Das Irseer Arbeitsjournal (2). Sonntag, der 5. August 2012.




7.00 Uhr:
[Kloster Irsee, 125.
Das strenge Rauchverbot hier – aus Gründen des Denkmalschutzes nachvollziehbar – bereitet mir Probleme, da die Kriminalisierung der Raucher aus einem Land stammt, in dem nach wie vor politische Gefangene gefoltert werden und das überdies in einigen Staaten noch die Todesstrafe anwenden läßt; problematisch hier, weil das gesamte Kloster Irsee seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts eine psychiatrische Anstalt war (seit 1848 „erste schwäbische Kreisirrenanstalt), deren Patienten in den Jahren 1939 bis 1945 systematisch ermordet wurden; ich bin darauf gestern schon eingegangen. Man spricht hier auch sehr offen darüber. Das Haus ist jetzt aber fast schon zu sauber, ja durch das Rauchverbot obendrein gecleant – etwas, das mir Magendrücken bereitet.

Ich traue diesem Frieden nicht, was nicht an den Menschen liegt, die hier wirken, sondern an den – Mauern. Der Direktor der Akademie erzählte, daß der dörfliche Pfarrer noch lange Jahre für jeden Ermordeten, trug man ihn hinaus, die Glocke schlug – das muß an manchen Tagen ein unentwegtes Läuten gewesen sein. Die nationalsozialistische Führung unterband das schließlich vermittels der Drohung, die Priesterämter abzuschaffen – was nach dem sog. >>>> Reichskonkordat so einfach wahrscheinlich gar nicht umsetzbar gewesen; aber man habe sich „für die Lebenden“ entschieden, deren Seelenheit, und deshalb sei das Totenläuten eingestellt worden.


Es geht hier früh los, um 7.45 Uhr in ebender Kirche ein viertstündiger sogenannter „Impuls am Morgen“ als eine Art nichtkonfessioneller Andacht – was an sich eine gute Einstimmung in die Arbeit ist. Ich werde daran teilnehmen. Man kann diese Viertelstunde nach Absprache mit der Direktion auch mitgestalten, selbst gestalten… – jedenfalls werde ich dies hier später weiterschreiben.

Guten Morgen. Nicht ohne Beklemmung aber.

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