Arbeitsjournal. Montag, der 30. Juni 2008.

5.22 Uhr:
[Arbeitswohnung. Britten, Cello-Sinfonie (Truls Mǿrk).]
Hier sieht’s noch immer aus wie Sau. Die Depression, die mich vorgestern nacht faßte, hielt gestern, lau als Melancholie, übern Tag bis abends an. Das heißt dann immer, daß ich nichts richtig tun kann, auch nicht aufräumen, putzen – obwohl gerade das immer hilft: Klarheit schaffen, metaphorisch durch Praxis. W a s ging, war, mich ans Cello zu setzen; da bin ich dann bei mir, nein, bei etwas anderem, das mit allem nichts zu tun hat, irgendwie mit der Welt nichts zu tun hat. >>>> Der Vorwurf, miesepetrig zu sein, tat einiges hinzu; miesepetrig ist, wenn einer in seinem Essen herumstochert, aber nicht, wenn er den Kopf schüttelt und das Essen insgesamt wegschiebt.
Egal. Ich muß und will an diese Rezension, die mittags beim WDR liegen muß. Und ich muß und will Ordnung schaffen, weil ich mich nachher nicht schämen will, wenn die Cellolehrerin herkommt. Dann ist mir eben noch, als ich Am Terrarium verließ, der Schlüssel im Schloß der Wohnungstür abgebrochen und die vorderen zwei Drittel sind drin steckengeblieben; da muß gehandelt werden, gleich, nachher, wenn der Junge auf ist und zur Schule muß. Sonst kann da niemand die Wohnung verlassen.
Das Cello: Es bricht etwas durch, das ich früher immer gesagt habe:: Wäre ich Musiker geworden, wäre ich zumindest latent autistisch. Das liegt daran, daß man Musik für sich ganz allein spielen kann, es kommt auf Publikum nicht an; Literatur ist anders, sie kommuniziert i m m e r, und wenn es nur mit einem „inneren Leser“ ist. Musik, selbst ausgeführte, braucht nur den, der sie spielt.

Ich hab hier jetzt eben fast eine Viertelstunde gebracht, bis ich die Britten-Sinfonie, die ich neu als rar-Datei habe, entpacken konnte; dauernd kam irgend eine Fehlermeldung. Es hat aber funktioniert, sie direkt in das Abspielgerät hineinzukopieren.

Also, an die Rezension.

7.38 Uhr:
[Bach, Starker, Fünfte Suite für Cello solo.]
Rezension im Entwurf fertig. Wenn ich erst mal einen Ansatz habe, geht sowas meist sehr schnell von der Hand. Jetzt schaff ich hier mal Ordnung und geh dann ans Cello. Danach korrigiere ich den Entwurf, stell vielleicht noch etwas um und schicke den Text dann, mittags, raus; wie verabredet. Auch noch an Alexander Kluge wegen der Abbildung aus GESCHICHTE & EIGENSINN geschrieben, die der Manutius Verlag für das Buch braucht, das aus meinen Heidelberger Vorlesungen gestaltet wird.

10.39 Uhr:
[Beethoven, op. 132, Michelangeli. Unterm Schreibtisch die Füße im Pflegebad.]
Fertig. Sogar die Küche. Und gut sieht’s aus, nicht nur in dieser Panorama-Verzerrung:Jetzt noch einmal über die Rezension am Laptop, dann ausdrucken, dann Cello üben, dann die Cellolehrerin empfangen, die Stunde nehmen, danach die Rezension auf dem Papier korrigieren, die Korrekturen übertragen und die Datei wegsenden. Dann geht’s in den Nachmittag, aus Termingründen ohne Mittagsschlaf.

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