Arbeitsjournal. Sonnabend, der 21. Juni 2008. Längster Tag.

7.14 Uhr:
[Am Terrarium.]
>>>> Kein Nationalismus vielleicht? Tatsächlich war auch auf der Heimfahrt keinerlei „Türkei! Türkei!“ zu hören, es gab auch so gut wie keine geschwenkten Vaterlandsfahnen, man hört kein „Heil“ auf den Straßen… es gab keinen Nationalismus auf UFs und meinem Weg heim, auch keine Flaschen waren auf der Schönhauser Allee zum Platzen gebracht, damit die Scherben Fahrradreifen zerfetzten… dieses ganze schickgewordene spaßige „Über alles“ hatte einfach aufgehört. Erholsam also, dieses Fußball-Ergebnis.
Jedenfalls kamen wir spät heim, ich hierher, UF taxite in die Arbeitswohnung weiter und fürchtete sich leise schon vor meinem frühen Erscheinen— zu dem es nun nicht kam, weil die Geliebte den fieberkranken Zwillingsbuben allezeit herumgetragen hatte und ich heute morgen dachte, laß sie ausschlafen, ich kümmere mich um die Babies und schreibe halt h i e r. 40,2 hatte der Bub wieder, heute früh, er bekommt zwei fette neue Zähne, jammert ununterbrochen, wenn man ihn nicht zum Schlafen bekommt; während ich dies schreibe, sitzt das Mädel rechts auf meinem Oberschenkel, der Bub links (er jammert, weil er es nie leiden kann, wenn ich tippe, zugleich fällt er erschöpft halb vornüber, will und kann aber nicht schlafen).

>>>> Die Aufführung war so schön, daß ich gleich darüber schreiben will, auch wenn das einen etwas schiefen Geschmack vermitteln könnte, ein Eigeninteresse, da ich doch die Idee habe, dort meine UNDINE uraufführen zu lassen. Doch kann ich, seien Sie sicher, Eigeninteresse und Begeisterung trennen; lehnte man die UNDINE ab, täte das meiner Freude an diesem Shakespeare keinen Abbruch.

9.14 Uhr:
So, meine Kritik ist geschrieben. Ich kam auf den Gedanken, sie noch der Frankfurter Sonntagszeitung anzubieten, und habe Claudius Seidl darum gemailt. Allerdings nicht sehr wahrscheinlich, daß das klappt, weil für morgen heut früh Redaktionsschluß ist und sehr sicher aller Platz voll sein wird. Aber probieren kann man’s ja. Um zehn Uhr werd ich ihn auch noch anrufen; sagt er nein, stell ich die Kritik dann gleich in Die Dschungel.
Jetzt geht ich Brötchen kaufen. Das Zwillingsmädchen singt, mein Junge bekam schon seinen Kakoa, der kranke Zwillingsbub schläft, die Geliebte schläft auch noch, und UF mailte mir aus meiner Arbeitswohnung, er sei bereits seit 5 hoch und kopiere meine Musiksammlung. Ich denk mal, wir werden gegen elf alle zusammen frühstücken. Soweit aus dem Alltagsleben.

13.58 Uhr:
Noch immer Am Terrarium, mit dem Arbeiten wird das heute nichts mehr. Immerhin >>>> die Hexenkessel-Shakespeare-Kritik fertigbekommen, auch wenn Claudius Seidl für die Sonntagszeitung leider abgesagt hat, aber damit hatte ich ja gerechnet. Man habe diese Woche keine Premierenseite, und für das allgemeine Feuilleton sei das Theater zu berlinspezifisch. Nun ja. So bleibt es also bei Der Dschungel.
Lange und gut gefrühstückt, UF ist nun in die Stadt, ich hab jetzt etwas Kinderdienst, und dann fahr ich für zwei Stunden ans Cello hinüber.

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