Wieder zur Musik: Autonomie. Das Arbeitsjournal des Montags, dem 24. September 2012. Zweite Andeutung des StoryDrives. Sowie eine weitere, diesmal kaiserliche, Bemerkung zu Aléa Torik. Und mittendrin Argo (280).

4.47 Uhr:
[Arbeitswohnung. >>>> Dag Wirén, Zweite Sinfonie (1940).]
Das war einmal vernünftig von mir, daß ich um 23.30 Uhr bereits im Bett lag. Ohne jedes Problem um 4.30 Uhr aufgestanden, dann aber etwas rumgekruschelt, zum Beispiel in der Küche, wo ich, während sich die Pavoni erhitzte, schon mal Geschwirr abzuwaschen anfing, dann mir überlegte, nach welcher Musik mir heute sei und durch die CD-Regale schaute, vorher aber noch ein bißchen schummelte und schon mal „Das Arbeitsjournal des Montags, dem 24. September 2012“ in die geöffneten Dschungel hineinstellte, damit die Zeitangabe unten stimmt, was bedeutet: damit sie beweist, daß ich wieder früh aufgestanden, nun ja, belegt trifft eher zu; was sich später einmal modifizieren läßt, kann schlecht ein Beweis genannt sein.
Meine beiden CDs Dag Wiréns gerieten mir durch Zukunft… ähm: Zufall, natürlich… in die Finger. Ich suchte nach Neuer Musik, etwas, das mir nicht sofort immer gegenwärtig ist wie der von mir geliebte Dallapiccola, anfangs aber dachte ich an Henze. Dann fiel mir Heinz Winbeck ein, ich zog die eine CD, die andere CD… ‚ah, Wirén, was w a r das noch mal?‘ Ein auch Filmkomponist, Klassizismus, muß man wohl sagen, so klingt die zweite Sinfonie jetzt auch. Im Gegensatz zu Wirén selbst bin ich, was die Einschätzung von Filmmusik angeht, skeptisch: zu viel Illustration bei zu wenig motivischer Arbeit. Ist aber vielleicht ungerecht. Die Klänge indessen sämtlichst unterm Diktat der Zweiten-Wiener-Klassik-Harmonie, da möchte selbst ich mit einer E-Gitarre dazwischen und mit andrer, „reiner“ Elektronik, weil sonst jede Sinfonie ein Wurmfortsatz des 19. Jahrhunderts bleibt – nicht notwendigerweise, nein, >>>> Pettersson, u.a., hat deutlich gezeigt, wie es auch anders geht. Ja, ich hänge an dem, was „Absolute Musik“ genannt ist, und hätte gerne eine „Absolute Literatur“, die es allerdings nicht geben kann, schon gar nicht als Erzählung. Doch selbstverständlich hängt meine Neigung, die eine Art Liebe ist, mit dem zusammen, was wiederum „Autonome Kunst“ heißt. Darüber ging denn auch, geht auch, >>>> die Polemik, die ich gestern tatsächlich für den >>>> Palmbaum fertigbekommen habe; nachts vor dem Schlafengehen las ich die Erste Fassung noch einmal durch, zu der es mein mittäglicher Entwurf bis zum Abend tatsächlich gebracht hatte, und war es erst einmal zufrieden. Wenn ich gleich mit diesem Arbeitsjournal und dann dem DTs fertig bin, lese ich die letzte Korrektur und warte aber noch ab, ob die Löwin gestern nacht noch gegenlesen konnte, die auf dem, erzählte sie zwischendurch am Telefon, Arbeitsessen für einen großen Salzburger Kunstmäzen gewesen ist, den eine ihr, der Löwin, eng befreundete Wiener Galeristin gegeben. „Das kann sehr spät werden“, was bedeutete: warten Sie nicht auf meinen Anruf. Ich habe etwas gegen Kunst als Gebrauchswert, habe ein starkes (Vor-?)Urteil, das sicherlich auch von Adorno herkommt, für mich ist sie, was seine Ästhetik „Kunsthandwerk“ nennt: glitzendes Geschmeide, gewissermaßen Aarons Goldenes Kalb, merke ich gerade; ich fühle Kunst monotheistisch-religiös… seltsam eigentlich, bei meiner sonst heidnischen Neigung. Vielleicht liegt‘s an der fehlenden Transzendenz, vielleicht an meiner Abwehr von Entertainment. Wiewohl ich mich ja ganz gerne ‚unterhalten‘ lasse, da bin ich wie viele andere auch. Hm. Ein bißchen strenger werden, wieder, Herbst.
Gut, nach letzter Durchsicht des Artikels an >>>> den Giacomo Joyce von gestern, den zu übersetzen ich nicht mehr geschafft habe, so daß es die Nr. 39, in Absprache mit >>>> Parallalie, erst morgen geben wird. Kein Beinbruch. Soweit Kontinuität gewahrt bleibt. Die Erfahrung in Der Dschungel zeigt, daß Netzserien keine Unterbrechungen vertragen, sie werden sonst, höchstwahrscheinlich, g a n z abgebrochen. Vielleicht ist aber auch sowieso das Fragment ein Charakteristikum literarischer Netzpublikationen; darüber mal nachdenken, Herbst, und für die Kleine Theorie des Literarischen Bloggens darüber schreiben –
Ansonsten Argo und meine Vorbereitung >>>> dafür; morgen abend habe ich ein „Skype-Interview“ dafür zu geben. Honorar gibt‘s wieder mal keines, aber wenigstens ist für die Buchmesse meine neumediale Präsenz gesichert, wenn schon mein Verlag keinen Stand hat. Ich beobachte sehr wohl, wie weit ich mich immer weiter vom klassischen Buchmarkt entferne, obwohl das so gar nicht in meiner Absicht lag noch liegt. Es ist aber, offenbar, ein Ergebnis, vielleicht sogar eine realitätslogische Folge.
Guten Morgen. Mal sehen, ob ich das mit meinem Bart noch ein bißchen weitertreibe. Na, unwahrscheinlich. Jedenfalls, wenn ich gut draufbin. Außerdem will ich mich morgen abend in Skype nicht mit Bart zeigen. Wäre mir peinlich sonst.

Dag Wirén ist eine der für CPO, der Produktionsgesellschaft von >>>> JPC, typischen Ausgrabungen, auf die ich immer gerne geachtet habe und weiterachten sollte. Nicht immer haben sie aber Substanz.

Ansonsten heute: Argo. Selbstverständlich. V i e l Argo, hoffentlich.

8.35 Uhr:
[Heinz Winbeck, >>>> Zweites Streichquartett tempi notturni (1979).]
Diese Musik ist um einiges intensiver, tiefer vor allem, als die Wirén-Sinfonien heute früh. Ich habe >>>> Winbeck, der mich erstmals vor ein paar Jahren faszinierte, fast wieder vergessen, so, wie man einige Wörter für immer im passiven Wortschatz behält, die man aktiv aber kaum nutzt. Ich denke, daß ich das ändern sollte.
Den gestrigen Giacomo Joyce >>>> fertigübersetzt.
Für StoryDrive wird das einige Arbeit, wie ich jetzt merke, da ich die Unterlagen durchsehe. Die Teilnehmer des Projekts sollen – unter anderem – von 2022 aus eine geradezu literarische Botschaft zurück in die Gegenwart schicken, als Mahnung, Bericht, Ermunterung, wie auch immer, und zwar wohl speziell auf die je eigene Profession bezogen. Also vier Seiten Argo, dann StoryDrive, dann wieder Argo. Zwischendurch den Palmbaum-Artikel letztchecken und wegschicken.

Meine Rezension von Kennedys Roman „Das blaue Buch“ ist jetzt >>>> als Podcast zu hören. Und Dr. No hat >>>> die THETIS-GESPRÄCHE weiter fortgesetzt.

10.40 Uhr:
[Hugo Wolf, Penthesilea.]

11.10 Uhr:
[Pfitzner, Palestrina Vorspiel 1.]
Dann sagte sie: „Sie hatten eine Frau.“ „Leni.“ „Elena.“ „Leni.“ „Elena Goltz, vordem Jaspers.“ – Er schwieg. Da aber Frau von Stade ebenfalls nicht weitersprach, fragte er: „Und?“ „Nichts und, Herr Goltz. Gar nichts und.“ Sie lächelte ein wenig: „War das jetzt Ihre Frage?“ „Ich kann Sie auch vorladen lassen“, sagte er beherrscht. „Das können Sie. Wie wahr! Nur daß ich nicht erscheinen würde. Und was dann? Schickten Sie wen, mich… abzuholen? Ich würde trotzdem weiter schweigen. Und wie lange, stellen Sie sich vor, daß das dann währen soll?“ „Ich habe wirklich nicht die Zeit…“ „Da ist die Tür, Herr Goltz.“
Argo, TS 476.

Argo 280.
>>>> Argo 281
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11.50 Uhr:
[Winbeck, Zweite Sinfonie.]
Sehr ärgerlich, daß ich Heinz Winbecks Dritte und Vierte seinerzeit auf VHS-Bändern mitgeschnitten habe, die ich nicht mehr abhören, geschweige als Tonfile aufspielen kann, weil mir das Gerät dazu fehlt. Doch heiter, ausgesprochen heiter, stimmt mich >>>> diese Nachricht von den kaiserlichen Johannessen.

Argo bei TS 479 angekommen. Jetzt geht es an den Mittagsschlaf, nachmittags dann an die Vorbereitung für den StoryDrive.

18.20 Uhr:
[Schubert, Der Jüngling am Bache (Prégardien in Köln, etwa 1999)-]
Durchaus mühsam, solch eine Zukunftsversion, vor allem, wenn man das meiste eh schon niedergeschrieben, aber >>>> als Roman, hat. Hab bis eben dran gesessen und bin noch längst nicht fertig.Ganz fair ist das nicht, so ohne jedes Honorar, zumal Audi beteiligt ist. Andererseits soll jeder Teilnehmer auf der Buchmessen-Netzpräsenz eine eigene Site bekommen, die sich zum Annoncement der eigenen Bücher, auch der Buchmessen-Veranstaltung der >>>> Kulturmaschinen einsetzen lassen wird. Man kann das einen geldwerten Vorteil nennen, zumal ich auch direkt auf Die Dschungel verlinken zu können hoffe, sowie auf den Buchmessen-Blog von >>>> Faust-Kultur. Ein win/win-Projekt nennt das >>>> Newthinking.de, wobei man allerdings, normalerweise, annehmen sollte, daß ein jeder Handel so etwas ist. Jedenfalls: Ermessenssache. Und wie schrieb mir vorhin >>>> Phyllis Kiehl, nachdem ich ihr die Unterlagen zu diesem Projekt hinübergemailt und entsprechend kommentiert hatte? „Daß die Künstler umsonst arbeiten, ist doch normal.“
Essen sitzt auf, heute ‚frugal‘: zwei am Stück gekochte Möhren, dazu Bratsalat mit Tomaten in Sojasauce, und neuen Tahinjoghurt habe ich angesetzt, viel Knoblauch, zwei gehackte, wirklich deftige frische Chilis mit hineingemischt. Ich höre Schubert-Lieder, worauf mein Junge mich brachte, der kurz hier war und jetzt zum Cello-Unterricht wieder fort ist. In anderthalb Stunden werde ich mich aufs Rad schwingen und zur >>>> Bar fahren, um dort den Profi wiederzutreffen, der meine Netzaktivitäten immer mit einem ziemlich, vor Skepsis, zuckenden Auge betrachtet.
Ein bißchen aber noch weiter mit dem >>>> „StoryDrive“. Hübsch, diese von Schubert umsungene Zukunft.

3 thoughts on “Wieder zur Musik: Autonomie. Das Arbeitsjournal des Montags, dem 24. September 2012. Zweite Andeutung des StoryDrives. Sowie eine weitere, diesmal kaiserliche, Bemerkung zu Aléa Torik. Und mittendrin Argo (280).

  1. Jaspers, Frau Aha, Geheimdienstchef Goltz heiratet (jdf. hat) also die schöne Helena.

    Dass er sie Leni nennt und (wie ich schon weiß) Schutzstaffeln um sich versammelt, legt zumindest nahe, dass man an die Riefenstahl zu denken hat. Denn diese erlag den Verlockungen der Macht, lese ich. Ähnliches wird berichtet beim Kennenlernen von Elena und Goltz, Gänsehaut und Schaudern bei der Dame vor so viel prickelnder Macht, wenn Goltz auch sonst keine Erotik mitbringt und homosexuell veranlagt scheint. Paris kann der Markus dann ja wohl nicht sein!?

    Beste Grüße
    NO

    1. auflachend: Nein, ganz ganz gewiß nicht.

      (Aber für Sie ist das natürlich von mir ein Fehler, schon aus ARGO zu erzählen. Sie werden in THETIS noch sehen, wie diese Ehe zustandekommt und wer sie eigentlich wollte.)

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