchen mit Lederhandschuh fummeln, Sie wissen schon, wegen des Fetts an den Fingern, das sich ins Glas einbrennt und das nun eben nicht soll. Die Journalsmaske vorbereiten, einstellen, zurück in die Küche, den Espresso mahlen und bereiten, zurück, während es aus dem Sieb austropft, die Pfeife stopfen und sie gestopft, aber noch nicht entzündet, an den Laptop lehnen, um den fertigen Latte macchiato aus der Küche zu holen und einen ersten Schluck zu nehmen, bevor ich denn, wieder am Schreibtisch und, weil es wirklich kalt ist, das Oberlicht vorübergehend zugeworfen, zu arbeiten beginne: – heute früh erst einmal mit der Kritik zu dem eben anerzählten Konzert.
Danach sogleich wieder Argo. Ich will heute über TS 800 hinauskommen. Aber es sind auch noch zwei Briefe zu schreiben, darunter der nächste an Winbeck. Auf Abschied oder auf Zukunft gestellt sein, seltsame Formulierung, auf etwas gestellt, eingestellt dürfte es heißen müssen, wobei „gestellt“ die Einstellung bereits hinter sich hat und, im Bedeutungshof, eine Permanenz betont, die im Eingestelltsein immer schon, nämlich leichter, wieder zurückgenommen werden kann. Das ist so etwas, über das es sich ebenso lange sprachmeditieren läßt, wie über die Bedeutung, die, daß etwas Sinn m a c he, durch das korrekte, daß es Sinn e r g e b e, inkorrekt ersetzt hat – schludernd, mag sein, oder, fürchte ich, unterschwellig in einem unbewußten Prozeß, der das Eigene lakaig unter ein Fremdes beugt, um also besser durchzukommen. Hier geht‘s um ein Politikum: wie denken (und fühlen)Kolonisierte? Wobei, wenn der Unterwerfer hätte mehr Kultur, es ja auch gut wäre. Nur daß er, ganz wie das antike Rom, weniger hat als vor und nach ihm Griechenland, so daß aus musischen Theatern Schlachtarenen wurden. Dieses allerdings selbst war aggressiv: >>>> „Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein“.
Guten Morgen.

19.45 Uhr:
So. Seite 842. Dann werde ich morgen fertig werden mit diesem vorletzten Argo-Durchgang. Danach zwei Tage Argo-Pause, Lektüre von >>>> Glöcklers Ives-Roman, immerhin knapp dreihundert engbedruckte Seiten, um mich auf >>>> die Moderation am 14. November im Literaturhaus vorzubereiten; danach wieder Anderswelt: Thetis und Buenos Aires am Stück neu lesen und direkt hinterher am Stück Argo, das dann in die Lektoratsfassung gebracht werden muß. Ich bin in der Zeit und werde es bleiben, wenn ich konsequent weiterarbeite.
Ich brauche etwas zu essen; als eben mein Junge da war, habe ich mir einen Fruchtsalat vorbereitet: Granatapfel, Äpfel, eine Banane und frischgepreßten Zitronensanft; darüber werden kernige Haferflocken gestreut. Es ist heut mein dreizehnter Ramadan.

5 thoughts on “Für die Wahrheit brennen, im Wortsinn ODER Hus. Das Arbeitsjournal des Montags, dem 29. Oktober 2012.Arbeitsjournal. 29.10.2012

  1. 8.21 Uhr: Die Kritik ist >>>> geschrieben und eingestellt.
    Jetzt nun wirklich wieder an Argo.

    Dabei konnte Frau Ungefugger nicht einmal sagen, wer von den Ihren Mensch war – nur daß die Tochter ihr weiterhin fremd blieb, ja ferne; ferner sogar als die resolute, herbe Holomorfin, die Frau Macchi hieß, aber ihren Namen hoheitsvoll, als Sola-Ngozi sie mit ihm ansprach, von sich abwies. „Ich leugne nicht meinen Mannes“, sagte sie. Pikiert, weil so zurechtgewiesen, zuckte die schöne Amazone zusammen.
    So standen sie in dem heiligen Raum.

    Argo, TS 714/715.
  2. Joy, Freud, Jung (und Jung, Salzburgia), musica, ja, THEA DANCING GAMS erscheint die eigentlich irgendwo gedruckt, Deine kritik? Wollte eignetlich Loewe- und Schubert, doer versus Schubert-Zitate sammeln, und hörte dann doch nur Mus8k. Keinen Loewe, keinen Schubert, sondern Berio, Sinfonia, und jetzt Steve Reich. Kann, darf ich Dir eine Cd schicken? Junge Leute, engagiert, aber, vor allem, und darauf kommte s ja auch an: saugut: aus Austria: The Dancing Gams nennt sich die CD, Besetzung klasse: cello, fluegelhorn, posaune (und accordion), kontrabass, wobei alle auch mehrere insturmente spielen. Eingenkompostionen, schwer zu beschreibne, aber: gut gemacht. Schick ich Dir, I need your address, und nun, und auch auf re-joyce, zu dem ich heute immerhin einiges geschreiben habe – Kennst du finnegans wage zu schöpfendes, immer wieder, eine Partitur bisweilen, eine Klangwelt. Daraus mach emal ein Hlrpsiel, Cagenah, oder , nein, jahreszeitgemäßt; herbstmah. Bis denne (zweitestens, mindestens, verusch, aber nun, aj, auch der gute joyde, allerdingsnur nachts, am abend: fendant, riesling, und großártige lieteratur: Finnegans Wake, ein Rätsöedetektivwachsamaugenschönspielies, und auch Giacommo Joye. Let us recouyce. Wob bliebt die Musik?

    1. @prufrock zu Loewes Huss. Nein, sie ist, wie einige meiner Musikkritiken, >>>> eigens für Die Dschungel geschrieben. Das hat den Vorteil, daß ich ausführlich sein kann, weil ich nicht unter dem unbedingten Gebot sehr begrenzten Platzes stehe; es läßt sich also auch ausholen, man kann für Sachfernere Hintergründe erzählen, Stücke in diese einordnen, vor allem aber, was für mich besonders wichtig ist, ästhetische Positionen beziehen und erläutern. Der Nachteil ist: ich werde dafür nicht bezahlt. Was aber auch wieder einen Vorteil hat: ich schreibe allein, weil ich will, und kann, fast noch wichtiger, aussuchen. Es geht in Der Dschungel nicht um eine von außen gesetzte vorgebliche Valenz, die etwas habe; ob eine Inszenierung der Staatsoper oder eine Aufführung der Brandeburger Jungen Philharmonie: ich betrachte alles mit demselben Maß, einem rein ästhetischen, und wo ich das nicht tue, begründe ich, weshalb nicht.

      Vielleicht wird es eines Tages ein Buch mit einigen meiner Kritiken – denen, die mir, meiner Poetik, wichtig sind – geben; das wird dann “Poetiken zur Musik” heißen. Klar, daß die darin versammelten Texte dann über ihren jeweiligen Anlaß hinausweisen müssen und selbst, alle, kleine Kunst/Stücke sein sollen.

  3. für die warheit musikalisch brennen, wer ohren hat zu hören hat: bitte!!! ganz ungedingt Das schaffen diese jungen Leute.

    Happy new Ears, and enjoy (an eargasm, perhaps, ach, oh, wein wine not, wine nicht, klkiene eva-terz): denn anna ist ja ein palidnrom, udn sie spielt asuper cello, komponiert auch toll:

    http://www.youtube.com/watch?v=xEVh-KT-jc8

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