Generationenkampf.

Eines ist klar: Auf keinen Fall vor der Mutter sterben. Diesen Triumph gönnt man ihr nicht.

[Lawrence of Arabia: „Wer Leben gibt, darf es auch nehmen.” – Nein! S i e soll erst gehen. Danach darf man selbst es a u c h – beruhigt. Aber die Beerdigung, die will man schon sehen. ]

41 thoughts on “Generationenkampf.

    1. ferromonte kennt ANH’s Bücher. Jedenfalls einige. Er wird glauben, das jeweils nächste – und nächste – usw. – wird ANH h a l t e n. Und vielleicht hat ferromonte damit recht. Tatsächlich war es, so lange ich den Mann kenne, immer so. Ob beim verbotenen Buch (ich hör ihn noch genau: “Nur noch d a s zuende bekommen!”), ob damals, als ich ihn zum ersten Mal traf (1981) und er an der “Verwirrung des Gemüts” schrieb. Großer opernhafter Jammer, nie gestellt, immer gelebt, zugleich aber besessen “der Text! der Text!”

    2. “opernhaft” – das trifft’s. denkt man noch an die doppelbedeutung von “lirica” im italienischen (Lyrik & Oper), spannt sich der bogen zur aufforderung des lauten lesens.

    3. Hätte man nur nicht so sehr das Gefühl. An einer sterbenden Kunstform zu arbeiten, die nur noch dem Ernte verspricht, der pflanzt, was ein Boden gesichert hergibt. Kunstarbeit beduetet aber eigentlich: erstmal zu roden. Daß kaum ein Aas versteht, weshalb man mit der Axt in den Wald rennt, war immer schon so. Doch wenn die Kunstform selbst sich überlebt, hat das etwas so Verzweifeltes, als versuchte man, im sibirischen Winter Palmschößlinge zu setzen.

      (Nein, ich bin gewiß nicht der einzige, der an der F o r m werkt; aber allen, die es tun, mangelt es letztlich an Lesern. Dabei bin i c h letztlich noch süffig.)

    4. scheint aber doch voraussetzung für das entstehen Ihrer texte, und solange ein text entsteht, dürfte das sekundär sein.

      “opernhaft” schien mir (Deters sei dank) deshalb ein schlüsselwort für Ihre texte (einschließlich der hier in den Dschungeln geschriebenen), weil sofort die “Catania”-CD in meinem kopf nachhallte. und dieses adjektiv wird auch im nach-denken der “Sizilischen Reise”, die ich gerade lese, zu einer sehr brauchbaren hypothese, um Ihre texte aus der reinen erzählebene herauszuholen. “opernhaft” sind dort z.b. die szene in der kapuzinergruft (der steinerne gast? “a cenar teco m’invitasti”) und die bootsfahrt bei siracusa (lohengrin?), auch ihre sehr eingehenden, endlos reihenden beschreibungen ähneln einer aufeinanderfolge von tönen und klängen, die sich im gesamteindruck zu einem bild zusammenfügen. als “opernhaft” empfinde ich mittlerweile auch ihre beschreibung von gewalt. beim weiterlesen werde ich mehr darauf achten. fast schafft das so eine art distanz, die dem text nicht nur zuhilfe kommt, sondern ihn sogar noch läutert. gruß an Deters.

    5. Ob mir diese Deters-In(ter)vention gefällt. Ist mir gar nicht so klar. Aber sei’s drum. Das Musikhafte, lieber Parallelie, ist ja eingefangen. Ich hab hierüber (“Ein Wort zur Lektüre-Haltung) eigens darauf hingewiesen. Es bleibt aber zugleich der semantische Zuammenhang bestehen, ist eben nicht n u r Klang. Worauf es mir ankommt, ist aber, den Klang zu einem Motor der Geschichte zu machen; auf diese Weise beginnt sie, Geruch zu entwickeln. Das ist vornehmlich dann wichtig, wenn feste Personen-Konstellationen in den Texten zerschlagen werden, wenn das Ich – im Wortsinn – fragwüdig wird und die Grenzen zwischen Körpern ebenso verschwimmen wie zwischen den Genres. Ich erzähle synkretistisch, bisweilen wie in Traumsegmenten, stelle aber zugleich konkrete Realität dar (“Nullgrund” erfindet ja kaum etwas, fast alles ist ein Zitat aus unserer unmittelbaren Gegenwart: das Grauen sowieso, aber selbst die Harpyien, die aus höchst umsatzstarkem Spielzeug von LEGO synthetisiert sind – aber ernst genommen werden). Damit das alles faßbar bleibt, brauch ich den Klang. Darum auch die oft an Kompositorischem orientierte Struktur; “Skamander”etwa (ARGO, Teil II) ist ein sinfonischer Variationssatz, der wirklich jedes Thema – jedes Erzählmotiv, heißt das – zuende führt. Im “Wolpertinger” gibt es eine Passacaglia, deren durchlaufender Baß Goethes Auerbach ist.
      Einmal abgesehen davon, daß mein Herz mit Musik schlägt.

      Nein, Lohengrin stand nicht Pate, sondern eine eigene Meditation, als ich in Siracusa ins Hafenbecken nach dem fiume Ciane hinüberblickte (den man nicht sehen kann von da aus). Und was die Cappucini anbelangt: Prestrogiacomo gib es (g a b es, logisch) wirklich. Der Leser kann ihn in der Gruft besuchen. Und grüßen. Er ist leicht zu erkennen, da er auch das beschriebene Schild trägt.

    6. Eine Frage noch Eine schlecht gesungene Oper ist – so grandios ihre Komposition auch sein mag – eine Qual für das hörende Ohr. Trifft dies nicht auch auf das Lesen Ihrer Texte zu? Womit ich nicht sagen will, dass Sie, lieber ANH schlecht lesen (bhüet mi Gott) – aber welche Garantie haben Sie, dass einer Ihrer Leser Ihre Texte nicht mit seiner lauten Stimme zerstört (nein, nicht Ihre Texte, aber diese eine, spezifische Aufführung Ihres Textes)? Ich habe oft erlebt, dass mir die Texte (in der leisen Lektüre) eines Autors gefielen, doch als ich den Autor an einer Lesung erlebte, war der Zauber dahin. Bräuchte ein Lautleser nicht – wie der Opernsänger – eine Ausbildung darin?

      (Das war mehr als eine Frage, dennoch dankbar für eine Antwort oder mehrere auf meine Fragen).

    7. Man soll die Texte ja nicht s c hm e t t e r n. Für uns selbst hingegen singen wir immer richtig. Das kennen Sie sicher: Sie summen für sich eine Melodie, und Ihr Inneres findet es ganz richtig, es trifft die innere Harmonik. Plötzlich kommt einer und sagt: “Um Gotteswillen, hör auf damit, das ist ja grauenhaft.” – Aber selbst, wird anderen vorgetragen, gerät der Leser in den Rhythmus, da er im Sprachklang nicht auf Dissonanz achten muß; die wäre allenfalls rhythmisch. Dies das eine. Das andere: Wenn ich von “Klang” schreibe, meine ich nicht “Wohlklang”. Man kann, was ich meine, recht gut bei Aufnahmen unter Barbirolli hören: wie der immer mitgraunzt. Auch Glenn Gould war dafür berüchtigt. So falsch die jeweils auch singen, es überträgt sich (gerade dadurch?) eine Art glühender Intensität.

      (Ich selbst bereite anderen durch falsches Mitpfeifen Qual, mir selbst aber nicht.)

    8. falsches Mitpfeifen Das wirft eine andere Frage auf, die für mich nicht minder interessant ist: Ich habe festgestellt, dass in Brasilien (bin da aufgewachsen und werde in Kürze wieder hinfliegen) kaum Bücher deutscher Autoren gelesen werden (von Ihnen habe ich keines gefunden, das ins Brasilianische übersetzt worden wäre). Mir scheint, dass sich der Rhythmus des Brasilianischen gegen die deutsche Sprache sperrt, ich selbst reibe mich an letzterer, weil meine Seele mit anderen Klängen aufgewachsen ist und Heimat/Rhythmus ihr etwas anderes bedeutet als das Deutsche.
      Würde man Ihre Texte ins Brasilianische übersetzen, müsste der Rhythmus verändert werden?

    9. Davon gehe ich aus. Ja. Es müßten wahrscheinlich auch semantische Bezüge, ja ganze Sätze – auch inhatlich – verändert werden. Seit meinem Aufenthalt in Tokyo bin ich Übersetzungen gegenüber – vielmehr gegenüber der Übersetzbarkeit – skeptisch. Jedenfalls was Texte anbelangt, die künstlerisch gerarbeitet sind und deren Wörter und Sätze semantische Höfe haben; diese sind ja immer auf mitschwingende Kulturerfahrungen bezogen und werden expressis verbis gar nicht genannt. Es sind gewissermaßen Resonanzsaiten, die mitklingen, aber nicht direkt bespielt werden. Ich glaube deshalb, daß es bei Übersetzungen literarischer Werke immer ‘nur’ um Nachdichtung gehen kann, die schließlich, gelingt sie, eine e i g e n e Dichtung ist. Mit meinem französischen Übersetzer Raymond Prunier hab ich das, glaub ich, ein paarmal kurz in Emails diskutiert.

      Allerdings glaube ich (als jemand, den südamerikanische Literatur sehr geprägt hat), daß die semantischen Höfe Europas und etwa Kubas (denken Sie an Lezama Lima) einander näher sind als diejenigen Europas und der USA. Das wird sich möglicherweise in einer leichteren Transposition des Rhythmus niederschlagen. Aber es ist wirklich nur eine Idee.

    10. Mir fehlt… gegenüber meinem Mutterland (mein Vaterland ist die Schweiz) die notwendige Distanz, um beurteilen zu können, wie nah sich die semantischen Höfe des Brasilianischen und des Deutschen sind. (Brasilianisch “lebe” ich, Deutsch “denke” ich.) Aber ich gehe mit Ihnen völlig einig darin, dass Übersetzungen literarischer Werke Nachdichtungen sein müssen und demzufolge der Übersetzer sich vom Werk des Dichters emanzipieren muss. Es wäre eine spannende Übung, sich einen Ihrer Texte vorzunehmen und zu “brasilianisieren”.

    11. Das würde mich sehr interessieren … da ich mir nur schwer vorstellen kann, wie dies möglich wäre, ohne das eigentliche Werk zu “verlieren”.
      (allerdings habe ich auch noch keine “Übersetzungen” der Bücher von ANH im Vergleich zum Original gelesen)

    12. @ Hediger: Nur zu! @ Desideria: Lasoeur könnte das mit dem New-York-Buch tun. Jedenfalls war es für Prunier, schrieb er mir, keine leichte Übung. Er hatte den Antrag des französischen Verlages sogar anfangs ablehnen wollen, als er den Text sah. Das darf ich sicher erzählen, ohne daß er mir böse ist (er liest Die Dschungel, schrieb er, mit).
      Tatsächlich werden die Probleme bei einer s o l c h e n Konzeption enorme sein. Nicht für die kleineren Erzählungen, aber beim Hinübergleiten von Erzählebene zu Erzählebene, gerade indem das nach muskalischem ‘Muster’ geschieht. Die reine Faktizität einer ‘normalen’ Erzählung ist sicher i m m e r übersetzbar, also die story, der Plot. Der ist aber in meiner Konzeption eher zweitrangig…. also kompositorisch zweitrangig. Als Geschichte muß er s c h o n funktionieren, schließlich bin ich Erzähler.
      Es kann aber auch sein, daß aufgrund des allgemeinen Charakters, den unterdessen der Computer im Alltag hat, sich vieles wiederum ganz tänzerisch übermitteln läßt, da man im Surfen gewissermaßen einen kleinsten gemeinsamen Nenner findet. Eben der (und das Surfen) werden in meiner Erzählhaltung konsequent poetisiert; jedenfalls in der Romanreihe Verwirrung-Wolpertinger-Anderswelt.

    13. “@ Hediger: Nur zu”??? Vorausgesetzt, ich würde mich auf dieses Abenteuer einlassen, dann nur unter der Voraussetzung, dass ich Ihren Text als Gebärmutter sähe. Und als Einstieg würde ich sicherlich eine kleinere Erzählung wählen – wie gesagt, es geht hier um eine “Übung”…
      Wünschenswert wäre jedoch ein Text, in dem das Hinübergleiten von Erzählebene zu Erzählebene vollzogen wird – ansonsten würde die Übung ihren Zweck verfehlen. Vorschläge?
      (Please try me – nicht im Sinne von “mich ausprobieren” sondern von “mich in Versuchung führen”)

    14. Daß ein Weblog so etwas bringen kann! Toll.
      Also: In meiner im Februar erscheinenden Erzählsammlung “Die Niedertracht der Musik” gibt es zwei Texte, die damit auf je unterschiedliche Weise operieren: die ziemlich ästhetizistische “Kette” und die eher sinnlich-pralle “Isabella Maria Vergana”, die zu einem Teil in Linz, zum anderen aber in Südamerika, in Venezuela, spielt. Ich schicke Ihnen aber auch gern die lektorierte Fassung des Typoskripts insgesamt, so daß Sie selbst wählen könnten. Oder halt die beiden Erzählungen gesondert. Ich kann mir vorstellen, daß Sie besonders die “Vergana” reizen wird – sozusagen als Brasilianer betrachtet. Wenn Sie mir Ihre Email-Adesse übermitteln, gehen die Dinger heut abend raus; vorher schaff ich es nicht; siehe DTs.

    15. Ach ja, die Verführung… Bis auf ein paar kleine Narben links an der Brust, die Verganas Zähne erkennen lassen, sind meine Striemen jetzt verheilt. Das fällt allerdings unter der Behaarung nicht auf. Deshalb habe ich mich mittlerweile beruhigt. Dem ist sogar ein leiser Triumph beigemischt, der etwas Auserwähltes hat. Denn m e i n e Schulter haben die zwei Finger berührt. I c h bin es gewesen, der in den Granatapfel schaute. I c h nahm ihn entgegen. Ich aß von ihm. Und i c h – b e s c h l o ß das Stück.

    16. Vergana in Rio Ja, ja! Bitte schicken Sie mir die Texte. Ich fliege morgen nach Rio und habe eine Menge Zeit im Flugzeug, um mich einzulesen: mhediger@gmx.ch
      Ja nicht vergessen, mir die Texte heute abend zu schicken!
      Das wird eine spannende Sache: Die Konfrontation mit Herbst in einem Land, in dem niemals Herbst ist… (was die Sache wahrscheinlich nicht einfacher macht!)

    17. Ach ja Falls ich nach dem – lauten und sonoren! – Studium Ihrer Texte zum Schluss gelange, dass ich es mit der Übersetzung versuchen will, werde ich in meinem Weblog ein spezifisches Tagebuch anlegen, das den Arbeitsprozess dokumentiert (und dem Weblog über die harmlosen Geschichtchen hinaus, die ich bisher dort hineingehauen habe, eine Existenzberechtigung geben). Falls es Sie interessiert, melde ich mich, wenn’s denn losgeht.

    18. Zuschauer und Zwischenrufe willkommen Desideria, ich werde den Link in den Dschungelkommentaren bekanntgeben, sobald ich die Texte erhalten, gelesen habe.
      Selbstverständlich sind Zuschauer willkommen, noch mehr freuen würde ich mich, wenn Sie, ANH und etwaige andere Interessierte mir bei der Suche nach Lösungen helfen würden.

    19. Geht jetzt g l e i c h raus. Bin noch mal für 1/2 h in der Arbeitswohnung.

      Und was die Hilfestellung anbelangt: Vielleicht kann ich Prunier, der Vergana gerade ins Französiche überträgt, dazu bewegen, ebenfalls mitzutun. Ich schreib ihm gleich ein paar Zeilen.

      Ich werde Katanga ggbf. bitten, direkt einen Link zu Ihrer Übersetzungsseite auf Die Dschungel zu legen.

    20. Ok, ich spare mir das Lob für später auf.

      Die wenigen Sätze, die ich bis jetzt habe lesen können, lassen mich befürchten, dass ich das Licht heute erst sehr spät löschen werde.

    21. mitgraunzen von Gould: ein Durcheinander von Einfällen. Gould setzt die Noten voneinander ab. Er spielt nie gebunden.
      Er will, dass der Hörer die Noten SIEHT, wie sie getrennt auf der Partitur stehen. Vom Ohr ins Auge ist der Weg, den er uns mit zehn Fingern zeigt.
      Indem er summt, erinnert er uns ausserdem an die grossen Gesänge von Bach, die heutzutage nicht mehr hörbar sind (wer glaubt heutzutage wie Bach?); sein Summen ist die Erinnerung an die grosse ehemalige Arie, als Gott auf der Hand (!) lag.
      Er ist ein Übersetzer für unsere “dürftige Zeit”.
      Er imitiert das Cembalo, zu der Zeit als man dieses Instrument wiederentdeckte.
      Die Federn der Vögel, die die Saiten vom Cembalo ertönen liessen, parodiert er mit den Hammern des Klaviers. Er bereitet die Rückkehr der Vögel.
      Sein Mitgraunzen ist gewollt: er lebt weiter, als Glenn, als Sohn des Meisters; er sagt :”mein Papa hatte eine sehr schöne Stimme” !! Oder vielleicht ängstlich :”Mama, hörst du mich?” Oder noch: das Kind singt in der Nacht, um die Gespenster zu verscheuchen.
      Sein Gesang ist der Zement von Bachs Mosaik. Er ist das Beste von der heutigen aufgenommenen Musik.
      Dieses Mitgraunzen beschreibt den Zustand der heutigen Musik. Das Schweigen – kein Wort – ist tief ergreifend. Wir sind zwischen Schweigen und Singen : er stellt uns seine/unsere tiefe Einsamket vor.
      Er raubt uns sogar, was wir tun, wenn wir uns Bach anhören. Wir können nicht mehr mitsingen, er tut es für uns. Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als stillzuschweigen, und unsere Leere zu entdecken.
      Raymond Prunier
      (Das alles hat mit Übersetzen vieles gemeinsam.)

    22. Gould ist (war) nicht der einzige Mitgraunzer. Auch Barbirolli war einer. Und wie! Celebidache ebenfalls. Und denken Sie an das schnaufende Graunzen Rostropovitschs. Im Jazz sind es oft Bassisten, die mit den gesamten Atemorganen spielen, die ihr Spiel doch eigentlich gar nicht braucht. Jarretts Piano-Orgasmen muß ich, denk ich, nicht eigens erwähnen.
      Es ist also, denke ich, nicht nur Bachs auf der Hand liegender Gott. Sondern eine Frage von Lebens-Intensität, die gar nicht merkt, wenn sie ein (bürgerliches/zivilisiertes) Wohlverhalten übertritt. Es ist Dionysos, der seine Hörner zeigt. K u r z nur, er will ja nicht gleich den Saal massakrieren.

    23. Zur Frage der Form noch:
      “Ist das, was da nebenher läuft und nie mehr mit dem Schreibenden zusammenkommt, der Weg, oder ist der Schreibende derjenige, der danebenläuft, ins Abseits? Verschieden ist er noch nicht, aber im Abgeschiedenen ist er immerhin schon. Von dort sieht er diejenigen, die von ihm verschieden sind, voneinander aber auch, in ihrer Vielfalt an, um sie in Einfältigkeit darzustellen, um sie in Form zu bringen, denn die Form ist das Wichtigste, von dort aus also sieht er sie besser. Aber auch das wird ihm angekreidet, also sind das Kreidespuren und nicht Leuchtstoffpartikel, die den Weg des Schreibens markieren? In jedem Fall ist es ein Markieren, das gleichzeitig zeigt und wieder verschleiert und die Spur, die von ihm selbst gelegt wurde, danach sorgfältig wieder verwischt. Man ist gar nicht dagewesen. Aber man weiß trotzdem, was los ist. “

      Elfride Jelinek, vollständiger Text hier: http://nobelprize.org/literature/laureates/2004/jelinek-lecture-g.html

    24. Freilich bleibt die selbstgelegte Spur. In der Form der anderen Sprache erhalten, in die transponiert worden ist. D i e s e Form kann vom “eigentlichen” Autor nicht stammen. Und der sagen wir italienische Text, der aus einer deutschsprachigen Dichtung entsteht, i s t nicht der deutschsprachige Text. Da nutzt alles Verwischen nix.

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