Gestern abend, ich war schon dabei einzuschlafen (was derzeit spätestens gegen elf passiert), heftigster Regen. Donnern habe ich nicht im Bewusstsein. Wäre er dort gewesen, ich wäre vielleicht doch noch aufgestanden, um mein Modem vom Stromnetz zu nehmen. Aber in der Richtung ist nichts passiert. Die einzige ‘Toujours perdrix’-Reaktion, als ich am Morgen die Küche betrat, galt dem weit offen stehenden Küchenfenster. Und so wird es die ganze Nacht gewesen sein. Scirocco. Denn das Fenster geht ungefähr nach Süden. Geruch nach Taubendreck. Den halben Tisch und die zuoberst liegenden Bücher hatte es erwischt. ‘Giacomo Joyce’ mit nach oben gebogener erster Umschlagseite, auch der Deckel vom Eichendorff-Band leicht nach oben gebogen. Die Klamotten, die über den Stühlen unterm Fenster hingen: naß. Und Taubendreck. Natürlich vom Fensterbrett. Denn im oberen Stock, wo niemand wohnt und nie jemand kommt, sind vor dem Fenster über meinem Küchenfenster Nylonschnüre für die Wäsche gespannt. Nur sitzen da ständig Tauben, die diesen Dreck verursachen. Romantisch wollte ich zwar erst an Sahara-Sand denken, aber der Geruch belehrte mich den Tag über eines besseren. Erst jetzt scheint sich die Situation zu bessern, nachdem ich gefegt und geputzt und die Klamotten ausgeschüttelt (jetzt in der Waschmaschine) und die Fenster aufgerissen habe.
Mit zweifach anderen Vorzeichen (“tags”, “nordwind”):
nordwind
vorm fenster
tauben-
schatten
in ein husches
hinab
gleiten ab
von der Majestät
des Herrn wie
der Staub seines
dunklen Engels
Flügelpaar
ach, herr, du
taubeneigner,
es flügeln die
hände sich vor
dem munde nur
sprich: er nieset
kursiv: Else Lasker-Schüler: Arthur Aronymus und seine Väter – Drittes Bild
Möglich, daß dort morgen was Neues erscheint. Denn Di Dio wollte mich gestern noch über eine FB-Message zum Kino locken: “Laßt mich nicht alleine!”. Ich antwortete mit Sätzen, die sich ihm, nicht Di Dio, dann in ein Jedichtchen verwandelten. Immerhin ein paar Likes bekommen. Nunja. Ein Weilchen gefiel er sich darin. Auch wenn er mittlerweile knausert mit seinem Goodwill und mit dem scheinbar Gottbefohlenen, das auf ihn niederkam. Sein Bier. Muß mich nicht kümmern. Taubenkram. Scirocco.
Zum Nobelpreis möchte ich nichts weiter beisteuern als dieses: Werden die gesungenen Texte, zumal die der us-amerikanischen, auch wirklich verstanden? Ist es nicht nur ein Hören der Musik? Wobei man einige Sätze aufgreift, aber nie wirklich nachliest. Sie eher in der Melodie durch seine Befindlichkeit ergänzt, getragen von Stimme und meinetwegen Gitarre. Zwar erwähnte ich Joni Mitchell, aber auch dort kommen im Grunde nur Wortfetzen ins Verständnis. Skating away. Und wie froh ich damals war, als William Golding den Nobelpreis erhielt. Ich hatte den ‘Herrn der Fliegen’ vorher gelesen und nicht, weil dieses geschah. Nur einen habe ich mal gelesen nach dem Preis und wegen des Preises: Tranströmer. Und ihn zum Teil sogar gemocht.
Es verhält sich in etwa so wie mit dem Rubens derzeit in Amelia. Die eingefleischten Ameriner (aber vor allem Amerinerinnen) äußern sich begeistert. Und es gibt gar eine, die den Kritikastern droht, sie anzuzeigen. Endlich mache mal einer was. Aber es sind eben auch Leute, die man nie bei Oltre il Visibile sieht, dem Cineclub, der ja nun tatsächlich etwas macht. Oder bei Dichterlesungen. Event-Cheer-Girls. Also die Amerinerinnen.
Was ist, das ist. 1+1 = 1. Wie beim Gewitter.
Wie unterzeichnete ich neulich eine Nachricht an die Freundin in Rom: ORSO.
Einen Vorteil habe ich indes: [bitte ausfüllen]. Sofern Sie Nachteile entdecken: [bitte ausfüllen]. Es handelt sich nicht um Pflichtfelder. Sie dienen nur als Platzhalter für die ggf. vom System ad libitum zugewiesenen Buchstabengemische.
Neues Wort: Betón-Mischmaschine (also: be’to’n und nicht be’tong)..