Stadtgedicht ich will (Neufassung)


Kräne! will ich die Kanten der verschwinden-
den Straßen in den Wasserfällen aus Licht
von den hohen Bunkern stürzendes Blut
fällt mit ihnen ein Sandstein fällt eine Frau
und sie schlägt auf die Straße zum Abraum
der elendsten Junkies verspritzt

die sich ihr H auf dem Teller mischen
eines herausgebrochenen Katzenkopfpflasters
und mir zum Autorennen am Kuhdamm servieren
als ich ihnen hansguckindieluft die Spritze Kräne!
zertrete Maffay und Scelsi gläsern verschaltet
sirren in der Kuppel des Reichtstagsgebäudes

will ich das Gras in den Mauern den Müll
und die Alten die am Bürgersteig kentern
die Radfahrer die sich gesplittertes Bierflaschenglas
in die zischenden Reifen fahrn Kräne! will ich
das Krächzen der Mopeds den Jungen der
mit rotzender Nase über die riesige Kreuzung

flitzt.

Die Sirenen nachts will ich und mit-
tags heulende Martinshörner Geschrei
johlender Kinder besoffener Gröhler
im Rinnstein verreckend bedeckt von
der Motz Oh du Zeitung des Südens
desnachts

will Gruben am Potsdamer Platz und die Sperren
aus Einsatzwagen und Gummiknüppeln der
Gitter affichiertes Lachen an Leysieffers Düften
will Demonstrationen freitags um fünf
das leuchtende will ich blitzende glänzende Licht
in den Bautümpeln nächtlich widergefunkelt

will die Größenfantasie und den Protz
die Graffiti und die hohen besinnungslo-
sen die reinglatten Scheiben des archi-
tektonischen Krieges mit anderen Mitteln
des Musentempels Hund eines allheiligen
Penners der mit ihm vor Penny immer

sitzt.

Ich will die Kaufhausgalerien Lafayettes
und das Elend aus Masse und Trägheit
als der plötzliche Blick einer Frau sie
kurz doch innig durchbohrt und fremd
will den Turmbau zu Babel & Babbel
die Orgie der Sprachen Kostüme und Gesten

will nachts die Angst in den Hochhausklammen
wenn ferne ein Fuchs keckt ist doch der Mensch
gleich wie nichts will das klackernde Laufen
die Pfiffe und drüben rauschen durch Pfützen
die Autos unter den Pneus knirscht Zementgries
zur Elektronik der verschlossenen Kabelverteiler

und über den Kränen scheint aus der Smogmilch
der Mond auf das unablässiges Wispern herunter
das tags zum Aufruhr der Töne wird
Den will ich Krawall der Preßlufthämmer
Baggerschaufeln Walzraupen Pflüge
der Geschichte will ich Geschichten von
Sandstrahlnarben in Hausfassaden ge-

ritzt.

Ich will die klammen Sitze vor dem Café
die verödeten Brachen inmitten der
sich für künftigen Luxus schminkenden Viertel
die fantastischen Gruben von Jugendbanden
will die Vampire den Techno Piraten
will Wölfe und Wildsauen unter den Linden

flanierend vor kettenrauchenden Witwen
die in heruntergerissenen Abfallbehältern
Trüffel erschnobern will den Kräne! Aufruhr
der Notwehr wenn der Krankenwagen Gellen
mit breitem Pinselstrich Schneisen
in stockende Verkehrsströme malt

will die pochenden Bässe aus einem Club
und soutterraine CzernyEtuden
von Dächern herab wehende wie
Altweibersommer wehe Cellosonaten
will oktobers die Penner am Spielplatz
der Dosen und Tetrapacks Endmoränen

itzt

vor die fleckigen Büsche geschoben
will die Flucht vor den Bullen zersprungene
Scheiben will ich den Unfall Kräne! der
postmodernen Buschwindröschen Stukkaturen
sommers an Garment District Sarajewo
das Trottoir in Senken voll Tränen gespalten

will langgestrecktniedrige Wagenburgen
pumpswippend Ladies in Bocadasses Fogal
will den Pop und Parfums und die Pisse der
Punks will die Kippen und Hundscheiße vor Villen
der Bannmeile Schlickfluß die hüftelnden Schwulen
will die Geschmacksverschleifung des Doms

will Liebespaare umschlungen vorm Reichstag
die rotzenden Prols und der Burka Kräne! Love-
parades schäumende aus dem Schaum der Rhyth-
musschläge geborene Näbel und Schenkel
will Urwälder Wüsten Hunderte Zentren Neuronen
von Scateboards und Nutten Kräne! erhitzt.


5 thoughts on “Stadtgedicht ich will (Neufassung)

    1. Dank Dir. Aber möglicherweise sollte ich die Alliterationen noch verstärken, im Sinne Pounds (A stray document, also das noch, sagen wir, Improvisierte modellieren. Aber dazu muß der Text jetzt abermals etwas abhängen; mag sein, daß ich dann noch einmal grundsätzlich eingreife. (Die Erstfassung stammt aus den späten 1990er/frühen 2000er Jahren, was man an einigen Motiven merkt: Etwa war der Potsdamer Platz noch ebenso Baustelle wie der alte Lehrter Stadtbahnhof, der heute der Berliner Hauptbahnhof ist. Dort wurde auch das Bild aufgenommen, das ich bei FB eingestellt habe.)

  1. wo ist jetzt dschungel anderswelt fux hat ribbentrop gemacht endlich mann ?
    hat endlich gehört auf.
    hat mann gemacht.
    hat gemacht.

  2. Edelsteine “Trüffel erschnobern” und der Penner, der vor Penny sitzt (was für eine gelungene Alliteration, die auch semantisch so schön schmutzt). Ich finde es sehr gelungen.

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