Das Arbeitsjournal des Montags, dem 20. Juni 2016.


[Arbeitswohnung, 16.58 Uhr
Jost, >>>> Berlin Symphony]

Heute abend – in >>>> VWs „Drive Showroom“! – Vorstellung der heute herausgekommenen CD:


Wie ich >>>> bereits schrieb, wurde mir die Platte mit der leisen Andeutung zugeschickt, ich möge sie doch rezensieren. Bin mir aber noch uneins, hör sie gerade zum dritten Mal. Manches kommt mir zu aufgedonnert vor, zu sehr aufs Publikum schauend; anderes gefällt mir sehr; es gibt Anklänge an den oft jazzigen Synkretismus Meyer Kupfermans, den aber puristische Hörer Eklektizismus nennen würden. Wobei in einer Pressemeldung des Konzerthauses Berlin eine mir auffallende Umwertung vorgenommen wird: „Ich betrachte den Eklektizismus als die modernste musikalische Sprache unsere Zeit“ habe Iván Fischer, Generalmusikdirektor des Hauses, gesagt. Weshalb nämlich spricht nicht auch er von Synkretismus?
Dies am Rande. Am Rande des Tages fast schon,
den ich verschlafen begann, und verkatert,
nämlich erst um acht. Es war wohl vornachts etwas viel Wein
mit der jungen Kollegin, die zurecht klagte, beklagte,
weil ihr das Wasser bis zum Hals.
Ich sprach ruhig mit ihr, was ein Witz war, einerseits, in der Schaukel meiner eigenen ökonomischen Drängnis; andererseits
ich weiß ja, wovon ich spreche und
wie‘s sich dennoch aushalten und überleben läßt
Denn wir sind wiederum Privilegierte, haben ein Netz von Freund:inn:en Geliebten vertrauten Bekannten
zum Äußersten käme es nie, gleich, ob die Konten und Kreditkarten gesperrt sind,
immer finge uns jemand auf, anders als die Armen, die es wirklich sind,
objektiv ohne Zukunft, zum Beispiel da in Ludwigslust, in den Pariser Banlieus
Neapels >>>> Secondigliano
mille colore, >>>> mille paure
und zumal die Pflicht, die wir haben:
vom poetischen Weg nicht abzuweichen
nicht unsre Arbeit einzulassen in faulige Kompromisse
dienerndes Entgegenkommen
Künstler, die es sind, haben das Recht nicht zum Verrat
am Werk nicht, wohl indes an der Gemeinschaft
manchmal
(ausgeschlossen davon sind nur Kinder)

Die Schere klafft weiter und weiter
kleines großes Reichsein, großes großes Verarmen
Alles chic- und gutgestimmt,
die Rechnungen bereits auf Migranten ausgeschrieben

und alle gehen nur einer bleibt
die löchrige stirn im schmutzigen tischtuch
der keeper keift: ein kreuz ein fluch
ist ein gast der voll ist und einschläft –
er geht kurz nach zwölf betrunken und fahl
am mantelhaken den schäbigen schal
die stacheldrahtkrone vergißt er



Wolfgang Hilbig, genrebild im provinziellen stil
mit vermutlichem heiligen

>>>>Gedichte:

Immerhin, in einem Rutsch habe ich heute vormittag die fünf Variationen auf Hilbigs „waage.beendigung eines satzes“ fertigbekommen, jedenfalls als Entwürfe, deren ersten ich denn auch >>>> in Der Dschungel einstellen konnte, auch wenn ich mir seiner wie der anderen vier noch ein bißchen unsicher bin.

Jetzt an die ersten Zeilen zur Böhmer-Hommage; zwischendurch immer wieder die Béart-Nr. XVII. Und dann eben, gegen 19 Uhr zu diesem Showroom losradeln; Unter den Linden ist kaum eine Viertelstunde entfernt, so könnte auch 19.15 Uhr durchaus noch reichen.
Und die Kritik zum Tristan, wahrscheinlich morgen in der Frühe.

Der 13km-Lauf heute mittag war ein bißchen deftig nach den „Übertritten“ der letzten drei Tage. Dennoch: gepackt.
Außer zwei Scheiben Wassermelone noch nichts gegessen; nichts zu essen ist leichter als wenig.
Das Nachbrennen nutzen. Leichtigkeit in den Körper bekommen; etwas Trancehaftes auch.
Wunderschöner Sonnentag mit küstenhaftem Wind.
Ein unerwarteter Brief, der >>>> San Micheles Wunder reanimierte.

Ineinander verschlungenes Nach- und Voraussinnen.
Mehr ist heute kaum zu sagen.

3 thoughts on “Das Arbeitsjournal des Montags, dem 20. Juni 2016.

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