III,116 – Pseudofuchsien

Daß das Wort ‘fuchsienfarben’ mir weiterhelfen könne, als ich neben meinem Besuch auf den Stufen vor der Küche saß und auf die Wie-heißen-sie-doch-gleich-Blumen im Beet gleichsam schon starrte, erwies sich bald als Illusion, der ich aber dennoch folgte. Versuchte gar die Blüten zu zählen, aber sie entsprechen doch nicht der Anzahl der Tage, die morgen recht früh zuendegehen. Und gleich nach der Zugabfahrt geht’s zur Werkstatt mit dem Auto (heute schon vorsorglich gedeichselt). Stattdessen geht die Farbe eher in Richtung Magenta (jetzt am Bildschirm eine ganze Armada von Schattierungen). Aber Magenta ist für mich ein Farbenname, der nichts wirklich Organisches an sich hat, wie meinethalb Cyan oder Pink. Unwillkürlich jetzt Designer-Filzstifte aus grauer Vorzeit, in der ich als Braunschweig-Pendler lebte (sie HBK). Immerhin schickte der Schlachter-Vater regelmäßig vom fernen Rheinland herrliche eingemachte Leberwurst und – wohl bekomm’s! – rheinischen Sauberbraten. Darum habe ich auch anfangs nicht wirklich Fuß gefaßt in Berlin. Ich konnte ja immer weg. Aber ich sollte mir verbieten, über das Essen zu schreiben. Und über das, was dezennienweit nur noch kleine Pfiffe im Dunkeln erzeugt, die, sobald man ihrer gewahr wird, schon aus einer anderen Ecke hervorkommen. Zwar mocht’ ich zuweilen auch gern übertreiben mit den Zubereitungen, aber es kommen dann so Ernährungsfarben in Bauchhöhe, die in der Wahrnehmung etwas Magenta sind. Und so sitzt man dann mehrmals am Abend auf den Stufen vor der Tür und nimmt nur noch bedingt wahr, daß das Erschauen der immer gleichen Dinge in einer Art Hamsterrad stattfindet. Allenfalls in der Illusion, daß die eine Rose doch eigentlich verschwinden müsse, je länger ich meinen Blick auf ihre etwas zerfressenen Blätter hefte. Irgendwann raffte ich mich auf, weil ich zum Tabaccaio mußte. Der auf einem Stuhl, und ich ging stracks zum Tresen und zog mein Scheinchen heraus. Er machte daraufhin einen Wink mit der rechten Hand, wie um zum Näherkommen einzuladen. Und hielt weiterhin die Hand ausgestreckt. Endlich verstand ich. Ich sollte die Hand nehmen und ihn vom Stuhl hochziehen. Aber dennoch schade, daß Blumennamen mich zuweilen irritieren, die ich zwar tausendmal gehört habe, aber nie wirklich vorstellen konnte. Forsythien jetzt, wie zum Teufel, sehen Forsythien aus?

III,115 <<<<

2 thoughts on “III,116 – Pseudofuchsien

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .