Ja, es ist M a i ! Das Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 7. Mai 2016


[Arbeitswohnung, 8.56 Uhr]

Zweiter Latte Macchiato.
Auf erst um halb sieben.
Schwierige Nacht. Mir träumte von der >>>> Europäischen Schriftstellerkonferenz, von der ich gestern erfuhr. Es ist aber alles anders, als ich erst dachte. Ich hab nix von ihr gewußt, mich also auch nicht angemeldet. Der Traum sah es anders. Ich ging hin, wurde aber abgewiesen. Woraufhin ich nach dem Chef der Akademie, Ingo Schulze fragte, der auch herbeikam, allein, um mir zu sagen: „Du weißt doch, daß man dich nicht dabeihaben will. Warum versuchst du es immer wieder? Erspar das dir und uns.“
Da Europa seit langem eines meiner politischen Themen ist, wundert mich freilich nicht, daß ich die Konferenz „ver“träumte, wohl aber, daß ich sie verträumte.
Außerdem träumte mir, anderwärts, eine Diskussion über die (ästhetische, formale) Zukunft des Romans. Jupp!, seiner-„an-sich“, kann mich aber an nichts Substantielles erinnern – was nicht wunder nimmt, wenn ich zur Zeit nur an den Gedichten arbeite, so daß mir die Romanschreiberei geradezu entrückt ist.
Nett gestern vorm Beaker‘s in der Sonne gesessen mit einem der Initiatoren des >>>> Erfurter Literaturfestivals. Die Dath-Moderation und meine eigene Lesung festgeklopft, dazu zwei Weinschorlen getrunken, die, wiewohl mit nur sehr wenig Wein bereitet, mir sonnenhalber ziemlich in die Knie gegangen sind. Dennoch danach weiter an den Gedichten gearbeitet.
Interessant sei doch, sagte Max Walther, daß – ähnliche Erfahrungen teilten seine Freunde und Kollegen – er diejenigen Bücher, die ihm besonders wichtig seien, kaum je zuendegelesen habe, nicht Proust, nicht Musil, und den Joyce für ein Seminar nur nach Homers Odyssee-Episoden; es scheine so zu sein, als stanzten sich einem diese Großentwürfe so sehr und für alle Zeiten ins Gehirn, daß man weiterlesen gar nicht müsse. „Aber dann entgeht Ihnen die Kunst der Motivverknüpfung“, sagte ich, „und daß sie alle, diese Motive, eben tatsächlich vollendet werden.“ Es kommt ja auch auf die Geschichten an, so mir in den >>>> Andersweltbüchern. Und ich dachte, welch ein Regreß! wenn man, allein nur formal, die großen Bücher des ersten Drittels des vergangenen Jahrhunderts mit denen der ersten beiden Zehntel unseres 21. vergleicht, besonders im deutschsprachigen Roman. Es ist, als wäre unterdessen auch die Form profaniert worden, im großen und ganzen, nicht in Einzelerscheinungen. Aber vielleicht waren diese es immer: einzeln und vereinzelt? Von Cervantes über Sterne und >>>> Fischardt bis hin zu Döblin über A. Schmidt und Rahnegast zu bislang-schließlich Ecker und, neuerdings, Witzel sowie mir selbst…
In Portugal der große Lobo Antunes.
In den USA nach wie vor Pynchon (trotz des ziemlich enttäuschenden Bleeding Edge).
Um mal wieder Eckpfeiler einzuhauen.
Könne es sein, fragte ich mich (und Walther), daß die Ästhetik des Fragments, die besonders in den Sechzigern/Siebzigern idealisiert wurde, sich nunmehr in die Rezipienten verlegt habe und man folglich die großen Bücher wie Fragmente lese? Auf den Veranstaltungen zur Unlesbarkeit solle, mein Vorschlag, sowas vielleicht ebenfalls zur Sprache kommen. Und überhaupt: Für meine Großmutter war schon Th.Mann unlesbar, es ist immer eine Frage der Vorbildung, insofern den Rezipient:inn:en in den seltensten Fällen anzulasten – den „Professionellen“ allerdings sehr wohl.
Wenn es um Form geht, übrigens, geht es immer um Politik. Auch dieser Zusammenhang sollte zur Sprache kommen – und wird es im Gespräch mit Dath ganz sicher.

Um elf oder zwölf wieder laufen, auch wenn beide Waden noch ziemlich motzen. Aber das Wetter zieht. Endlich endlich Sommer, zumindest Vorsommer. Da dünkt es eigenartig, wenn >>>> Bruno Lampe, in Umbrien!, friert. Und soeben erreichen mich aus Istanbul Whatsup-Fotos >>>> Chistoph Haackers.

So, an die >>>> Hirnform.

ANH

3 thoughts on “Ja, es ist M a i ! Das Arbeitsjournal des Sonnabends, dem 7. Mai 2016

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .