III, 179 – Mit einem warmen Brot im Arm

Ab morgen um 19 Uhr also dann doch >>>> Rubens mit einem Gemälde, das als “inedito” definiert wird, also wohl: niemals gezeigt oder so ähnlich. Titel: Allegorie des Glaubens. Die persische Sibylle. Rubens habe ich nie gemocht. In den Händen hält die Sibylle ein Buch, rechts eine Maria mit Kind auf einem Drachen stehend, links ein Text, das Wort “Bestia” taucht darin auf, wie ich im Halbdunkel noch mit meinem warmen Brot auf dem Platz vorm Plakat stehend erkennen konnte.
Also hat der neu ernannte Kommissär (Südtiroler Sprachgebrauch) für Kulturgüter, der TV-Hengst und Kunschtkritiker Vittorio Sgarbi sein Wort gehalten, einen Rubens nach Amelia zu bringen. (>>>> Hier ein TV-Streitgespräch mit dem neulich zitierten Aldo Busi: ab und zu stehen sie auf und beschimpfen sich mit wild gestikulierenden Armen; Busi indes spricht abfällig über den rechts sitzenden Sgarbi.) Nun wäre ich allerdings neugierig, das Woher und Weshalb zu erfahren. Mal sehen. Vordergründig geht’s natürlich darum, Besucher anzulocken. Angekündigt sei auch eine Ausstellung von Gemälden des Piermatteo di Amelia. Den lernte ich mal dem Namen nach über meine etlichen Übersetzungen von Texten kennen, die den Petersdom beschrieben. Denn dort, wo an der Decke der Sixtinischen Kapelle jetzt Michelangelos Fresken zu sehen sind, prangte zuvor ein Sternenhimmel, den besagter Piermatteo dorthin versetzt hatte. Das wäre tatsächlich zu begrüßen.
Eigentlich wollte ich ein langes Zitat aus Eichendorffs ‘Ahnung und Gegenwart’ hersetzen, wie einer – ein simpler Landmensch – zum Lesen und zur Poesie gekommen, als er doch mal nachschauen wollte, wie denn sein zum Maler gewordener Sohn in der Stadt lebe mit einem merkwürdig schönen und tollen Mädchen, das sich aber vor seiner Ankunft in der Gräfin Dolores von Arnim festgelesen und darüber sterbenskrank geworden, und wie er die Wohnung verlassen vorgefunden. Der Sohn verschwunden, ein Durcheinander von Staffeleien und Gemälden und Malerutensilien. Sie bzw. es, das Mädchen scheinbar leblos auf einem Bette, auf einem Tische die aufgeschlagene Gräfin Dolores. Davor habe er sich hingesetzt, der Vater, und habe angefangen zu lesen, und habe gar nimmer aufhören können. Dann aber ging er wieder zum Bette. Das Mädchen sei tot gewesen. Er habe seitdem nicht vom Lesen abhalten können.
Merkwürdige Situation, fast wie bei den Wilden, die Montaigne beschreibt. Die hielten ihren Gefangenen bei guter Laune und Kost, bevor sie ihn verspeisten.
Gräßlich indes der von Religion redende Eichendorff. Montaigne dünkt mich doch bei weitem der Weisere: Die meiste und beste Gelegenheit zu Betrügereyen geben die unbekannten Dinge. (XXXI. Daß man von den göttlichen Verordnungen bescheiden urtheilen muß)
Ansonsten: Oman ist raus, es gilt nunmehr, bis Montag die Qualitätscharta der Südtiroler Provinzdirektion (dort aber wohl eher ‘Landesdirektion’ zu nennen, denn der Provinzchef heißt dort ‘Landeshautpmann’ und die Provinzgesetze heißen ‘Landesgesetze’) der staatlichen Eisenbahnen gegenüber ihren Kunden zu besingen.
Immerhin ist es mir gelungen, heute abend beim Anhören der Bach’schen Cello-Suiten (passiert öfter an diesen Abenden) Tanzschritte zu erfinden.

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