Pfingstschiff. Die Sonntagspier des 24. Mai 2015: in einer allerhellsten Nachnacht.




[Arbeitswohnung, 15.14 Uhr
Mozart, Il re pastore]

Nun ist es da, das erste Exemplar des Traumschiffs. Für die Presse- und Veranstaltungsexemplare hat >>>> der Verlag die erste Auflage gleich durchdrucken und die Programmchefin das allererste fertige Buch für mich eintüten und herschicken lassen. Ich war völlig unvorbereitet, weil immer vom Ende der kommenden Woche gesprochen worden war. Wer also hatte mir am Freitag ein Buch geschickt? Ich mußte es von der Post abholen, hätte es fast vergessen, aber sie lag auf dem Weg nach Pankow, wo gestern Geburtstag gefeiert wurde. Nun wurde es auch der Geburtstag meines Romans, und also habe ich die Nacht komplett durchgemacht und fuhr reichlich kreislauflos mit Freund Broßmann auf dem Rad durch das helle, eben erst erwachende Berlin. Zumal daß ich Lust auf Mozart habe und dann noch auf solch ein abgelegenes Stück, ist mindest ebenso neu.
Ich öffnete an der Post das Buch aber noch nicht, ließ es eingeschweißt, zog nur die persönliche Karte heraus, las sie, wußte, daß mein Sohn bereits auf dem Gartenfest war, und er sollte es sein, den Roman zu deflorieren. Was er sofort tat:


Und nun ging‘s durch den Nachmittag erst, dann durch die ganze Nacht. Auf zwei indianischen Holzflöten habe ich gespielt. Getanzt hab ich und mich über freiwillige Sterilisation von Männern gestritten, wurde sogar scharf. Aber wir schlossen wieder Frieden. Daß jemand mich eigentlich cool fand, fand ich nämlich cool. Nur in Sachen Selbstkastrierung war ein Einvernehmen nicht mit mir zu erreichen; das sahen wir dann ein oder waren zu betrunken, um den Zwist so richtig aufzuschaukeln. Meine Güte, seufzte ich, was bin ich plötzlich harmonisch! Daraufhin लक्ष्मी: Hast halt gekifft. Da lag ihres Freundes Kopf in ihrem Schoß, und Broßmann schlief sowieso schon seit drei Stunden zwischen uns.
Den Alkohol habe ich noch immer im Blut. Als ich hier ankam, drehte sich die Arbeitswohnung um 7/8el-Takt. Ich mußte mich dringend hinlegen, fand aber nicht in den Schlaf, blätterte und blätterte durch mein Buch, versuchte abermals, die Augen zu schließen, wegzuschlummern. Nach rund einer Stunde gab ich‘s auf und machte mich an den Baguette-Teig für heute abend. Amélie wird herkommen, für Spargelsuppe mit Crevettes. Später in den warmen Abend auf einen oder zwei Heraußenweine. Da kippte er wieder, mein Kreislauf, und während der Teigling ruhte, schlief ich tatsächlich ein. Gut, einen kleinen Trick bemühte ich, der moralisch gesehen nicht ganz ohne Pikanz ist. Und nun also, nachdem er physiologisch aufging, der wieder seriöse Versuch eines Arbeitsjournales.
Seltsam gelöst. Normalerweise läßt der Protestant in mir von Ruhetagen ein schlechtes Gewissen nicht nur zurück, sondern erzeugt es schon im voraus. Heut nicht. Heute bin ich einverstanden. Werde etwas vor mich hinwerke(l)n, Briefe schreiben, vielleicht an Die Brüste der Béart gehen, hier etwas feilen, dort etwas, dreivier Verse entwerfen. Morgen allerdings werde ich mit voller Kraft, voraus, losdampfen müssen, um einen Termin einzuhalten, den ich für den 31. notiert habe: Triestbrief-Einreichung. Nicht nur ein Boot, sondern eine ganze Flotte ist nun unterwegs, meine Siebenmeilenzonen zu sichern oder sogar auszuweiten. Wenn ich mir vor Augen halte, daß das Traumschiff vor einem Jahr noch nicht einmal als Rohentwurf begonnen war… Es ist beinah nicht zu fassen… –
Da steht es. Aber mein Publikum muß bis zum 11. August noch warten. Es sei die Zeit ihm nicht zu lang. Immerhin, Leuts, geht es in den Sommer!


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