Noch einmal Pettersson ODER Eine Art Mobbing. Wie Abschied. Dabei bin ich zurück in Berlin. Das Arbeitsjournal des Montags, dem 26. September 2011: Wie man am besten den Malt trinkt, wenn die Sonne untergeht. Doch Wasser dann, und W a s s e r!

6.36 Uhr:
[Arbeitswohnung. Maderna,. Composizione 2 (1950).]
Seit kurz vor sechs Uhr auf, noch mit dem ersten Latte macchiato, weiß ich nicht, ob ich – pragmatisch erwogen – drüber schreiben sollte; wie immer oder meistens, wenn es um taktische Verhaltensfragen geht, tu ich es dennoch. Offenheit und Klarheit, auch gegenüber dem eigenen Empfinden, sind mir wichtiger als manövrierendes Habituieren; man wird, wenn man die Dinge ausspricht, die „Dinge” doch in den seltensten Fällen sind, von Magengeschwüren verschont, bleibt insgesamt körperlich intakt (o über die vielen, deren Rücken schon mit Dreißig schmerzen, weil sich kein Körper gerne neigt auf Dauer, also: keine Seele) – jedenfalls riskiere ich, daß man meinen Pettersson-Text nun gänzlich abschießen wird. Also der Schock kam gestern morgen, nachdem ich allerdings bereits am letzten Wochenende auf ihn vorbereitet wurde, als es ja s c h o n einen gegeben: Meine Geburtstagsnote für Allan Pettersson, die mehr als Note eine in Achtung und mit Leidenschaft formulierte und poetisch durchrhythmisierte Kampfschrift ist, war da schon untern Tisch gefallen in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Dabei wäre sie auf den Punkt gekommen, wir wären die ersten gewesen in einem sehr beachteten Printmedium; sie hätte den Anlaß geben können für eine ganze Reihe erneuerter Beschäftigungen mit diesem großen, einem der größten Komponisten des Zwanzigsten Jahrhunderts; man hätte posthum, also wenigstens seinem Werk gegenüber, Unrecht zurücknehmen können. Aber die Redakteurin war in der Schlußredaktion nicht dabei, >>>> die Kollegen entschieden anders, denen offenbar der Mainstream so viel näher liegt, daß sie meinen, man müsse Konzentrationen von Macht noch ganz besonders füttern, anstelle Widerstand zu nähren; ich halte ihnen freilich zugute, daß sie die Kunst nicht kennen, doch ungern, daß sie sie nicht wollen – egal. Es wäre Neugier angebracht und Nachbildung gewesen, so, wie man von Nachreifen spricht, im analytischen Prozeß. Tatsächlich aber geht’s um pure Ignoranz – und um Besetzung von Machthoheiten. Der, möglicherweise, ist nun abermals der wie in die Hand versprochene Druck des Pettersson-Textes am nächsten Wochenende, dem jetzt gerad verstrichenen, zum Opfer gefallen. Kurz: er war wieder nicht drin in der Zeitung.
Ich hatte es letzte Woche schon geahnt, auch eine skeptische Mail an die Redakteurin geschrieben: Journalisten haben einen Fetisch in der Aktualität; wenn man den „eigentlichen” Termin nicht bedient, ist ein Artikel, zumal eine Geburtstagsnote, in der Woche drauf veraltet. Die Redakteurin aber schrieb zurück, es sei zwar narzißtisch, das verstehe sie, eine Kränkung, nun doch nicht „der erste” gewesen zu sein (wobei ich, wohlgemerkt, nahezu ein Jahr lang immer wieder auf Petterssons Einhundertsten hingewiesen hatte), aber der Text werde auf jeden Fall am kommenden Wochenende erscheinen, und sei’s auf der Schallplattenseite der FAZ, die sie ganz allein bestimme.
So glaubte ich denn, wider meinen Glauben, doch wieder ein wenig.
Soll man nicht tun.
Was der Hintergrund ist, also was tatsächlich geschah, weiß ich noch nicht. Kann sein, daß sich der Vorgang gegen die Redakteurin gerichtet hat, gar nicht so sehr gegen mich und vielleicht auch nicht gegen Pettersson, den man auch gar nicht kennt und halt nicht kennen will, ja auch nicht darf, wenn man dem Mainstream folgen will (sich als der Mainstream selbst fühlt) wie der Öffentlich-rechtliche Rundfunk den Privatsendern folgte, alles zugunsten einer servilen Lust an der Quote und ernster Qualität

[Maderna, „Ausstrahlung” für Frauenstimme, Flöte, Oboe
großes Orchester und Tonband (1971).]
möglichst schmerzhaft vors Schienbein getreten, damit sie nicht mehr sei. In jedem Fall läßt sich sagen, daß der Umgang mit meinem Text die ignorante Struktur schlichtweg wiederholt, die der Betrieb schon gegenüber dem Komponisten repräsentierte. Mit Verflachung läßt es sich hemdsärmeln, bei Qualität steht man stets in der Prüfung: sie „chattet” halt nicht gern, sondern zieht Gespräche vor, die ans innre Eingemachte gehen – damit ist nicht munter durch Karrieren zu joggen. Egal, egal, egal. Jedenfalls stand der Text wieder nicht drin, und es ist mit ihm jetzt viel mehr als nur ein Zeitungsabdruck verloren. Einmal für Petterssons große Musik, zum anderen auch für mich selbst, der ich mit meinen Ankündigungen ziemlich unglaubwürdig werde. Das geht an die Ehre der Person, an die Würde meines Engagements, schon dieses beides schmerzhaft genug, und an die ästhetische Kompetenz. Ich kann nicht umhin, den Vorgang in einer Linie mit dem Umstand zu sehen, daß keines meiner Bücher mehr besprochen worden ist seit 2003, also seit dem >>>> Buchprozeß um MEERE; ausgenommen nur >>>> Martin Halters infame Rezension von 2005, übrigens ebenfalls für die FAZ, worin er mir sämtliche Meisterschaft zuspricht, aber damit schließt, daß mein „pubertärer Narzißmus” sie nur „um so” (!) „unappetitlicher” (!!) mache. Anstelle die Erzählungen-selbst, deren Faktur man für „meisterhaft” hält, auf ihre Themen und die Gründe dieser Themen zu befragen, wird die Person des Autors diffamiert, denn man will die Themen nicht. In der bewußten Ignoranz setzt die Diffamierung sich fort. Im Mainstream ausgedrückt, ließe sich von Mobbing sprechen.

Was zu tun ist? Ich sagte es schon >>>> zu Paulus Böhmers Geburtstag: stur und stolz weitermachen, sich nicht in die Knie zwingen lassen, schon gar nicht zu Kratzfüßen in irgend einer Antichambre. Hätte ich aber vorhergewußt, wie diese ganze Geschichte sich nun wieder entwickeln würde, ich hätte auf das bißchen Honorar geschissen, mit Verlaub, das die FAZ einem zahlt, und wäre mit meiner GeburtstagsHochachtungsNote gleich in Der Dschungel gekommen; da hätten allein die Google-Links einiges wettgemacht, was an der Wirkung durch die FAZ nun sowieso verloren ist. Aber dafür ist es nun gleichfalls zu spät.

: 7.37 Uhr.
Soll ich meine Redakteurin nun anrufen? Oder wäre es, vielmehr, nicht an ihr, sich zu melden und zu erklären? Auch hier wieder: Macht-Konstruktionen, wo es doch eigentlich allein um die Kunst gehen sollte, für die wir unseren Kopf hinhalten. Und uns die Seele verwunden, die wir zugleich in ihr formen.

Immerhin, Morgen wie diese lassen empfinden, wie heilsam sie auch ist, die Kunst. Bruno Madernas Musik mildert in ihrer fließenden Melancholie. Ich habe keine Zeit für Wut, der Aufsatz zur Oper in der Gegenwart muß noch in dieser Woche abgeschlossen und abgegeben werden. Um acht werd ich die Löwin wecken, per Telefon, in Wien, und mich dann an die Arbeit machen. Um halb eins Fußpflege, auch das macht einen immer ruhig, der wie ich ist: gepflegte Hände und Füße. In einem der Texte >>>> der Stipendiat:innen gestern las ich den Satz, und er geht mir nach bis jetzt: Wir (Menschen) schaffen uns eine künstliche Welt, um überleben zu können.
Mit >>>> Ricarda Junge bin ich zurückgefahren, der Zug war irre voll. Der Profi holte mich vom Hauptbahnhof ab, C. war dabei, wir fuhren >>>> in die Bar, um auf die Wiederbegrüßung zu trinken. Um 22.30 Uhr saß ich dann wieder an meinem Schreibtisch, C. und der Profi brachten mich hin. Zuerst hab ich mal ausgepackt, in Stille.

17.16 Uhr:
[Maderna, Ages, Invenzione radiofonica (elektronisch, für Stimmen), 1973.]
Meine Güte, muß ich erschöpft gewesen sein: ich lege mich um halb drei Uhr schlafen und wache erst, trotz des Weckers, um fünf Uhr wieder auf… Davor mehrten sich die Anrufe: wo denn mein Pettersson-Artikel gewesen sei? Man habe die Zeitung gekauft und vergeblich gesucht. – Es hat wenig Sinn, diese Menschen auf Die Dschungel zu verweisen, denn viele, nach wie vor, lehnen das Internet als Lektürequelle ab; es hat auch gar keinen Sinn, da vermitteln zu wollen. Auch einige meiner engen Freunde beharren. Das ist eine Frage des Alters, wobei es nicht um das, oder nur ein wenig, absolute Alter geht, sondern mehr darum, ob, wer rechts der Donau wohnt, auch links der Donau wohnen wollte. Auch erinner ich mich, wie ein, abermals, FAZ-Redakteur, der mir übrigens gewogen, mir vorwarf, ich gehörte zu den Leuten, die seine Zeitung kaputtmachten. Bei Facebook sind sie zugleich aber alle, oder fast alle, und begreifen nicht, daß veränderte Kommodität, je allgemeiner sie wird, unsere Ausdrucksformen verändert, und zwar im Prinzip. (Hierzu wäre eine neue Miszelle der >>>> Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens fällig. Ich habe aber jetzt nicht die Zeit, sie auszuführen, sondern sie kurz skizziert und unter „Entwürfe” zur weiteren Bearbeitung abgelegt).
Espresso. Und Maderna:

[Venetian Journal (1971).}

—- und mein Junge stürmt herein: „Hallo, Paps!” Völlig durchschwitzt, er kommt vom Sporttfest.
„Und dein Cello?”
„Da muß ich jetzt sofort hin…”
„Es ist schon halb sechs durch, da müssen wir Frau T. anrufen…”
„Nein, laß… ich brauch nur zwei Minuten.” Schon ist er wieder fort. Noch in selbem Moment seh ich, daß ich eine Terminanfrage beantworten muß, dringend; dann geht’s wieder an den Operntext.

: 17.36 Uhr.
19.29 Uhr:
[Maderna, Violinkonzert.]
Soeben kam die Aufnahme von Frank Martins „Der Sturm”, gepreßt in diesem frischen Jahr; kleine Karte meiner Redakteurin, wiederum FAZ, dabei, von der, also jener, ich ausgesprochen schätze, daß sie selbst erst einmal hört, was sie in Auftrag gibt. Außerdem liebe ich es, meinen Sundowner, stets einen peated Malt, aus der Espressotasse zu trinken, in der noch ein feiner Rest Kaffees und Zuckers klebt, nachdem ich den nachtschwarzen Koffeinbrüh getrunken; das Täßchen (heute mein aus Santiago di Compostela geklautes) steht meist noch Stunden auf dem Schreibtisch herum – und eben nicht herum, sondern es wartet, auf den Whisky also nämlich.
Ob ich in die Bar möge heute, fragt am Telefon der Profi. Nein, ich müsse mit dem Operntext weiterkommen. – In der Tat knüllt es sich nun schon wieder (oder: immer noch und dazu). Auch Eugen Ruges „In Zeichen des abnehmenden Lichts” kam eben an, von Rowohlt, zu besprechen für den WDR. Was mich auch wieder ärgerte, als der Auftrag kam. Auf den dicksten Haufen scheißen. Das Buch steht auf der Liste für den Buchpreis, da muß man unbedingt einen eignen Senf draufkacken lassen. Egal, wiederum, zum vierten Male heute. Vielleicht ist das Buch ja gut. Man soll Autoren auch für Erfolg nicht schuldig sprechen. Geärgert hat mich nur die Chuzpe, daß, wenn’s mal wieder eng wird, selbstverständlich ich angerufen werde, weil man weiß, der Herbst packt’s immer: abzugeben ist der Text, und muß da auch schon eingesprochen sein, am 6. Oktober. 426 Seiten. Von meinen eigenen Büchern keinen Ton. Als ich nach einer Lesung fragte, als Sendung, kam die Antwort: gibt’s nicht mehr. Ich recherchiere das nun nicht, weil ich mich nicht obendraufärgern möchte: an der Intelligenz beleidigt zu werden, ist so ziemlich das schlimmste; lieber gelte ich für ein Arschloch.
Wunderbar, übrigens, dieses Violinkonzert.

20.24 Uhr:
…. und W a s s e r, plötzlich W a s s e r! Also erst einmal sitz ich am Schreibtisch und denke, was tropft denn da in die Musik? Das gehört doch nicht zur Musik? Ich schalte sie aus. Es tropft weiter. Lebt da was in den Lautsprechern?
Aufstehen, lauschen, zu den Lautsprechern. Nein, die schweigen, gibt ihnen nichts zu tönen die Impulse. Es tropft auch aus dem Flürchen. Ich öffne die Tür und denke, ich sehe nicht richtig: Es regnet. Es regnet in meinen Flur. Da stehen schon Pfützen. Und rechts die Wand läuft’s hinab, wo ein Schacht zu sein scheint.
Sofort eine Etage höher. Da hört man kein Tropfen, da hört man es rauschen, und zwar mit heftigem Druck.Ich klingle, klopfe, niemand öffnet. Was einem dann durch den Kopf geht: Tod unter der Dusche, so in dieser Richtung, Herzschlag, Gehirnschlag… Ich klingle beim Nachbarn.
„Gottseidank hab ich einen Schlüssel!” ruft er, holt ihn und schließt auf. Der Flur steht fast drei Zentimeter unter Wasser, und daß es nicht in den Wohnraum lief, liegt allein an der hohen Schwelle. Da stehen die Instrumente, eine Laute sehe ich, auf dem Ständer, da steht wahrscheinlich auch das Cembalo.
„Was macht man jetzt??”
„Aufwischen. Ich tu das auch bei mir.”
Auch hier die Celli weggeräumt, die in ihren Hüllen aber noch nichts abbekommen haben, ebenso wenig wie das große Akkordeon in seinem Kasten. Aber die Schuhe. Die Rasierer, ein paar Hüte.
Alles ins Arbeitszimmer geräumt und Tücher auf dem Flurboden verteilt. Dabei wollte ich arbeitern.
Schon kommt die Nachbarin, die erste, von unter mir, herauf. Dann die zweite. Dann sogar die Mieterin von ganz ganz unten, aus dem Werbeatelier. Das Wasser scheint den Schacht bis in den Keller hinabgelaufen zu sein, die Tapete bläht sich schon bei mir. Aber auch die Decke, in einem immerhin abbegrenzten Bereich, von wo es herabgeregnet war. Das hat nun aufgehört.
Der Notdienst wird alarmiert. Es hätte schlimmer kommen können, sehr viel schlimmer. Bei mir sind Unterlagen fürs NewYorkBuch naß und etwa fünfhundert Dschungelhefte, die in einem Karton auf noch steigende Kurswerte harrten. Paar Schals noch. Genau weiß ich es nicht, hab auch, arbeitshalber, nicht die Zeit, mich wirklich drum zu kümmern.
Jetzt warte ich drauf, daß sich der Notdienst meldet, um sich die Bescherung anzusehen. Später ziehe ich rüber zu BRSMA, der eine Kleinigkeit kochen will. Aber vor Mitternacht will ich im Bett sein, damit ich morgen vor sechs aus den Federn und an den Schreibtisch komme. „Immer ist was”, sagte meine Großmutter gern, „das den Himmel hält.” Daß Die Dschungel, übrigens, auch >>>> ein Lehrstück zur menschlichen Gemeinheit ist, muß man ihren dauernden Lesern längst nicht mehr sagen. Immerhin ist sie auf diese Weise auch für Soziologen interessant.

[Maderna, Hyperion 1.]

10 thoughts on “Noch einmal Pettersson ODER Eine Art Mobbing. Wie Abschied. Dabei bin ich zurück in Berlin. Das Arbeitsjournal des Montags, dem 26. September 2011: Wie man am besten den Malt trinkt, wenn die Sonne untergeht. Doch Wasser dann, und W a s s e r!

    1. Hey Hollister, ich danke noch nachträglich für die Aufnahme in Ihren Giftgarten mit Melusine, Miss TT, C.G. Jung, Lobsie, Karl May, Goethe aso. Fand das erst vor Kurzem.

    2. Erinnerte mich heute: Letzten September auf dieser Spielwiese herumgewieselt. Da wollte ich mal wieder reinschauen, Seemöwen, vorträglich eine Aufnahme von „Gift Fig“ zu spielen. War dann doch zu beeindruckt.
      Komme grad von meinem Nachtspaziergang auf einer dunklen Landstraße ganz nah der nordkoreanischen Grenze zurück. Witzig war, als ich draussen an einem möglichst schwarzen Ort pinkeln wollte (hatte vorher viel heißen Petersilientee getrunken), gings auf eine opaque Masse, die sich plötzlich zu meinem Schrecken bewegte, worauf ich mit einem camouflierten Soldat ins Gespräch geraten war. Erst dachte ich, da braucht jemand Hilfe, Unfall oder so, (mein Handy in der Jeans) und fand dann gleich gut, dass ich eine Armydesignjacke von Hollister trug. Der Soldier bedeutete mir, dass noch der gesamte Weg voll mit getarnten Soldatenkollegen, des Feindes harrend, im Straßengraben bestückt sei. So wars dann auch, alle mit dunkel verschmierten Gesichtern, echten Waffen etc. Ganz junge Typen im Training schlotternd. Ab & zu – immer nach ein paar hundert Metern – sprach ich welche an und brachte sie zum Lachen. Sie froren natürlich schon. Und manchmal schallte es ganz knapp & uncanny aus dem Wald: „ro!“. Auf dem Weg zurück fiel mir ein, einigen ein paar süsse Kastanien auf die flache Hand anzubieten. Ich hatte so eine Tüte Snacks von „Lotte“ in der Hollisterjacke dabei.

    3. Schöne Geschichte! An vollen Büschelzweigen,
      Geliebte sieh nur hin!
      Lass dir die Früchte zeigen,
      umschalet stachlig grün.

      Auf Kastanien soll man Shiitakepilze züchten können. Das nur nebenbei, wo Sie doch versiert sind mit so manchen Früchten.

    1. @”Schönes”. Ihren Begriff von Gerechtigkeit wüßte ich gerne erklärt: Gerechtigkeit, nämlich, gegenüber wem? Mir? Pettersson? Büning?
      Es ist immer wieder auffällig, wie gerne sich die Gemeinheit auf das Recht der Stärkeren stellt, egal, durch was sie repräsentiert sind. Wir haben in Deutschland genau damit die dunkelste Erfahrung. Insofern finde ich, daß Sie sich schämen sollten – oder zumindest erklären, was Sie meinen, die oder der Sie zumal den Text gar nicht kennen, um den es geht, und wahrscheinlich auch die Musik nicht, für die er eintritt. Sonst wären Sie achtsam.

    2. Was bleibt Keine Ahnung, ob man vom Mobbing dick wird gerechterweise, aber letzte Woche traf im LaubhuetteStudio Böhmers “Teigwaren auf der Terrasse nachts” vom Engstlerverlag ein. Ideal für eine Hörbuchverarbeitung denke ich, was immer draus wird. Aus Kaffeesatz zu lesen, mit Torf & Kanndies nachzuschmecken war auch schön, als “Hale Peat” mit Paulus noch zusammen jazzten um “Pale Heat” im Mousonturmloft, wo der ewige Malt mit Spritzern von Wasser veredelt werden durfte.
      Nach kurzer Rückbesinnung an schöne Momente des ausgehenden letzten Jahrhunderts setze ich mir ein schmackhaftes Gericht von Kastanien & Pilzen auf und blicke 8sam & zufrieden auf das Wunder von Moonsun, einen gelber-Apfel-Baum vor meinem Fenster, der, dieses Jahr vollkommener, Blüten & Früchte zugleich im Herbst trägt.

  1. lesefrucht, mit etwas abstand dem anlasse nachgetragen: „Jenes ungestörte, unschuldige, nachtwandlerische Schaffen, wodurch allein etwas Großes gedeihen kann, ist gar nicht mehr möglich. Unsere jetzigen Talente liegen alle auf dem Präsentierteller der Öffentlichkeit. Die täglich an fünfzig verschiedenen Orten erscheinenden kritischen Blätter und der dadurch im Publikum bewirkte Klatsch, lassen nichts Gesundes aufkommen. Wer sich heutzutage nicht ganz davon zurückhält und sich nicht mit Gewalt isoliert, ist verloren. Es kommt zwar durch das schlechte, größtenteils negative, ästhetisierende und kritisierende Zeitungswesen eine Art Halbkultur in die Massen, allein dem hervorbringenden Talent ist es ein böser Nebel, ein fallendes Gift, das den Baum seiner Schöpfungskraft zerstört vom grünen Schmuck der Blätter bis in das tiefste Mark und die verborgenste Faser.“

    Glücklicher Goethe! Er warnt vor der aufkommenden Literaturkritik noch aus der Sicherheit eines intakten, die eigenen Zusammenhänge begreifenden Kulturbewußtseins. Heute ist das Kulturbewußtsein längst eine Sache des Amüsierbetriebs. Der Großkritiker hat die Medien erobert, und der Schriftsteller kann froh sein, wenn seine Bücher im Fernsehen als Gelegenheit zur Unterhaltung präsentiert werden. Die einflußreiche Literaturkritik ist längst zum Entertainment verkommen, und dem Entertainer sind alle kritischen Maßstäbe lediglich ein Mittel zur Selbstdarstellung.

    Kulturkontinuität hieße hier: Der Großkritiker amüsiert sich und seine Zuschauer auf Kosten des aktuellen Literaturangebots, ansonsten bringt er nichts Neues ein. Und da sein öffentliches und mit Stargagen abgegoltenes Amüsement Selektion bedeutet, steuert er den Käufer, der das Amüsierbegehren des Kritikers zur Konsumtion erhebt.

    Als Schriftsteller sollte man den Rat Goethes beherzigen und sich unumwunden eingestehen: Eine Literatur von Rang kann heute nur schreiben, wer sich vom Einfluß eines solchen Literaturbetriebs radikal freimacht. Die Kriterien für Literatur findet der Schriftsteller nicht im literaturkritischen Amüsierbetrieb.

    (Hartmut Lange: Reflexionen, 2002)

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