Arbeitsjournal. Dienstag, der 28. April 2009.

5.58 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Bis nachts um eins erst gelesen, dann noch einen Film gesehen, der hier „rumlag“; mein Junge war auf seinem Vulkanlager derart unruhig, warf sich immer wieder herum, wachte immer wieder hin und her, war durstig, trank geradezu gierig von dem Wasser, um das er immer wieder bat – war derart unruhig, daß ich das kleine Schreibtischlicht schließlich löschte, weil er auch d a r u m bat, so war das mit dem Lesen nichts mehr; aber meine Augen sind auch so schlecht geworden, daß zu lesen im Dämmern nicht mehr recht geht, es ermüdet, auch mit der Lesehilfe, also der Film. Seit drei Tagen schläfst Du jetzt so schlecht. Und ich selber habe Angst vor heute abend, wenn ich von ihrem leiblichen Vater, der sie seit Donnerstag „übernommen“ hat, die Zwillingskindlein „übernehme“ und bis morgen abend betreuen werde, wenn ihre Mama zurückkommt von der Reise, auf die sie ihres neuen Geliebten wegen… na ja mußte, das kann man ja sehen, wie man will. Jedenfalls geht der Mißbrauch irgendwie weiter; andererseits geht es um die Kinder, daß es d e n e n gutgeht, und mich kennen sie, lieben sie, kennen meinen Geruch, weil ich doch länger als ein Jahr nahezu jede Nacht bei ihnen geschlafen habe bis zum Dezember, links das Buben-, rechts das Mädchenköpfchen auf der Brust; und zu mir sagen sie Papa, nach wie vor. Ich habe Angst davor, drüben in der alten Wohnung zu sein und es bis morgen abend zu bleiben, auch Angst vor morgen abend direkt, vor der Begegnung, Wiederbegegnung mit der Frau. Eben bereitete ich den latte macchiato und hatte die Fantasie eines Gesamtmordes, und die Frau kehrt dann heim aus Paris und findet uns alle tot: die Zwillingskindlein, Dich, mich. Das war ein kurzer Aufschuß in meinem Kopf, dem das Herz dann gleich den Dämpfer versetzte: du l i e b s t die Kinder, Herbst… – Also Quatsch, natürlich, aber ich merke es brodeln in mir: eine solche Erzählung schreiben, wo das passiert, es beginnt mit der katastrophalen Szene, dann rollt sich in Rückblenden langsam die Geschichte dazu auf. Aber ich w i l l ja keine realistischen Erzählungen schreiben, nix von den Skandalen des Alltags.
Ich bereite eben für Dich den Kakao.

6.20 Uhr
[Tschaikowski, b-moll.]
„Guten Morgen, Junior. Guten Morgen. Schau, hier dein Kakao.“ Grummeln. „So, aber du kannst noch zehn Minuten lang liegen.“ Ich muß, gleich wenn Du aus dem Haus bist, >>>> die WDR-CDs zur Post bringen, das hatte ich gestern abend nicht mehr geschafft; und um neun kommt auf ein letztes persönliches Gespräch vor seiner Abreise noch einmal Prunier hierher; wir wollen zusammen frühstücken. Eile also. Danach muß ich dringend mal wieder an die Fußpflege, das Hörstück hat alles mögliche schleifen lassen. Überlegen, was ich mit „rüber“nehmen, wie ich den Alltag der kommenden anderthalb Tage organisieren werde: zu lesen mitnehmen vor allem, weil ich richtig arbeiten nicht werde können mit den Zwillingsranglein um mich herum. Vielleicht ein Gedicht schreiben, dachte ich, denke ich eben, vielleicht die Zeit nutzen, um die BAMBERGER ELEGIEN wieder vorzunehmen, aus g a n z anderer Perspektive, vielleicht „fällt“ auch, denke ich eben, das „Bamberger“ heraus, und es wird letztlich bei dem allerersten Titel bleiben, den die Elegien hatten: „Das bleibende Tier“. Völliges Schweigen von >>>> dielmann, sowieso, und wegen der Umschläge zu DER ENGEL ORDNUNGEN. Am 13. Mai werde ich in Heidelberg daraus lesen, und aus der AEOLIA. Eigentlich sollten alle Bücher dann „vollständig“ sein; mein Leben besteht aus lauter Eigentlichs. Von überallher aus der Branche ist von Geldknappheit zu hören, sogar die vom Betrieb ausgesprochen >>>> gehypten kookbooks verschicken, ist zu hören, Bettelbriefe; wer einigermaßen auf Füßen steht, tut das auf Privatvermögen. Man wird letztlich, >>>> Urs Engeler hat recht, dazu übergehen müssen, auf Veröffentlichungen als pdf’s oder ähnliche Netzformen auszuweichen für alles, was nicht auf den Popmarkt paßt. Immerhin d a s ist ja d a: wir h a b e n diese Formen, das Buch aber stirbt. Wovon wir und wie wir dann leben sollen, das bedarf des Witzes, um es zu schaffen. Ich bin überzeugt: Die Dschungel sind ein Weg. Auch wenn sie außer gelegentlichen kleineren Gaben von Lesern nach wie vor nichts einbringen. Dennoch spazieren sie auf dem Königsweg. Der hat auch für Gesinde(l) PLatz.

7.41 Uhr:
„Hast du denn d a n n wenigstens besser geschlafen?“ „Nein, Papa, ich hatte so Albträume…“ „Albträume? Was hast du denn geträumt?“ Ich setzte mich hinunter neben den Buben auf sein Lager, streichle sein Gesicht. „Irgend sowas, daß Mama nicht mehr zurückkommt von Paris… und daß meine Geschwister verschwunden sind, daß wir nicht wissen, wo sie sind und sie vergeblich suchen…“ In solchen wenigen Momenten läßt Du heraus, was in Dir gräbt; es gräbt durch uns beide. Du nimmst den zweiten Becher Kakao, auf der Seite liegend, wieder zurückdrehen auf den Rücken, zur Decke sehen, auf eine bestimmte lange Weise kurz.
Das sind genau diejenigen Situationen, in denen mir sofort klarwird, um was es eigentlich geht: nicht um mich, sondern um die Kinder… darum, i h n e n Verläßlichkeit und Sicherheit zu geben. Da schmilzen dann die eigenen Ängste zu Nötchen zusammen. Eines Tages wirst auch Du, mein Junge, das erleben.
Du bist soeben fort. Ich geh schnell aufs Klo, dann radle ich zur Post und bringe auf dem Rückweg Brötchen für Prunier und mich mit.

9.07 Uhr:
Warten auf Prunier, der Tisch ist gedeckt. Bei der Post mal wieder ein Aufseufzen: erst ab 9 Uhr geöffnet, was immerhin einigermaßen anständig ist. Oft öffnen die Geschäfte seit neuem erst um zehn, als wäre man nicht schon lange lange auf den Beinen; für Frühaufsteher ist das keine Zeit mehr, diese Gegenwart, wie auch die Jungen meist erst um 23/24 Uhr losziehen, wenn sie in den Clubs tanzen wollen: alles verschiebt sich ins Dunkle, anstatt die Helligkeit des Tages zu nutzen. Pan hat gerne im Sonnenlicht gevögelt, der Satyr übrigens auch; die Gegenwart ist voller Nachtschattengewächse, viele derer bekanntlich giftig sind; das Gift wirkt aber nach innen: Auto-Destruktivität.
– Ah, es klingelt. 10.55 Uhr:
[Gerd Zacher, Die Kunst einer Fuge in zehn Interpretationen (Theodor W. Adorno gewidmet).]
Nun ist Prunier wieder weg. Wegen der „Aufnahme“ von MEERE in Frankreich, namentlich bei Gallimard, sind wir sehr einig: hier setzten sich die deutschen und französischen Juroren, Verlger, Kritiker zusammen, immer die so sehr selben Namen, daß ich sie gar nicht wiederholen mag, und bestimmen; das ist von literarischer Qualität völlig unabhängig, sondern es geht um Wohlmeinenheit, Gefälligkeit, Vorlieben und vor allem gegenseitiges Zuschieben von Aufträgen, Geldern, kurz: Macht – auch wenn man sie angesichts der „Bedeutung“ von Literatur wie die Bedeutung selbst in Häkchen schreiben müßte; sie bestimmt aber Existenzen, weshalb die Häkchen dann wohl d o c h nicht am Platz wären.
„Ich könnte so nicht leben wie Sie, ich habe mir als junger Mann vorgenommen, immer für mich selbst sorgen zu können, deshalb hatte ich meinen B e r u f, um unabhängig zu sein. Aber ich bewundere die Konsequenz, mit der Sie Ihre Arbeit vorantreiben, ohne sich von der Ökonomie in irgend einer Weise davon abbringen zu lassen. Wie gesagt, ich könnte das nicht, aber ich finde es faszinierend, wie Sie das durchhalten.“ Daraufhin erzählte ich ihm, daß ich mir das genau so vorgenommen hatte, daß das ein Plan war, den ich mit zwanzig faßte und strikt weiterverfolgte: nämlich mich in eine Lebenssituation hineinzumanövrieren, die es mir ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr ermöglichen sollte, auch nur noch einen einzigen Schritt zur Seite oder gar zurückzutun. Das, in der Tat, h a b e ich geschafft; es ist mittlerweile nichts anderes mehr möglich, also auch nicht, mich korrumpieren zu lassen. Selbst, wenn ich das wollte, selbst, ginge mir die Kraft aus: es gäbe keinen Weg mehr zurück. Und ich sei froh darum. Nur nicht in einer einzigen Hinsicht: wegen meines Jungen nämlich nicht. Alle meine Frauen und Freunde konnten und können immer wissen, auf wen sie sich eingelassen haben und einlassen; sie h a b e n das mitzutragen. Aber das ist ihr Entscheid. Bei einem Kind ist das anders. Wegen Dir, mein Sohn, h a b e ich manchmal ein schlechtes, sehr schlechtes Gewissen – daß ich Dir finanziell die Sicherheit nicht geben kann, die ich gerne gäbe. Wegen allem anderen habe ich das schlechte Gewissen n i c h t, weder, wenn ein Gerichtsvollzieher auftaucht, noch, wenn man mich mit Rechnungen, Drohungen usw. überzieht, noch, wenn ich Freunde anpumpe.
So erklärte ich es ihm.
Wir sprachen weiter über Übersetzungen, Übersetzungsprobleme, über meine Poetik und die Poetiken anderer Dichter, über Gegenwartsliteratur und was es bedeute, dieses Gegenwart. Nun fliegt er heute nachmittag nach Paris zurück, den Notizblock beschrieben, und übersetzt DIE NIEDERTRACHT DER MUSIK weiter. „Wir haben gute Chancen“, sagt er. Ich nenne den Verlag – weshalb?: siehe oben – aber nicht. „Sie sondern aus, über was sie keine Gewalt kriegen können.“

Und jetzt…. – : geh ich endlich wieder an mein Cello!!!

10 thoughts on “Arbeitsjournal. Dienstag, der 28. April 2009.

  1. der hype allein schreibt keine bestseller. daniela seel verfasst sicher keine bettelbriefe, sie stellt, sagen wir so, den kapitalismus angesichts sterbender kultureller diversität infrage. wer bettelt erbringt keine unmittelbare gegenleistung für den angebettelten, aber diese leistung erbringen verlag wie autoren. wenngleich das betteln damit nicht diskreditiert sein soll, es stellt ja auch etwas auf die probe, ohne dass liebe zb gar nicht wäre: selbstlosigkeit.

    der sogenannte erweiterte selbstmord, von dem sie schreiben, ist eine gruselige angelegenheit. ich spielte lange bei einer nachbarsfamilie, deren tochter und zwei kinder, zwei und drei jahre alt, von ihrem mann erstochen wurden im schlaf, der mann selbst wurde verwirrt und im schlafanzug auf der straße aufgegriffen, es hieß, er wollte auch sich töten. er ist chemiker und hatte böse visionen, er wollte alle bewahren, hieß es.
    angesichts dessen, lässt sich die schwer erstrittene realität der wünsche, träume, des rein gedachten, wohl nicht leugnen. es ist nur die selbe röhre, für die utopien und visionen vom besseren leben ebenso.

    als christian klar davon sprach, dass die sprache zwangsläufig abstrakt sein müsse, wenn sie sich auf utopien beziehe, habe ich gedacht, sie hätte eben am anderen ende des denkens nicht in konkrete handlungen überführt werden dürfen, nicht auf diese weise, im elften haus des feuerbach.
    die philosophen haben die welt nämlich erschaffen, in der veränderung überhaupt erst möglich wird.
    ehrlich gesagt bin ich sehr gespannt, ob und wie sich ein christian klar nochmal zu wort melden wird.
    und ich bin gespannt auf ihren christian filips!
    kind of christian invasion nowadays…

    1. @diadorim. “sie stellt, sagen wir so, den kapitalismus angesichts sterbender kultureller diversität infrage.” Den kann man nicht erst sterbender Diversitäten halber infrage stellen, weil ihm Diversität an sich widerstrebt: er will die Äquivalenzform, es muß die vollkommene Tauschbarkeit herrschen, das genau sind ja sein Telos und sein Beweger. Das Schaurige ist, das Huxley letztlich recht behält, eben nicht Orwell, auf dessen Vision in Form einer Warnung die kapitalistische Realität nur dann immer zurückgreift, wenn sich dem Äquivalenten etwas in den Weg stellt – dann aber deftig. Wobei die Feingriffe des Kapitalismus darin bestehen, daß schließlich alle das Äquivalente auch w o l l e n und es als eine Befreiung, ja als Selbstverwirklichung erleben, etwa, Pardon, im Pop. “Nur das Schwierige ist wahr”, hat dagegen der große Lezama Lima geschrieben (ich improvisiere).

      Wegen meiner Mordsfantasie heute morgen: Plötzlich wird einem klar, wie und wie schnell es zu so etwas kommen kann; d a ß mir das klarwurde, ist das “Gute” daran: es ermöglicht, darüber zu schreiben, es zu erzählen.

      Zu Filips: Ich tüte eine CD ein; selbst wenn der WDR das Stück übers Netz senden sollte, schnüren die’s auf ein so enges MP3-Format, daß kein Klangraum entstehen kann. “Im elften Haus des Feuerbach”s klau ich Ihnen; hier liegt seit zweieinhalb Jahrzehnten ein Roman herum, der “Destrudo” heißt, er entstand als Ausfluß meines Erlebens der RAF, ich war da ja Junge… die Zeit hat mich so geprägt, daß in nahezu jedem meiner Romane Terroristen vorkommen. An “Destrudo” will ich gehen, wenn Anderswelt abgeschlossen sein wird, und Das Elfte Haus des Feuerbachs werde ich nun den Zweiten Teil des Romanes nennen. Grazie, cara diadorima.

    2. bei ihrer formulierten ablehnung des pop lernt man ihn manchmal erst zu schätzen, nämlich da, wo er sich gegen sich selber wendet, oder gegen das, was sich von ihm tauschen lässt, und ohne das er nicht wäre: http://www.youtube.com/watch?v=laoq1eeIUxQ
      dafür kann man ihn lieben, gerade weil er nicht schwierig ist. oder, anders, ich kann einen text von findeiss nicht wiederfinden hier, an den ich mich erinnere, eine art lob der anpassung. dabei fällt mir ein, eine funktion hier wäre schön, wo man gezielt die beiträger anklicken könnte und dann nur die beiträge von ihnen sich anschauen, das erleichterte die suche, wenn man nicht ein schlagwort erinnern kann, sondern nur, wie ich in diesem fall, dass es ein text von findeiss war.

      das elfte haus des feuerbach dürfen sie gerne verwenden, aber ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob es ein wirklich guter titel wäre, ich fänd ihn wahrscheinlich eher blöd. weil das mit feuerbach ist ja nur so ein viertelwissen eigentlich, und solche anspielungen sollte ich auch eigentlich lassen und fall immer wieder drauf rein, weil man schnell mal was klar machen will, von dem man ausgeht, andere wissen natürlich, worauf man sich da bezieht und man kann sich dann die ausführung sparen, das aber ist ja nun das ding dabei, dass gute kunst sich eben nicht so schnell auf was einigt, und sich nichts spart, und so ein kommentar ist ja auch keine kunst. andererseits freut es mich natürlich, dass ihnen das gefällt.
      m sagt immer, ich könne kein lob annehmen, ich sage immer, doch, kann ich wohl, er lobe nur so selten, oder so verhalten, dass ichs gar nicht merke, er sagt, das stimme nicht, ich sage, vielleicht hast du recht, aber lob hat ja auch manchmal so was von nicht lob, so etwas von didaktik, wo man sich dann vorkommt wie ein schulkind, und weil man sich so nicht vorkommen will und denkt, man sei ja schon gross, was man ja doch nicht ist, und wofür man sich ja auch eigentlich noch am liebsten hat, wiegelt man das dann halt ab.
      ich find mich selber so was von zum kotzen, wenn ich so bin. weil, wer ist man denn, dass man sich ständig um sich selber bewegt, sie arbeiten wenigstens, ich denk manchmal, ich muss so viel energie aufbringen, diesen ganzen selbstbezugswahnsinn aus meinen büchern zu halten, dass es kein wunder ist, dass die nicht wirklich umfangreich werden. können alle nur froh drum sein, aber man kauft ja keine bücher, weil etwas nicht in ihnen drin ist, darum haben sie kookbooks noch nicht aus der misere geholfen. ich wünsch mir einen button: autorin hielt sich ganz aus dem buch heraus.

    3. Oh…sie sagen, diadorim, man kauft sich keine Bücher um dessen, was nicht in ihnen steht.. oh doch oh doch.. das eben ist es ja, es gibt wunderbare
      Werke, in denen so gut wie nichts steht, aber alles in dem Leser, wenn er sie liest, sie haben eine gute Einstellung, kann ich sie nur drin bestärken, falls sie son bissel was schreiben, schauen sie, dass ganz wenig darin steht..Thomas Mann sagte ja nicht zu Unrecht, ein Schriftsteller, oder war es ein Dichter, ist jemand, dem es ganz besonders schwer fällt, etwas zu schreiben…
      da lag er richtig, der Rest ist Umweltverschutzung.

    4. @diadorim zum Pop. Oh, ich habe nie gesagt oder geschrieben, es ließe sich nicht einiges daraus auch gewinnen. Ich käme gar nicht auf die Idee, Pop verschwinden lassen zu wollen, im Gegenteil: >>>> Ein alter, leider verstorbener Freund ging in seiner E-Musik-Liebe so, daß er das Frankfurtmainer Café opus 111, das er nach seinem Studium als Kunstcafé gründete, unentwegt mit klassischer und auch Neuer Musik beschallte. Das führte dazu, daß ich manche Musiken, selbst Schönberg, jahrelang nicht mehr hören konnte, einfach, weil das Beste und Edelste, das unsere Musikgeschichte kennt, stunden- um stundenlang dort abgenudelt wurde. Es wäre besser gewesen, er hätte wie alle Pop spielen lassen: für sowas ist der ja da: Untermalung, Illustration, weißes Rauschen, Ablenkung usw. Auch: Verschleierung. Beruhigung. Oder für den Gruppengeist, den man besser Corpsgeist nennte.
      Feuerbach wäre als Zwischentitel insofern gut und auch sofort nachvollziehbar, weil sich das auf Marx bezöge, der sich wiederum., bekanntlich, auf Feuerbach bezieht.
      Übrigens spricht selbst Adorno bei einiger Unterhaltungsmusik vom “Bodensatz der guten Musik”.

    5. Sie haben’s gehört, Diadorim Der Pop ist der Bodensatz.
      Äussern sie sich dazu.
      Un sie, Herbst:ein wenig jenseits der Gepflogenheit vermittelt scheint mir hier ein Hineinschneien ihrerseits in ein Gepräch, dass ein Herr mit einer Dame zu führen beabsichtigte. Gerade als Diadorim mir antworten wollte, kommen sie mit ihren Zeilen dazwischen – darf ich sagen: getennis-schuht – um hier einen durchaus…vielleicht sehr interessanten Dialog in eine Richtung hineinzuberichtigen, von der ich geglaubt hatte, dass sie schon vor längerer Zeit durch die Abflugtafeln gelaufen war.
      U oder E, Pop oder nicht Pop…die Sache sagt ja nichts darüber, wie sie dieses mögen müssen oder jenes, oder welche schwächergestromten Äusserungen auch immer der Nichtdenker Adorno hierhin abfließen ließ. Gerade Adorno selbst scheint mir da nun auch ein Bodensatz des guten Denken zu sein.
      Bedenklich aber zieht sich da durch ihr Gemüt ein Balken.
      Wer solche Abgrenzungen vornimmt, der grenzt auch gerne schnell auch sonst schnell ab. Dies muss ihnen einer schreiben, der ein sehr offener und nach allen Seiten hin toleranter Mensch ist.
      Sie müssten doch wissen, dass es geschichtlich betrachtet ganz andersherum sich darstellt. Die “gute” Musik ist der Bodensatz des Pop.

    6. pop ist noch für so viel mehr da:
      http://www.youtube.com/watch?v=-QusYKDUEes
      romulo froes, noch ein nahezu unbekannter ausserhalb sao paulos, nach seiner zweiten doppel-cd wird sich das sehr rasch ändern, nehme ich an, weil sich gegen diese musik eben auch etwas tauschen lässt, was alle umtreibt, ohne dass man darin schon eine gruppe bildete, noch eine gruppe irgendwie ein gefühl von vergeblichkeit zb, die sache selbst also, aushaltbarer machte.
      und romulo froes kann man komplett im internet runterladen, umsonst, weil er sagt, dann kommen die leute zu den konzerten, die cd habe ich mir trotzdem gekauft.

    7. @diadorim zu Romulo Froes. Mit einem Lächeln: Wir sollten uns vielleicht einmal darüber verständigen, was wir meinen, wenn wir von “Pop” sprechen. Dieses Stück hier ist jedenfalls ganz sicher weniger Pop als Mozarts Kleine Nachtmusik. Froes spielt mit jazzgekühlten Harmonien, nicht ohne improvisatorischen Anklang, die Sängerin singt Halbtöne, es gibt keinen für den Pop so typischen laut und für jeden Dussel merklich durchlaufenden Beat usw.; es gibt Anklänge an das, was in den Dreißigern mal “Barmusik” war und und und. Ein schönes Stück, mit etwas gutturalem, wahrscheinlich schwarzem Folk. Pop, diadorim, ist d a s aber nicht.

      Zu HölderLines Unfug mag ich gar nichts mehr sagen, der Bursche diskreditiert sich selbst zu Genüge.

    8. was weiss denn ich, wer hölderline ist. ich bin kein grosser thomas mann freund, aber man kann hier schon denken, darf ich das jetzt gut finden, oder ist es dem anh zu pop, weil, so ist das nun mal, wenn man sich mal beschnuppert und irgendwie für gut befunden hat, da will man natürlich auch nicht wieder vor die tür gesetzt werden, und mein glück ist ja ohnehin immer dies, dass ich an leuten gefallen finde, die mir sagen, entweder du bist teil der ösung oder du bist teil der schnürung, dazwischen gibt es nuescht. ich denke dann zwar immer, doch, gibt es, lasche oder klettverschluss, aber, während ich also über meine füsse dabei falle, regeln solche werten bekannten dann mal eben schnell noch die letzten 2000 jahre philosophie, rumi und die weltwirtschaftskrise und wissen ganz genau, wo man sich da aufzustellen hat. und ich zitter da wie auf der bank beim schulbasketball, ob ich wohl als kleinste in irgendeine mannschaft gewählt werde, und meistens waren die mitschüler gnädig, und ließen mich nicht bis ganz zum schluss auf der bank sitzen. meine mitschülerinnen aber waren völlig mitleidlos und gewinnorientiert, was mich immerhin dazu anspornte, körbe von ganz weit hinten werfen zu lernen. so braucht man scheinbar immer irgendwie beide.

      die beobachtungen zu froes sind sehr schön. ja, barmusik, nur dass bars mit solcher musik kaum noch zu finden sind, die baretto bar ab eins, aber da ist es teuer und die klientel ist seltsam, wie sie es häufig ist, wenn etwas exklusivität verspricht.
      http://saopaulo.unlike.net/locations/304223-Baretto

    9. Aber Amanda Lear zum Beispiel ist doch eine absolut singuläre Erscheinung, Herbst, dagegen sind doch die späten Klaviersonaten vonn Beethooven Massenware

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