Irrealis. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, den 16. September 2017.



[Arbeitswohnung, 7.19 Uhr
Walton, Troilus & Cressida]

Wie sich, für Romanfiguren, auf Namen kommen läßt, die es noch nicht gibt. Zum Beispiel suchst du, um Information zu gewinnen, nach „Beatrix Katharina Langnee“ und erhältst selbst über Google nicht ein einziges Ergebnis. Dann stellst du fest, dich im letzten Buchstaben vertippt zu haben. Und hast nach der Korrektur sogar noch den Link >>>> auf eine ostwestfälische Buchhandlung, die allerdings nicht physischer Natur ist, sondern allein im Netz handelt, ein Amazon en miniature mithin, von dem ich mir wünschte, es würde als Konkurrent auch gesehen. So sind freilich die Zeitläufte nicht.
Weiteres Nachsehen ergab, es handele sich – also hinten mir „r“ – um eine freie Literaturjournalistin für einmal quer durch die deutschsprachigen Kulturblätter und -sender von FAZ bis Deutschlandradio. Was paßt, denn auf meine argumentative Facebook-Replik kam selbstverständlich keine Antwort.
Sie hat mir da gestern die falsche Grammatik der Arbeitsjournaltitel vorgeworfen: daß ich „des Freitags, dem 15. September“ schriebe; diese falsche Datumsformulierung verleide ihr, Zitat, seit Jahren, die darunterstehenden Texte auch zu lesen.
Ich mag >>>> meine Antwort hier nicht wiederholen, dachte mir eben aber, was soll‘s? Wenn es die Leute abhält, dann tu ihren Empfindlichkeiten doch gut und kick den Kiesel des Anstoßes kurz mal beiseite. Darum heute die, sagen wir, eingeführte Zeittitulierung. Wobei ich Frau Langners hochgeklappte Zehennägel aber verstehen kann; mir geht es ähnlich bei fehlenden Genitiven im Titel: Im Zeichen des Steinbock zum Beispiel, da mag eigentlich auch ich nicht mehr lesen. Der Beispiele, wollte ich sie aufführen, wären aber so sehr Legion, daß ich mich fragen müßte, was ich vielleicht verpasse, wenn ich solchen Idiosynkrasien nachgebe. Um von „wegen“ mit „dem“ ganz zu schweigen oder erst recht der ständigen Verwechslung von „müsse“ mit „müßte“, also dem Dahinschwinden des Irrealis in seiner Inflation durch falsche Verwendung.

Auch meine Lektorin, das mag ich nicht verschweigen, äußerte Bedenken wegen meines „Datumdem“s. Vielleicht wird mir Frau Langner nun – also weniger mir, als meinem Werk – etwas weniger ungewogen sein.

Zweiter Latte macchiato, erster Morgencigarillo.

Der neue Vertrag mit der Contessa ist unterschrieben; das nächste Buch wird aber, schrieb ich es schon?, ein „rein“ privates sein. Ja, ich schrieb es schon. Für den ersten Roman die ersten 56 Seiten gestern letztkorrigiert.
Meine „eigene“ Arbeit geht schleppender voran, besonders jetzt die an der alten Kark-Jonas-Erzählung. Ich muß ein neueres Muster aus einem bejahrten Text wieder herausribbeln, ohne daß er selbst zerfällt. Bei der engen Eindrehung meiner Motiviken ist das nicht leicht. Gestern habe ich fünf Seiten geschafft, dann zog mich die Nervosität in Gefilde, über die ich hier mal besser nicht spreche. Es werden die Stricke doch eh schon geknüpft, da muß ich nicht noch eigenhändig Fasern hinzureichen, selbst wenn es Naturfasern sind.

Also Morgenarbeit, dann hinüber zur Familie. Mein Sohn geht heute auf Kunstfahrt nach Rom und Neapel. Ich möchte ihn vorher noch einmal sehen. Außerdem liegen seine Reiseunterlagen hier bei mir. Die müssen rübergeradelt werden. Ab mittags wieder Ghostroman, und abends, denke ich, fange ich mit der Thetis-Durchsicht für die zweite Auflage an.

Sonne. Und ein Himmel in oktobrigem Strahlblau.

3 thoughts on “Irrealis. Das Arbeitsjournal des Sonnabends, den 16. September 2017.

  1. Genitiv Warum denn nicht gleich ganz Genitiv: Arbeitsjournal des Freitags, des 15. Septembers 2017. Gefiele mir am besten.
    Hauptsache endlich wieder Arbeitsjournale, ob den, dem oder des.
    Und danke für das “oktobrige Stahlblau” in Pankow. Dann ist meine Kleine auf dem Spielplatz und ich brauche nicht mehr auf ein Skype zu warten.

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