Arbeitsjournal. Donnerstag, der 9. November 2006.

7.10 Uhr:
[Villa Concordia Bamberg.]
Funktioniert grad wirklich nicht, früh aufzustehen. Nach dem Gespräch mit >>>> G., das sehr freundlich war, auch einiges klärte, aber wegen der von mir gewollten Edition der >>>> Bamberger Elegien noch kein – jedenfalls konkretes – Ergebnis gebracht hat, saß ich dann noch drüben im Ebracher Hof, dem anderen Haus der Villa Concordia, bei den Kollegen, die untereinander ein Essen gegeben hatten. Aber ich trank nur ein Bier, alles sah auf zwei Computerbildschirme, über die ein (derselbe) Film lief; das war mir wenig interessant, außerdem war ich von der Sauna nachmittags ziemlich müde. Die übrigens guttat, sehr gut, mein Körper lebte ganz auf, ich bekam Lust auf Bewegung, auf Sport, trainierte auch zwischen den Saunagängen ein wenig an und hab davon jetzt einen kleinen Muskelkater um den Schultergürtel. Interessanterweise ist mir in der Sauna auch nur die Vorstellung ans Rauchen unangenehm, und raucht dort jemand, etwa im Freibereich, dann wird mir vollkommen eklig, selbst, wenn ich nur Rauchspuren rieche. ‘Nun also’, hab ich mir da gedacht: Dann packst du nächste Woche dein Notizzeug, vielleicht auch den Laptop, besorgst dir drei Tage hintereinander je eine Tageskarte und verbringst die Zeit dort. Nach drei Tagen ohne zu rauchen ist der Entzugsdruck erfahrungsgemäß dann nur noch klein… Vielleicht werd ich das tatsächlich so tun. Und während mein Junge donnerstags sein Fußballtraining hat, werde ich nebenan auf der 400-m-Tartanbahn wieder laufen.
Es regnet draußen, aber ist warm, so daß die Terrassentür offenstehen kann, ohne daß mich fröstelt. Die Wolken hängen überaus schwer, doch als Wolkenballen, gerundete, gut zu erkennen, vom Himmel, in schmutzblauen Grautönen; es ist ein seltsamer Eindruck von Stille, als wäre hier wieder ein Feiertag: auch nur ganz vereinzelt ist gegenüber mal ein Fenster erleuchtet. Für fast halb acht morgens ist das seltsam.
Wenn ich grad >>>> im DTs schrieb, ich sei gestern mit der elften Elegie ‚bis roh TS 3’ vorangekommen, so gibt das übrigens – und erfreulicherweise – ein falsches Bild; tatsächlich blieb ich nur vier Zeilen vor der vierten Seite stehen, da ist also ganz enorm was geflossen, und ich will die Elegie möglichst heute abschließen; vielleicht noch den morgigen Vormittag hinzunehmend; mittags wird’s dann >>>> ins Kloster Aldersbach zur nächsten Lesung abgehen. Wie G. mir gestern erzählte, gibt es sogar ein kleines Honorar; was gut ist, weil ich immer noch nicht die Miete der Kinderwohnung bezahlt habe. Sowieso hagelt es gerade mal wieder Rechnungen; in der Arbeitswohnung will >>>> Vattenfall den Strom abstellen, wenn ich nicht innert zweier Woche nichtbezahlte Rechnungen ausgleiche; wobei mir ganz schleierhaft ist, wieso die so hoch sein können, wenn ich doch in diesem Jahr gar nie dort bin. Na wurscht, auch das krieg ich irgendwie hin.
Und wegen der Pettersson-Requiem-CD-Kopien gab es einen warnenden Mailwechsel, in dessen Folge ich >>>> hier eine entsprechende Nota formulieren mußte. Und wenn Sie, Leser, solche CDs haben möchten, dann bezahlen sie einfach nicht sie selbst, sondern, wenn Sie nach dem Anhören meinen, man müsse meine Arbeit unterstützen, dann überweisen Sie mir halt für meine Spesen und meine weitere Arbeit, was Sie für angemessen halten. Die CDs schick ich bei Interesse in jedem Fall. Keiner kann dann davon sprechen, ich verkaufte etwas, woran ich keine Vermarkungsrechte besitze. („Sie dürfen ja auch keines Ihrer Bücher verkaufen, das ein Verlag publiziert hat“, hieß es in der entsprechenden Mail. Selbstverständlich hinkt dieser Vergleich substantiell, auch wenn er juristisch stimmt. Denn von Verlagen wahrgenommene Rechte w e r d e n ja wahrgenommen, und falls nicht oder nicht mehr, kann man sie unter Fristsetzung kündigen; das heißt, die Bücher sind in jedem Fall d a. Das ist bei einer künstlerischen Rundfunkarbeit anders: sie wird ausgestrahlt und ist weg. Im besten Fall wird sie von einem anderen Sender übernommen oder Jahre später wiederholt. Und ist dann w i e d e r weg. Von da sein läßt sich also nicht sprechen, es sei denn, die Rundfunkanstalten stellten daraus einen Tonträger her, den sie dann auf den Markt brächten. Das ist bei meinen Hörstücken bisher nur in einem Fall so gewesen; da sie aber, unterdessen 24!, ein sehr fester Bestandteil meines Werkes sind, fast eine Säule, m u ß ich darauf achten, sie zugänglich zu halten. Daß das im einzelnen Fall mit urheberrechtlichen Bestimmungen kollidiert, muß ich in bewußtes Risiko nehmen. Das Werk geht vor. Und ich werde alles dafür tun, sein Leben und Weiterleben zu ermöglichen.)

Im Augenblick jagen mich mal wieder Testosteronschübe; es war ganz gut, daß gestern in der Sauna nur wirklich häßliche Menschen herum-, ja, –saßen kann man so wenig sagen wie –gingen, sondern sie schwappten. Mich beruhigte das ziemlich; ich bin ja schon einmal, allerdings vor Jahren, wegen einer Erektion aus der Sauna hinausgeworfen worden (und nicht F r a u e n waren es, die mich beim Saunameister denunzierten). Jedenfalls ist’s gar kein Wunder, daß nun die elfte Elegie grad >>>> d i e s e Richtung genommen hat. (Einen nächsten Auszug stelle ich im Lauf des Tages ein.)

13.42 Uhr:
Die elfte Elegie als Rohling >>>> abgeschlossen; durchgearbeitet bis eben; zwischendurch allerdings die Langlesung des Dolfingers endgültig beschlossen und mit der Leitung des Künstlerhauses terminiert auf den 6. März. Das ist dann genügend Vorlauf, um einen event draus zu machen; evtl. nehmen wir einen ganz anderen Ort in der Stadt, schon, damit geraucht, gegessen und getrunken werden kann. Schließlich wird diese Lesung an die acht Stunden dauern. Ihretwegen auch noch mit Dielmann gebriefwechselt, der übrigens >>>> hier seine Verlagsgeschichte sehr sinnlich erzählt.
Jetzt muß ich eben zwei >>>> Pettersson-CDs auf die Post bringen, danach was essen und dann dringend eine Stunde schlafen. Am Spätnachmittag werd ich den Fluß, in den ich jetzt geraten bin, gleich wieder besteigen und mit der zwölften Elegie anfangen.

3 thoughts on “Arbeitsjournal. Donnerstag, der 9. November 2006.

  1. Testosteron Und wie nennen sich diese Schübe bei Frauen? Da findet ja der Volksmund nur wenig schmeichelhafte Begriffe … Auf den Vollmond kann ich mich jedenfalls nimmer ausreden, allenfalls den Föhn.

    [Dvorak Cello-Konzert]

    1. @ConAlma. Auch “Testosteronschub” ist wenig schmeichelhaft gemeint; damit verspottete mich nicht wenige Male >>>> Else Buschheuer, als wir noch, locker, befreundet waren. Ich hab’s bloß so gehalten, wie etwa christliche Gruppen – oft auch politische Widerständler – es hielten: und wendete den Spottnamen in einen positiv besetzten Identifikationsbegriff. Als solcher mag er nun Germanisten zur Hand sein. Es ist nicht einzusehen, weshalb nicht eine Frau ganz ebenso reagierte. Mir jedenfalls gefiele das. Mit einem Lächeln ausgespielt: Almas östrogene Wallung?

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