Freitag, der 29. April 2016. Arbeitsjournal.


[Arbeitswohnung, 10.54 Uhr
Jan Lundgren, >>>> The Ystad Concert]

Fünfter Tag der >>>> Traumschiffs Lesereihe im WDR, abermals um 14.45 Uhr.

Ein großes Privileg: daß ich neue Musiken schon hören darf, bevor sie offiziell erschienen sind:



Nach meiner Ende November letzten Jahres in der FAZ erschienenen Kritik zu Leszek Możdżer und Freunden (ich werde sie in den nächsten Tagen hier in Der Dschungel einstellen) hat mir >>>> Act gleich drei neue Jazzplatten geschickt, von denen ich The Ystad Concert nun schon zum zweiten Mal höre. Die Musik dieser CD wird Stück für Stück intensiver. Wegen Anoushka Shankar mußte ich mein Lauschen gestern unterbrechen

und habe seit heute früh um sechs die Kritik zu ihrer neuen Platte geschrieben, sie auch fertigbekommen und >>>> dort eingestellt. Darüber wird die Künstlerin nicht glücklich sein
oder
na, es wird ihr egal sein, wenn ich pupse.
Mir ist Musik nicht egal. Ich fordere von ihr wie von mir, und erwarte.

So steht man ästhetisch (fast) allein. Denn wiederum ist den Leuten nicht wirklich übelzunehmen, wenn sie hören und spielen, wie sie geprägt worden sind. Es ist für sie ja Heimat, wenigstens Herkunft, und um die Dinge hat sich ein Hof gelegt, der mehr und weiter ist, als sie tatsächlich sind. Immer unterschätze ich dies und mißschätz es, weil meine eigenen (Jugend-)Erfahrungen denen anderer völlig entgegengesetzt waren. Unterliege also meinen eigenen Prägungen. Das nimmt sich nichts.

Gut, wenn Divertimenti (also „Entertainment“), dann so, wie Lundgren sie grad spielt.

Es wird, scheint‘s, eine Zeit der Musikkritiken werden; jetzt liegen hier schon v i e r neue CDs, nein fünf, und meine Aufträge verschieben sich zunehmend auf Jazz und Mischformen; die sogenannte Klassik, um von der Oper zu schweigen, tritt seltsam zurück. Liegt aber durchaus an mir selbst. Denn >>>> der Bürgerpop geht mir genauso auf die Nerven wie der Mainstream.

Ein Pane Vallemaggia backt („bäckt“) im Ofen. Um kurz vor sechs habe ich den Teigling aus dem Kühlschrank geholt, ein letztes Mal gefaltet, dann sich akklimatisieren und bei Zimmertemperatur in der >>>> Stückgare letztgehen lassen.

Seit gestern höre ich nun nach 22 Uhr nur noch mit Kopfhörern; es gab mehrmals teils wütend klopfende Beschwerden. Das ist neu. Ich lebe seit zweiundzwanzig Jahren hier und habe mich nie anders verhalten als jetzt. Die Mieterstruktur hat sich auf dem gesamten Prenzlauer Berg maßgeblich verändert; daß auch ich es zu spüren bekomme, ist kein Wunder. So bekamen es die Künstler im Village zu spüren, in Soho, um den Montmartre und am Montparnasse, wo man heutzutage nicht mal mehr essen gehen kann, ohne arm zu werden. Usw. Die Mieten steigen, weil neugebaute Luxuswohnungen den Mietpreisspiegel heben. Zugleich spiegelt sich die Abfolge der Generationen: war die vorige aufsässig und, sagen wir, regellos, wird die nächste, mindestens übernächste fast restlos verbürgerlicht sein. Das hat in seiner Determiniertheit etwas ziemlich Ernüchterndes. Andererseits kenne ich ja Bruno Lampes Klage seinerseits >>>> über zu vielen, für ihn, Lärm

und also: – Kopfhörer. Warum auch nicht?

Was n o c h ansteht? Die Gedichte, wie täglich. (Die Idee eines neuen Bandes in diesem Herbst geb ich aber langsam auf.) Den >>>> Friedrich weiterlesen. Nachmittags mit लक्ष्मी das alte Fahrrad unsres Sohnes aus Zeiten, da er noch klein war, nun für den Zwillingsbuben zur Werkstatt bringen. Auf Geld warten, damit die Miete bezahlt werden kann. Nix Neues unter der Sonne, die grad ein bißchen zu scheinen versucht, zaghaft, weil von den drei Grad minus zu Ende April nicht weniger traumatisiert als ich. Außerdem scheint es von Dreimännerfaustsgröße eine Grille im zweiten Hinterhof zu geben. Wortstellungen in Sätzen ausprobieren, laut lesen, um den Rhythmus zu testen, Wörter an andere Stellen verschieben, abermals die Sätze laut lesen. Bis es organisch die richtigen Stellen flüssig betont. (Wortumstellungen anstelle zu kursivieren: Handwerk, Tippwerk, Maulwerk).
ANH

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