Immer weiter mit den Gedichten. Im Arbeitsjournal des Mittwochs, dem 4. Mai 2016. Sowie ein Fund.

[Arbeitswohnung, 10.05 Uhr]

Heute wäre mein Bruder Hagen, wär er nicht im Wildwasser umgekommen, neunundfünzig Jahre alt geworden. Bisweilen denke ich an ihn,

der ich gestern, kaum zu fassen, bereits um halb zehn schlafen ging – derart seltsam erschöpft noch von der Vornacht, trotz eines Mittagsschlafes, der endlich frei von Bauchschmerzen war. Und wirklich schlief ich sofort ein und wachte erst siebeneinhalb Stunden später, also um fünf Uhr morgens, auf, gab noch eine halbe Stunde dazu.
Seit sechs sitze ich am Schreibtisch.

Regen, strömend, fiel.
Jetzt hat er aufgehört. So werde ich, trotz des Muskelkaters in Oberschenkeln und vor allem den Waden, nachher laufen können. Vielleicht in einer Stunde, vielleicht in anderthalb. Jedenfalls will ich. Muß von den gestern gewogenen 77,5 auf 74 Kilo wieder runter.
Weil es mit den Gedichten ziemlich gut läuft, wenn ich auch bei manchen noch schwanke.

Ich werde die Auswahl dem Verleger überlassen, wer immer es sein wird. Die Löwin tut sich mit langen Gedichten schwer, mag die kurzen. „Es muß ein Bild in mir erstehen, das bleibt.“ Langgedichte hingegen erzählen, sie leben vor allem aus Rhythmus und Melodielinie; „Bilder“ in ihm sind Inseln, deren einige eigene Gedichtmotive wären, löste man sie heraus.
An >>>> dem dort saß ich seit gestern mittag. Abends um sieben gab ich auf, kriegte keine Zeile mehr hin; heute morgen flutschte es.

Sehr vorsichtig mit dem Essen gewesen und werde auch heute, mindestens bis nach dem Sport, nüchtern bleiben. Bißchen Brot, bißchen Schinken und Käse, tutto qui.

Die Dame vom Begleitservice hat sich wieder gemeldet. Offenbar legt sie nach wie vor wert auf mich, der ich mich in den letzten Wochen als Begleiter gesellschaftsfreudiger Damen nun aber wirklich nicht geeignet hätte. Dennoch. Ich darf nicht vergessen, daß ich ab September keine Einnahmen mehr haben werde, jedenfalls bisher nicht.

In der Stadtteilbibliothek Prenzlauer Berg steht eine Originalausgabe, also der nach wie vor verbotenen Fassung, >>>> Meere. Die überraschte लक्ष्मी rief an und schickte sogar ein „Beweis“foto, an dem ich außer dem sehr schönen Daumen vor allem die leeren Regalstellen interessant finde und daß Thomas Hettche nicht nur unter mir, sondern gleich hinter Hermann Hesse steht:


Das beweist Witz. Allerdings, so लक्ष्मी weiter, „kein anderes Buch von Herbst.“ Wahrscheinlich sieht die Leitung der Bücherei diese Meere-Ausgabe als Wertobjekt an und hat sie deshalb nicht entsorgt; bei amazon wird sie von einem Verkäufer für 75, von dem anderen sogar für 650 Euro angeboten. Geduld ist die Währung des Sammlers. Jedenfalls lohnt sich hier Buchklau; ersetzt werden könnte der Band nur durch die persische Fassung der >>>> Ausgabe bei Dielmann; so wären denn nur 20 Euro zu erstatten. Denken Sie mal drüber nach! Derweil zieh ich die Sportklamotten an.
*



(18.06 Uhr
Bruckner, Vierte)

Soeben den ersten Gedichtdurchgang abgeschlossen. Jetzt noch einmal, ab morgen, auf dem Papier korrigieren. Vorher muß ich die drei Darstellungstexte für den neuen, diesmal einen Marburger Lehrauftrag formulieren: Literaturvermittlung im Rundfunk, drei Blöcke je Freitag/Sonnabend. Man wartet.
Einladung zur Premiere von Martinůs Julietta in der französischen Urfassung Juliette unter Barenboim an der Staatsoper, Regie Claus Guth. Ende Mai. Die Pressekarte wurde sofort reserviert. Zumindest in der EMusik scheint meine Stimme noch immer etwas zu gelten.
Eine andere Einladung, im von mir geliebten >>>> Radialsystem, abgesagt; hab mir die Teaser angehört. Irrer Kitsch. Ich möchte, wenn ich falle, die Sturzhöhe schon ein bißchen mitbestimmen. Nein, ich sag nicht, um wen und was es geht. Fair bleiben.

Daß ich grad den Bruckner höre, liegt bizarrerweise an Michael Gibbs‘ „Jazzphony“ Nr. 1 >>>> Europeana von 1995. Zwar versammelt die Aufnahme eine quasi Königsmenge europäischer Jazzgrößen – Christensen, Doldinger, Galliano, Kühn, Lauer, Mangelsdorff, Stockhausen (Markus) -, dennoch hör ich, wenn schon Pomp, ihn dann lieber echt – sagen wir: erlitten. Und nach wie vor kein >>>>> Pettersson in Berlin. So sehr zählt meine Stimme nun d o c h nicht.

[Bruckner, Dritte
(Jetzt besser mit Kopfhörern; ich hörte oben Schritte,
will auch das Fenster, durch das die Sonne scheint,
nicht schließen.)]

**


2 thoughts on “Immer weiter mit den Gedichten. Im Arbeitsjournal des Mittwochs, dem 4. Mai 2016. Sowie ein Fund.

  1. (Zweiter Lauftag wieder, mittags- Gegen den Muskelkater an. Dennoch 12,5 km und ein bißchen Krafttraining im Park.
    Zum ersten Mal von hier aus hingelaufen, trotz meines Asphaltverbots. Es liegt allerdings fast dreißig Jahre zurück. Vielleicht hat sich ja was geändert.
    Morgen die Knie werden’s sagen.

    Die Waage bei ärgerlichen 79 kg.
    Muß runter.)

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