Zum Tagebuch. Selbstreflektion. Kleine Theorie des Literarischen Bloggens (29).

Indem sich das Privatestes erzählt, wird Privatheit eine Geschichte, etwa an die Arbeitsstörung durch massives Chatten zu denken, die in den Ablauf wie Wellentäler hineindrückt und den Gedanken Plastizität verleiht, Erdung. Das ist zu Anfang zu meiden, aber drängt sich später vor, kommentarlos zwar, doch selbst die Reflektionen kommentierend, ein Einfall Lichts aus der „wirklichen Welt“, der diese entwirklicht und ihre reale Präsenz in die Texte hineinstrahlt; gleichsam schenkt ihnen das erzählte Private ihr Leben. Zumal sich – sofern gut formuliert – das Private literarisiert; für irgend einen Leser wird man zur Figur, das festzuhalten ist wichtig – und zwar wird man es ganz ebenso, wie der Dschungelleser Brem wiederum für mich und also den Roman Figur geworden ist. War nun aber anfangs das sich öffnende Private unter „Tagebuch“ befaßt und lief außerhalb des Haupttextes („main“) nebenher, so beginnt es sich nun seinerseits mit der ersten Seite zu verbinden. Und es wurde nötig, aus dem Entferntesten, nämlich ARGO, einen Link mitten ins Privateste, das Tagebuch, zu legen, weil nunmehr eines ins andere strömt. Es braucht dafür ein Amalgam, gewiß; im Falle Der Dschungel ist es Musik. Aber auch der pure Gedanke könnte Ähnliches leisten – oder ein Bild, eine Telefonnummer vielleicht, die nach „draußen“ verweist.
Nun ist das Private zu unterscheiden vom privaten Geplauder, das sich gegenseitig die Hände unters nachrichtenartig Geschriebene hält. In Den Dschungeln hält das Private die Hand unter den Text, der die seine unters Private hält, das ist insgesamt ein homogenes Geschehen, etwas, das kaum von außen kommt oder, falls doch, von außen die Fragestellung mitdiskutiert, sich also dem Text anschmiegt. Das wiederum sind künstlerische, nicht private Zusammenhänge. Das Leid und die Lust des Autors haben im Literarischen Weblog zwar nicht, wie ich erst annahm, nichts, aber nur insofern etwas zu suchen, als sie zur Innenwelt des Lesers sprechen wie irgend ein gelungener Romantext oder aber, indem sie den Haupttexten eine Emphase verleihen, die Grundbewegung ihres Entstehens ist.

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