Das Ich zu Es ODER Das hohe Maß Gemüts. Im Arbeitsjournal des Donnerstags, dem 15. Dezember 2011.

8.20 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Verschlafen, bin ich noch voll eines offenbar sehr schweren, meinem Bewußtsein aber bereits verlorengegangenen Traums, der dennoch auf dem Gemüt liegenbleibt; da hinein wirkt ein Gespräch nach, das ich vorgestern mit der Löwin führte, sowie, als Anlaß, der >>>> tiefe Kuß, der aus der Mitte meiner Brust nicht mehr will. Aufgespannt sein zwischen den Pfählen dessen, was ich die tragische Verfaßtheit nenne; das ist praktisch, nicht theoretisch, ist Anheimgegebensein in irreversible Geschehen, deshalb „Schicksal“, das als ein G e schick erscheint, dem man sich stellen muß, wozu erst einmal gehört, es zu akzeptieren. Genau dagegen aber lehnt sich ein Inneres in mir auf, das ich zugleich – bedacht, ja klug – niederzuhalten versuche: normalisierend allein schon der Verantwortlichkeiten wegen, für die ich mich entschieden habe. Das geht so furchtbar in mir um, weil Normalisierung meinen sämtlichen Impulsen zuwiderläuft, meinem Temperament, meiner Mentalität, vor allem auch dem, was ich für Lebendigsein anseh, das so ‚unmittelbar‘ sein muß, wie es uns Menschen irgend nur erreichbar. Und weil Normalisierung auch eine Form von Leugnung ist und – als unbewußter Prozeß – Verdrängung. Gegen die wiederum meine literarische Arbeit steht und stehen auch will.
Lebens-Widerspruch, Lebens-Ambivalenz. Mein altes Persönlichkeits-thema. Die Kindersehnsucht nach Ganzheit ./. des Erwachsenen erfahrenes Wissen um mehrfache Bindung; dazu kommt ein ganzer Rattenschwanz sexueller Dispositionen. Wenn das nun schon in die Träume geht, muß ich dazu eine Haltung entwickeln, nein, Unfug – Haltung hab ich längst; aber ich muß sie auch fühlend wollen, und abermals nein: nicht Ich, sondern das Es in mir. Nicht unwitzig, fällt mir grad auf, daß Ich hier Es werden muß: – welch ein herumgedrehter, umgekrempelter Freud!
So habe ich offenbar schon wieder meinen routinierten Arbeitsanschluß verloren; ein hohes Maß Gemüts geht an die Disziplin. Bin aber auch erst um kurz nach zwei ins Bett. Dabei ist dringend zu treiben-v o r a n, s e h r dringend sogar: die Fahnen müssen durchkorrigiert werden, das Konzept für die Irsee‘er Meisterklasse ist zu schreiben (telefonierte gestern mit der Akademie: immerhin kam die Idee meines Themas an, eines mehrfach bezogenen, das Internet-Publikationen mit Literarisierung verbindet; auf meine Internet-Erfahrung legt man offenbar besonderen Wert gerade angesichts des Umstands, daß dieses Medium weitteils noch immer für unkünstlerisch gilt).
Was ich heute auf jeden Fall außer dem „schaffen“ will: In >>>> FaustKultur ist jetzt die von mir selbst gesprochene Sechste Elegie als mp3 abhörbar, die ich in zwei Tagen Arbeit mit Bach und Dallapicolla montiert habe, sowie mit den Zikaden Olevanos; die Tondatei möchte ich direkt über Die Dschungel abrufbar bekommen, was für einen Programmierlaien einigen Try ‘n Error bedeutet, also zeitaufwendig ist. Ich hoffe, ich kriege das hin.

Zweiter Latte macchiato, zweite Morgenpfeife.

(Ich versuche es mit Lockerheit, Distanz, Kopf; aber das Träumen spricht eine andere Sprache; es war zudem nie meine Art, etwas als ‚marginal‘ abzutun. Das ästhetische Maß, das mir Zuversicht gibt und Überblick, speist sich allein aus dem Modell, ein Leben als einen Roman zu betrachten und es hier, in Der Dschungel, so auch zu führen.)

11.34 Uhr:
Ich hab es wirklich geschafft, aber bis eben daran geprokelt: Jetzt können Sie die sechste Elegie auch in Der Dschungel >>>> hören. Doch auch, wenn ich unterdessen alle Dateien – Bilder, Töne, fixierte Texte – über getrennte Webräume organisiere, erreicht Die Dschungel unaufhaltsam die Grenzen der ihr von Twoday zur Verfügung gestellten Kapazität.

20.45 Uhr:
Abgesehen von einer Stunde Mittagsschlaf, der mehr eine Art Ruhen war, weil ich nicht wirklich wegzutauchen vermochte, bis eben durchgearbeitet. Irsee erledigt, Konzept, Bio, Beispieltext usw.; dann die Fahnen des Jungenromans I fertigkorrigiert und die korrigierten Fahnen an UF zur Zweitkorrektur weitergeschickt. Zwischendurch mit meinem Jungen Hausaufgaben kontrolliert.
So verging der Tag. Ein bißchen gedrückt, weiterhin. – Ach ja, zwei Weihnachtsgeschenke hab ich noch gekauft, weil mein Junge, der Post einwerfen sollte, sie auf dem mittleren Tisch liegenließ und ich deshalb sowieso noch hinausmußte. Mir wär nach einem zweiten >>>> Bösgedichtchen.
Morgen früh leg ich wieder mit dem Jungenroman II los.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .