Zurück. PP205, 10. August 2014: Sonntagssorgen.

(9.02 Uhr, Arbeitswohnung.
Julius Berger, Birth of the Cello.)

Die >>>> achtzehnte Kammermusik steht drin, >>>> Parallalies Übersetzung wird wohl in der nächsten Stunde folgen. Ich habe meine neunzehnte bereits gestern abend begonnen, nachdem ich aus Afrika zurückwar. Es ist momentan, als lebte ich zweidrei Leben nebeneinander, aber her, weil ich mein zentrales, Wille und Ziel, verloren habe. Meine Arbeit, wenn ich überhaupt in ihr bin, schleppt sich nur dahin, kommt aber nicht vom Fleck, weil dieses Schleppen nicht mehr als ein immerneues Ansetzen und Wiederfallenlassen ist; vielleicht brauchte ich mal einzwei Jahre Pause von der Literatur insgesamt, Rekonvaleszenz, aber es sind Verträge zu erfüllen, und überhaupt l e b e ich ja davon, was mir zur Zeit Sorgen macht; auch im Funk wird es, ist zu vernehmen, eng. Jetzt hieß es schon, Formen wie die von mir für das Kreuzfahrt-Hörstück gewählte seien gegenüber dem Sender nur noch schwierig vertretbar; damit steht eine, für mich, ganze Kunstform auf dem Spiel. Ich weiß noch nichts genaues, warte auf einen Anruf, der schon für vor zwei Tagen angekündigt war; heute ist Sonntag, da wird er ebenfalls nicht kommen. Also das macht mich nervös, aber auch das >>>> Traumschiff, weil ich immer noch nicht weiter damit bin. Gut, ich wollte ab nächsten Montag, wenn ich in Italien sein werde, ruhig in der Kardinalswohnung beginnen, wollte (und will nicht mehr?) dort Zeile für Zeile gelassen niederschreiben, wie mir dieser Roman im Kopf ist. Aber jetzt habe ich zu aller inneren, ja, das ist das Wort, Verstörung angefangen, mir Sorgen >>>> um die Wunde zu machen; ich habe keinerlei Erfahrungen mit Narben und OPs und kann einfach nicht einschätzen, ob das so alles in Ordnung ist. Nicht, daß sie mir wirkliche Beschwerden bereitete, aber das Ding wird so dick, unter dem Ding ist es so dick geworden, und fest, fast hart, daß ich befürchte, der Bruch sei wieder offen – was vielleicht bedeuten würde, daß ich die Italienreise nicht antreten kann, weil man mich wieder ins Krankenhaus bringt. Vielleicht habe ich mit meiner lockeren, quasi-sportlichen Haltung doch etwas übertrieben, vielleicht doch etwas zu schwer gehoben. Vielleicht aber ist alles auch ganz normal, und diese Erscheinungen/Empfindungen gehören zu solch einer Heilung schlichtweg hinzu, und die – viel zu groß, das Wort – Ängste ebenfalls. Jedenfalls macht mich das ziemlich fahrig. Am liebsten kehrte ich nach Afrika zurück und vergrübe mich, vor mich hinwurschtelnd, weit weit hinterm Busch. Als „Privatier“ würd ich das jetzt tun. Noch ist die Vergeblichkeit von >>>> Anderswelt nicht ausgestanden, noch nicht wirklich verarbeitet, geschweige akzeptiert. Ich bin nicht mehr zornig, das ist das schlimme. Zorn entsteht aus Kraft und Hoffnung. Er auch allein ist der Garant für eine fortgesetzte Arbeit gegen den Strom. Dazu drohen wieder Geldsorgen. Das Finanzamt war schnell, und imgrunde kann ich stolz sein und bin es auch ein wenig, weil >>>> meine Steuererklärung genau so „durchgekommen“ ist, wie ich sie abgegeben habe; ich kann das jetzt, aber es sind eben d o c h mal so eben 1500 Euro Umsatzsteuer abzuführen und dazu 300 Euro Einkommensteuer nachzuzahlen; außerdem liegt die Zahnarztrechnung vor, ebenfalls 1500 Euro; wenn jetzt irgend etwas mit dem Hörstück schiefläuft, beiße ich ab Oktober in Sand – ans kommende Jahr darf ich da gar nicht erst denken. Ich brauche dringend den Neapel-Buchvertrag, um wenigstens seelisch etwas beleihen zu können. Nach sechsundzwanzig Büchern, darinnen drei Tausenderromanen, kann ich von Tantiemen noch immer nicht wenigstens meine Fixkosten bestreiten. Das hat etwas furchtbar Bankrottes, wenn man dazu die Hoffnung verlor, daß sich an der Situation grundlegend etwas ändern könne. Und ich kann mich auf meinen Körper nicht mehr wie früher verlassen, das höhlt besonders aus: etwas naiv-Sicheres, das ich hatte und immer sehr genossen habe, ging mir verloren. Oder scheint mir verloren zu gehen, ich weiß es nicht. In diesem Bewußtsein weiterzuarbeiten, ist jedenfalls zäh, kostet mich eine riesige Überwindung: Ins Nichts schreiben. Ich muß mir die andere Seite nachdrücklich, als Vornahme, immer wieder vor die Augen führen: daß ich frei bin, daß ich für meine Umstände rasend luxuriös lebe, nämlich wirklich nichts Wesentliches entbehre und niemanden Vorgesetztes habe, keine Weisungen befolgen muß usw. Das hat mich alle Jahrzehnte, und fast durchweg angstfrei, getragen; doch hat diese Angstfreiheit einen spürbaren Riß bekommen. Seit >>>> Argo erschien, imgrunde aber schon, seit die >>>> Bamberger Elegien herausgekommen sind: Weil ich gegen das Verschweigen nichts, gar nichts tun kann. Ich spüre jede Verletzung.
***

(9.55 Uhr.
Gavin Bryars, Erstes Streichquartett.)

Oh, ich sehe gerade, daß Parallalies Übersetzung >>>> schon drinsteht.

15 thoughts on “Zurück. PP205, 10. August 2014: Sonntagssorgen.

  1. das mit der narbe klingt nach normalem heilungsverhalten, weil der schnitt geht ja durch die ganze bauchdecke, da gibts zu beiden seiten der narben verhärtungen, eiweißablagerungen etc aber du kannst ja noch mal zum ultraschall gehen, wenns aber nicht wie ein ei hervortritt würde ich mich nicht zu sehr sorgen. du musst dir mehr zeit gönnen, der körper hat viele selbstheilungskräfte, die sind aber nicht unbedingt unserer idee von effizienz und ständiger turbobereitschaft angepasst. buchmarkt ist insgesamt schwierig geworden, da wird dann natürlich das wenig verbliebene gern unter üblichen verdächtigen und gut vernetzten aufgeteilt, großzügigkeit und neugier leistet man sich nur, wenn es gesichertes gelände gibt, gibts aber selbst für die nicht mehr, die sich darauf mal befanden und wähnten, heißt aber eigentlich für die, die nie da waren, sie könnten noch einen überraschungserfolg landen, sähe ich also nicht so aussichtslos, vielleicht mal alle etwas im unklaren lassen, man wird schon noch auf dich zukommen, denke ich öfter, wenn du dich einfach mal ne weile radikal entzögest. dass das aber auch wiederum nicht geht, vor allem finanziell, ist dein dilemma. eigentlich, man kann dich ja finden wie man will, aber noch so einen wie dich hat der buchmarkt einfach nicht, du bist dein absolutes alleinstellungsmerkmal. dich holt ja auch keiner mehr ein in sachen produktivität. psychologisch ist es aber meist so, wenn man niemanden mehr hat, den man abweisen kann, erinnert man sich an denjenigen, der da draußen vor der tür stand, genau dann, wenn er nicht mehr da steht. braucht aber auch zeit und vor allem nerven.

    1. Danke@diadorim. Die Sätze tun gut gerade aufgrund ihrer, sagen wir, nüchternen Plausibilität. Ich befürchte allerdings, glaube es, daß in einer zunehmend perfekt auf Konsens dressierten Gesellschaft “Alleinstellungsmerkmale” genau das sind, was sie scheut, wovor sie quasi einen Ekel hat – und haben muß. Ich verwende dieses Wort bewußt, weil es sowohl die unbewußte Abwehrdynamik wie auch deren Energie formuliert.

    2. da nicht für, ich kann ja nur sagen, man begegnet wenigen, die man öfter auch mal zum mond schießen wollte, die einem aber keine fahnentreue abverlangen und ansprechbar bleiben. vielleicht bewahrt dich das nicht durchgereicht werden auch davor, ein völlig uninteressanter durchschnittsautor zu werden! dann doch lieber abgedreht, als uwe timmsche sommerlektüre, wo alles wie behauptet wirkt, wenn eine affäre alles durcheinander bringt und sehr brigittekompatibel ins ausstaffierte passt.
      und, du wirst seine musik nicht mögen, aber ich finde, ihr habt auch ein bisschen gemeinsam und er hat ja sehr recht gehabt, we were better off with those guys with the cigars… die welt geht ihrer typen verlustig, ohne anh wäre es wieder einer weniger und das empfände ich als großen verlust. http://www.youtube.com/watch?v=KZazEM8cgt0

    3. Zappa@diadorim. Doch, Zappa habe ich gemocht, in der Tat nicht alle seine Musiken, aber manches davon durchaus. Und in der Tat (und im Kopf) war er kein Replikant.

      Replikanten sind die idealen Bewohner der Warengesellschaft, die sie für die wahre Gesellschaft zu halten designt worden sind. Gerade die Timms sind ja sehr ehrenwerte Menschen; ich sage das ohne jede Ironie, dafür mit mancher Traurigkeit.

    4. frank mit dem ausdruck “musiken” zu versauen ( besudeln ) finde ich unstatthaft.

      WAS mögen SIE aus dem grossen werkangebot des selfmademan, workaholic & komponisten frank zappa ?

      pinguin in bondage ?
      yello shark ?
      the perfect stranger ?
      2 hundred motels ?
      dico boy ?
      was von freak out ?
      was von roxy & elsewhere ?
      i am the slime ?

      uswusf.herr grosser zappaist und ex- leistungssportlist ( + selbstfiktionalist )

      ich war schon öfter mal hier und musste erkennen, dass die gelaufen-seienden diskussionen nur dazu herhalten mussten, das jeweils eigene und subjektive abgrenzungsverhalten auszuzimmern.

      manche ( wie boson ) schlugen daraus gar kapital ( oh schenade )

      ein wenig konsenswillen ( und sei dieser nur anhand des betrachten-könnens, eines kontemplativen beschauens des möglichen ablesbar ) wäre ein wenig mehr desweiteren.

      mit grüssen

    5. negativ-utopistik + traditionalistik ( versuchtbereinigt, ha ) despektiert geradezu meinen eigenen originalitätsanspruch aus sehr grossen lücken des künstlerisch-wahrnehmbaren weitergeleiteteten möglicherweise ( auch ) geil-anheischigen …

      continue or not

    6. es ist halt sehr schwer, wenn nicht müssig, in die lebenskonzeptionalität vernaäht mit einer noch grösseren lebenswirklichkeit eines konsumenten einzugreifen, schwieriger erscheint es mir, solches ( abstraktes soweit ) mit einem kreativen durchzuführen, obschon dieser sich bereits auf konservativimen ( konsumtionismen ) durchaus affirmativ berief.

      es ging um eine lücke, einen spalt ( ohne spaltungswillen )

    7. nein, stockhausen und red bull ( helcopter music ) – hallo ?

      stockhausen war wohl schon zu den glanzzeiten von CAN ein verpönbarer ( zurecht ? ) millionär.

      es gibt nichts umzuschreiben, es geht darum witerzuschreiben, womöglich noch weiter weggehend ( nicht unbedingt von helicoptermusic, folxxs ) – richtung utopie, ladies n lads

    8. ich hätte mich fpr digidesin oder rme babyface fern von benchmark soweit entschieden und nicht für tascam ( und nicht für focusrites

      es lebe moog und fairlite ( some pieces of palm productions ) etc, es lebe doeser space, that kind of message, what is 4 audiophlistccs

      luxus ist dasm was rwulbae ( frei nach z morus )

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