Arbeitsjournal. Donnerstag, der 24. Mai 2007.

5.06 Uhr:
[Arbeitswohnung. >>>> Viera Janárčeková, Duo Extatico*.]
Draußen auf der Fahrt vom Terrarium hierher in die Arbeitswohnung war es noch kühl, hier aber s t e h t die Wärme im Raum, was ich, der auch bei Hitze keine Probleme einzuschlafen hat, als angenehm empfinde. Bin pünktlich um 4.30 hoch, jetzt steht bereits der latte macchiato am Schreibtisch, und Neue Musik spielt – dem Morgen angepaßt leise. Ich habe noch >>>> etwas zu beantworten, dann werd ich mich an die Stromboli-Dichtung ff. machen. Eine Art Vision will ich erzählen, in der >>>> die alte Frau, zweifelsfrei eine Parze, mit >>>> der jungen verschmilzt, für die ich wiederum noch etwas >>>> in der Odyssee nachlesen will, weil mir der Gedanke kam, ihr (der jungen Frau) den homerschen Namen für Stromboli zu geben: Äiola. – Erzählhelden, fällt mir dabei auf, haben i m m e r etwas Auserwähltes, ganz einfach, weil i h n e n und nicht anderen das widerfährt, was ihnen widerfährt. Focussiert man sich – notwendigerweise – auf dieses Geschehen, kommt so etwas Auserwähltes dabei heraus, ob nun im negativen („Warum passiert so etwas immer m i r?“ – in d e r Frage schwingt es alltäglich schon mit) oder positiven GeschehensSinn. Beide Frauen sind Demeter-Figuren, K o r e/Demeter – und mich interessiert, ob ich diesen Einfall, der ein Motiv aus der >>>> Sizilischen Reise wiederaufnimmt, an Homer rückbinden kann. Das bezöge sich dann unterschwellig auf ANDERSWELT, weil, anders als seinerzeit Sybille Cramer angenommen hat, n i c h t Homer die Bezugsquelle für das Sizilienbuch war, sondern Thukydides. Das ist seit ANDERSWELT anders. WOLPERTINGER und SIZILIENBUCH waren matriarchal fundiert, ANDERSWELT ist ganz sicher patriarchal focussiert – wobei die „Mütter“ hier durchaus nicht bedeutungslos, aber imgrunde technologisch entmachtet sind: ihrer aller, anders als bei den Männern von der Seele getragenen Aufstände gegen die technisch-entfremdete, zugerichtete Welt scheitern ganz ebenso, wie der hybride Selbstauftrag der „Männer“ scheitert, sich die Erde (eigentlich: „die Natur“) untertan zu machen. Die Systeme sind so ineinander verzahnt, daß, wenn eines fällt, alles andere mitfallen muß.
Guten Morgen.

[*) Ein Tip >>>> Ulrich Holbeins,
mit dem ich zu >>>> THETIS-Zeiten ein wenig
korrespondiert habe und der mir die CD damals
geschickt hat.]

6.34 Uhr:
[Henze, Ode an den Westwind.]
… vergaß noch zu erzählen: schöner Fragedialog mit Prunier wegen der kleinen Ausgabe weiterer Gedichte in Frankreich:
RP
(…) Mein Verleger “La Porte” hat mir die Fahnen von Ihren Gedichten und meinen Übersetzungen geschickt aber ich habe ein kleines Übersetzungsproblem mit dem Gedicht: >>>> „Sanft vergeht der Nachmittag“: im vierten Vers schreiben Sie „Es steht in der Zeit“. Ist „Es“ ein Fürwort für „Wasser“ oder ein unpersönliches Pronomen? (…)
ANH
(…) 3. Zeile “scheint es” = es scheint so zu sein, als wäre
4. Zeile „sondern steht“, also „es“ steht, bezieht sich auf das Wasser in der ersten Zeile
8. Zeile „wisperts von dem, was ich bin“ = wispert „etwas“ von dem, was ich bin; das spielt aber selbstverständlich auf das „es scheint so“ ebenso an wie auf das Wasser selbst. Daß diese drei, grammatisch eigentlich verschiedenen „es“ miteinander verschmilzen, ist eben der Ausdruck eines Flüssigen… (…)

10.21 Uhr:
[Henze, Die Bassariden. Gerade ein zweites Mal.]
Meine Güte, >>>> was eine Oper! Ganz enorme Musik mit manchmal, aber das mag am englischsprachigen Libretto liegen, Anklängen an Britten. Interessanterweise erlaubt sie mir, was ich allezeit tu, vor mich hinzuhexametrisieren. Vielleicht liegt das am antiken Stoff, der bei mir über die Form angerufen wird. Ich arbeite fast wie bei Prosa – immer wieder mit dem Impuls, die Musik mitzudirigieren, manchmal sogar: mitzusingen oder (falsch, wie mir nachgesagt wird) mitzupfeifen. Andererseits ist es ein sehr langsames, bisweilen rechnendes Arbeiten, das sich zumal, übers Netz recherchierend, immer wieder die Details der Beschreibung bestätigen muß. Da liegt alles, wenigstens das Meiste, zuhanden.

12.34 Uhr:
>>>> Ja!

Und nun… der Mittagsschlaf.

17.10 Uhr:
[Bach, Suiten für Cello solo (Yo Yo Ma).]

Schulaufgaben.
Wenn Sohn & Vater gemeinsam arbeiten. Das werden wir nachmittags nun oft so tun.
Heute bei Bach.

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