it must be nice to dissapear, to have a vanishing act…

Vor wenigen Tagen fragte ich meine Mutter, ob Sie jemals ein Tagebuch geführt hat, oder ob sie und mein Vater sich Liebesbriefe geschrieben haben. Sie erzählte mir von den unzähligen Briefen von meinem Vater, die sie alle fortgeschmissen hat: aus der erfahrenen verletzung heraus mußte sie alles hinausschaffen, was noch er war. Heute bereut sie es. SIE gehört also zu d e n Menschen, die Briefe aus Wut und Trauer wegschmeißen können – ich kann das (noch) nicht.
Am nächsten Tag rief sie mich zu einer für sie ungewöhnlichen Tageszeit an: Gestern abend nach unserem Gespräch habe ich die halbe Nacht damit verbracht, in der Kiste mit alten Briefen und Notizen und Fotos zu wühlen. Vor 3 Uhr nachts kam ich nicht in den Schlaf. Ich hatte vergessen, dass ich doch einmal Tagebuch geführt habe und das es noch wenige Briefe und Buchwidmungen deines Vaters gibt, die ich aufbewahrt habe!
Ich kann mich an dem Gedankenbild erfreuen: Wie meine Mutter, die sonst, sehr preußisch-pflichtbewußt, um 22 Uhr zu Bett geht, in eben diesem sitzend bis zum frühen Morgen alte Briefe und Tagebucheintragungen liest.
Das habe ich mit ihr gemacht.
Sie begann von ihrer Mutter zu sprechen und das sie es so schade findet, keine Briefe an oder von ihr zu besitzen; gewisse Fragen nicht gestellt zu haben. Ihre Mutter starb sehr früh an den folgen von Krebs.
Seit diesem Telefonat überlege ich, was ich mein omchen, noch fragen möchte.
Morgen fahre ich zu ihr. Wenn sie einen guten tag hat, wird sie sich an alles erinnern können und wir werden für ein paar stunden gemeinsam in ihren erinnerungen weilen..
Wenn sie einen schlechten Tag hat, wird sie mich nach dem zweiten Glas nicht mehr erkennen und fragen, wo ich herkomme.

Ich will mich daran nicht gewöhnen!

Mit deinen Winteraugen
siehst du mich an
und dein müder Mund
findet keine Worte mehr.

Du verschwindest.
Ich sehe es an deinem Totenkopfgesicht.

Du verschwindest langsam von dieser Welt.
Wirst immer dünner,
vergisst zu essen ( es gibt wichtigeres, sagst du).
Schläfst in rotweingetränkten Nächten
einem neuen Leben entgegen,
in das ich dich nicht begleiten kann.

In den Nächten,
in denen du angefangen hast
zu verschwinden,
wurde dein Atem leiser
und dein Körper unsichtbar.

Zu dieser Zeit habe ich es nicht mehr gewagt
dich anzusehen, weil ich dachte,
ein bloßer Blick von mir
könnte dich auflösen….

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