Er ist zurück. “Das Leben findet einen Weg” im Arbeitsjournal des Montags, den 10. Juli 2023. Immer, immer wieder. Und wie wir eine Rebe binden … ähm, — ich meine “Rede”.

[Arbeitswohnung, 8.38 Uhr
Nach den am Morgen Zeitungslektüren]
                                                  Sie werden sich, liebste Freundin, gewiß erinnern, → wie erbost ich vor etwas über einem Jahr gewesen, das, worüber ich mich derart gefreut, grob heruntergerissen zu finden, und daß – und wie – ich sofort, wenn auch vergebens, protestierte. Der Eigentümer habe es angeordnet, so die tatsächlich bedauernde Auskunft meiner Hausverwaltung, ebenso des Hausmeisters, der sogar betroffen wirkte, ganz persönlich. “Was solln wir denn da machen, wenn es uns aufgetragen wird?” Daß eine begrünte Hauswand jeder Wohnung an die 30 % Energie spart, was nicht nur des kriegshalber Engpasses nötig gewesen wäre, sondern es vor allem ökologisch ist, auch in Friedenszeiten, spielte keine Rolle. Doch nun … —

        

          Ja, der Wein ist zurück, und er klettert pfiffig: vom Nachbarhaus aus von oben nämlich nach unten herab und bei mir fast schon durchs rechte Oberlicht hindurch. (Auf dem Foto erkennen Sie ganz gut, welche Spuren die Füßchen der damals herabgerissenen Weinranken links neben dem Arbeitswohnungsfenster auf der Fassade hinterlassen haben; auch ökonomisch also war die Vernichtung der Laubmatte dumm). — Und schon sind auch die Spatzen nun wieder da, die in den nahen Ranken nisteten und mich bisweilen besuchen kamen. Jedes Mal, wenn ich zum Fenster schaue, streichelt mich ein leises, der Findigkeit der Natur halber grinsendes Glück — einer derart zärtlichen Schlitzohrigkeit:

 

           Es ist aber sowieso meine Zeit, dieses Sommerwetters und seiner Temperaturen halber; ich habe tatsächlich, da täglich anderthalb bis zwei Stunden lesend auf der Helmiwiese, Farbe bekommen; mein Geist brodelt vor Freude, der Körper läuft so hochtourig, daß ich, als ich vorgestern zum Treff im Valentins zur Hasenheide radelte, grade mal zwanzig Minuten für die Strecke brauchte, acht Kilometer übern Daumen. Und kaum verschwitzt war, als ich ankam — daß mit freiem Oberkörper, hat Uwe Schütte festhalten müssen, und auch, daß ich die Weste überzog; ich finde es stillos, im Garten einer Gaststätte mit freiem Oberkörper zu sitzen. So etwas geht allenfalls auf eines Strandlokals Terrasse zum Meer und auch da nicht generell.
Ein feines Treffen war’s; auch Eickmeyer, unterdessen → Bibliothekar in Eutin, war nach Berlin gekommen, gemeinsam mit seiner neuen Gefährtin, einer hochklugen und heftig engagierten Kunsthistorikerin. Wir bekamen auch sofort einen kleinen Streit, der lamentierenden Rammstein-Groupies wegen, die zwar zu Nazishows gleichsam stramm die rechten Hände flach- und ihren Führer grüßend aufrechtstrecken, doch wenn sie selber Opfer werden … — Nun jà, lassen wir das. An “Naivetät” aber glaube ich nicht; schon, als ich selber jung war, hatten wir sie nicht, geschweige denn heutzutage in Zeiten des Netzes. Es gilt halt wirklich → d a s. — Nun war der Streit nicht wirklich schlimm; wir merkten schnell, hier nicht einig zu werden, nicht werden zu können, stießen mit den Gläsern an und wechselten das Thema. Wie’s in Italien üblich. Man kann befreundet sein, auch wenn die Meinungen bisweilen konträr sind, sogar, wenn stark konträr. Dies ist in Deutschland nur nicht Kultur, oder selten. Es kann sich aber ändern und ist vielleicht schon dabei, es zu tun.

           Bei mir steht jetzt schon vieles im Zeichen der Reise nach Bozen, wo ich bei einem Freund untergebracht sein werde; von dort sind es mit dem Wagen knapp zwanzig Minuten bis zur “Location” meiner nächsten Hochzeitsrede. Am Mittwoch hebt der Flieger Skyalps ab; bereits am späten Nachmittag werde ich landen, dann anderthalb Tage frei haben, bevor ich Fine Weddings’ Team treffen werde. Noch unklar ist, ob man mich auch am Sonntag noch brauchen wird; falls nicht, würde ich bereits am Montag über Innsbruck, wo ich inklusive Übernachtung einen Zwischenstop bei Freunden einlegen möchte, nach Wien weiterreisen, um dort die Briefe nach Triest weiter durchzusprechen, aber auch für meinen Arco-Verleger und mit ihm einige Einrichtungsgegenstände in den Piemont zu fahren. Dazu aber nächste Woche mehr. Es dürfte eine ziemliche Ochsentour werden.

           Wie auch immer, ich muß jetzt zu meinem Schneider, der mir die edlen Heftbroschüren nähen soll, die ich für das Paar aus dem Redetyposkript gesetzt und gestern schon ausgedruckt und gefalzt habe. Hier das Heft von vor vier Jahren, damals im Castel Son Claret auf Mallorca; ich habe den gleichen Umschlagkarton und gleiches Papier gewählt, und auch die Baskerville Old Face hat mich als, für diesen Zweck, Schriftyp nach wie vor überzeugt:

 

Für die Setzarbeit insgesamt habe ich allerdings knapp zwei Tage gebraucht, was an der Anordnung der Seiten-Druckvorlagen lag, in die ich mich erst wieder einfuchsen mußte. Aber dieses Paar war und ist es mir von ganzem Herzen wert. Der Druck dann ging problemlos und zügig vonstatten; daß → CSV auch sonntags geöffnet hat, war wieder einmal segensreich.

 

           Der sich aufs Halten dieser Rede ganz besonders freut:

Ihr, o Freundin,
ANH

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2 thoughts on “Er ist zurück. “Das Leben findet einen Weg” im Arbeitsjournal des Montags, den 10. Juli 2023. Immer, immer wieder. Und wie wir eine Rebe binden … ähm, — ich meine “Rede”.

  1. Äh, wieder ein Tag verloren, sorry, wenn ich mich nicht irre, ist heute der 10.07., macht ja nix, viel Spaß bei der Hocheitsfeier, möglichst in den Sommer hinein, obwohl, beim Hochzeitstermin ist das Datum wichtig, im günstigen Fall, ein ganzes Leben lang 🙂 machen Sie bloß keinen Fehler, Herr Herbst.

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