Dunkle Seiten im Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 4. Mai 2013. Und Argos Wiederaufnahme nach der Kritik.

7.42 Uhr:
[Arbeitswohnung. Alkan, Sinfonie für Klavier.]
Das war eine, für meine Verhältnisse, lange Nacht. Bis halb elf saß ich an der >>>> Agrippina-Kritik und stellte sie ein; danach ging es mit der Löwin in die Berliner dunkle, leider dann trotz des Etablissements recht harmlose Nacht. In den „Spiel“räumen wenige Männer, die eine schwere Frustration ausstrahlten und darauf, chipsknabbernd, warteten, daß etwas geschah. Wir waren in Abendgarderobe gekommen, die Löwin mit dem schweren herrlichen Reif um den Hals. Doch „einsame Menschen“, wie sie die dreivier Männer nannte, locken einen nicht: eines der bösen Gesetze der sexuellen Geschlechterverhalten; sie turnen vielmehr ab, auch wenn hier die Frustration nicht nur den Grund ihrer Einsamkeit hatte. Denn wäre der Club voller Menschen gewesen, hätte es die Einsamen einfach mitgespült, und sie wären in der hedonistischen Menge mitgetragen und aufgehoben worden. So aber, hätten wir gespielt, wäre es eine Privatvorstellung und überhaupt Vorstellung gewesen; öffentliche, bzw. halböffentliche Akte brauchen eine Anonymität, aus der sich dann wenige interessante Gesichter lösen können und zu Gesicht erst werden – und zu Körpern, die man will.
Der Club selbst, früher Equipage, heute >>>> DarkSide, ist sehr schön, weil kühl und ohne Kitsch. Auch die der Szene oft eigene Familiarität hält sich in Grenzen. Hielte man sich an den Dresscode – ich verwende diesen Begriff lieber als das deutsche „Kleiderordnung“, weil seine Aura eine andre ist -, wäre es deshalb auch bei den wenigen Leuten anders gewesen; anders, eben. Aber Männer in sei’s auch Unterhosen, überm nackten Oberkörper das Jackett und noch die Socken an den Füßen sind schlichtweg ridikül; reife Frauen in Pettycoats auch: So etwas tragen Mädchen; unangemessene Kleidung macht besonders alt, nicht etwa jünger.

12.07 Uhr:
[Brett Dean, The Last Days of Socrates. Uraufführung in der >>>> Digitalen Konzerthalle.]
Ich habe unterbrochen, weil ich mit der Löwin noch frühstücken wollte, bevor ich sie zur S-Bahn brachte, von der sie nun schon zum Flughafen gebracht worden ist. Eben kam die SMS, sie habe bereits eingecheckt. – Wegen gestern nacht ging heute morgen einiges Lächeln über unsere Lippen. Sie dort in einem inszenierten Spiel diesen ärmlichen Herren vorzuführen, wäre mir blasphemisch vorgekommen. Das eben wäre anders gewesen, hätten wir es mit einem gut gefüllten Raum zu tun gehabt und nicht mit einem, der gähnte. Blasphemisch. Seltsam, daß ich dieses Wort so schätze: bereits gestern, in der Kritik, habe ich es verwendet. So etwas fällt auf, zumal im erotischen Zusammenhang.

In der Küche kochen Spargelschalen für eine Spargelsuppe aus, die ich morgen verzehren möchte; für heute ist noch Calamaro in eigener Tinte übrig. Treffen mit Schütte und Jürgensen am Donnerstag abend im, was zu uns paßt, >>>> Club der Visionäre; nur wisse er das noch nicht, also der Club, schrieb ich an Schütte grad. – Heute abend Sabine Scho zur „Quadruple literary lounch“ >>>> in der Bar Babette. Vorher freilich, sowie ich die Wohnung wieder etwas hergerichtet haben werde, nehme ich Argos Zwölfjahreshalber wieder auf; ich bekäm es gerne bis morgen abend fertig. Dann könnte ich den Herren am Donnerstag bereits die gesamte Roman-doc mit zu den Visionären bringen.

Und der Frühling, nun aber wirklich, ist da! Strahlend blauer Himmel, Sonne, und geiles fettes Grün an den Bäumen.

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