Paul Reichenbachs Montag, der 20. August 2007. Tonloses Tasten.

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Ach mein Geliebter
Wie süß ist es
hinabzusteigen
und im Teich zu baden
vor deinen Augen
um dir zu zeigen
wie sich mein nasses Leinenkleid
mit der Schönheit meines Körpers vermählt.
Komm schau mich.
(Gedichtinschrift auf einer ägyptischen Statue 1500 vor Christus.)

Das Sichtbare offenbart sich im Verborgenen.
Am Samstag, statt nach Trier zu fahren wie es eigentlich geplant war,
traf ich >>>R. an einem kleinen Waldparkplatz unweit des Frankfurter Flughafens. Sie schien müde und wollte (Ich brauche heute Natur!) lieber in den Wald. Trier läuft uns nicht weg, Marx und die Römer können warten, dachte ich, als wir Hand in Hand, ohne Worte, fast tonlos, 3 Stunden ohne Ziel und Verstand und doch ruhig, durch den Wald gehen. Das Brummen der landungsbereiten Flugzeugmotoren über uns ist das einzige Geräusch, das unser einverständiges Schweigen ab und an unterbricht. Am 26. August fliege ich wieder nach Wilna, sagt sie plötzlich in die rauschenden Bäume hinein und bleibt stehen, eine Spitzmaus huscht raschelnd durch das Laub, hundert Meter entfernt gleitet ein Waldkauz fast lautlos, ungewöhnlich für die Tageszeit, den kühlen sonnigen Weg in Richtung Stadion entlang, um dann 10 Meter vor uns in einer Eichenkrone unsichtbar zu werden. Woher dieser Sinneswandel, ich dachte du suchst Arbeit in Rhein-Main? frage ich, um dann zu ergänzen, dass ich ihre Unbeständigkeit und die Abweichung von ihren Plänen nicht ganz verstehe und nehme sie, wie ein Vater seine Tochter, in die Arme. Und spüre in der Hinwendung und Anlehnung ihre ganze Furcht vor der Fremde. Lass uns irgendwo hin Baden gehen, ich habe meine Sachen mit, oder einen Kaffee gemeinsam trinken, oder, zögerlich kam es aus ihrem Mund, lass uns zu mir fahren. Wenn wir unsre Seelen retten wollen, dann müssen wir unsere Haut riskieren. Nur dann werden wir uns erkennen. Es klingt wie lange geübt, wie einstudiert. Gegen 22.00 Uhr war ich dann wieder zu Haus. Sprachlos, tonlos, sie war noch nicht von ihrer Wanderung aus der Pfalz zurück, betrete ich meine Wohnung und lege mich sofort schlafen. Ohne die Erfahrung der vermischten Körper, diese greifbare Vielfalt des Tastsinns, wüsste ich nicht, dass die Wirklichkeit ihr unstetes Wesen erst in der Liebeskunst zur Ruhe kommen lässt. Und wem beim Lesen dieser Zeilen nur Ovids Ars amatoria einfällt ist und bleibt ein armer Hund, dem niemand und nichts mehr helfen kann. Das Sichtbare offenbart sich im Verborgenen.

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