Die Banater Emmanuelle.

„Ich möchte Ihnen keine Probleme wegen Ihrer Frau bereiten.” Sagte sie. Ich hatte an der Theke des >>>> Soupanovas gesessen, es war proppevoll gestern nacht. Ob sie mich wohl gleich erkannte? >>>> „Junge Frau”, das hatte ihr g a r nicht gefallen, war mein Gefühl; vertraute ich ihm, dachte ich vorher, dürfe ich auf gar keinen Fall Krawatte tragen.
„Ich habe erwartet, Sie im Anzug zu sehen”, sagte sie denn auch, die junge Frau.
„Nicht im Soupanova.” Was gelogen war: ich zieh an, wonach mir ist. Bei ihr war mir nach harter Lederjacke. Lammfellweste drunter, was dann erst recht zu warm war. Cigarillos, logisch. Ich erkannte sie sofort, als sie eintrat. Au weia, dachte ich. „Ich möchte Ihnen keine Probleme wegen Ihrer Frau bereiten”, war der erste Satz, den sie zu mir sagte.
„Das gibt keine Probleme. Meine Frau und ich, wissen Sie, das ist ein seltsames Verhältnis. Sie lehnt mich sexuell ab… nein nein, ich habe kein Problem damit, das offen zu sagen. Man kann sagen: sie lehnt meine sexuellen Neigungen ab. Dennoch sind wir zusammen. Dennoch, sie ist meine Frau. So ist das.”
„Sie sind in sexueller Hinsicht ziemlich frei, oder?”
War das bereits der Flirt? „Das Problem sind mehr meine Geliebten. D i e finden meine Eskapaden nicht lecker. Meiner Frau sind sie egal.”
„Geliebten? Immer gleich in der Mehrzahl?”
„Sehen Sie”, sagte ich, „Sie jetzt auch schon.”
Ich half ihr aus der Jacke. Sie ist relativ hochgewachsen, wie viele junge Menschen heutzutage, ich bin dagegen ein Kleinwüchsler von einsneundundsiebzigeinhalb. Eine Geliebte hatte mal gesagt, sie trage in meiner Gegenwart besser keine hohen Schuhe. Was mich verstimmt hatte. Daß „es” nicht der Körperwuchs sei, hatte ich erwidert und mir spontan angewöhnt, von j e d e r Frau ab, sagen wir, 1.77 einzufordern, um EmmanuelleArsansWillen nie auf hohe Schuhe zu verzichten. „Ich trage keine hohen Schuhe”, sagte nun d i e s e Arsan. Sie war auch sonst jugendlich gekleidet: Jeans, Pulli, darüber ein dunkles Blouson – eine schmale Frau, die einmal elegant werden wird. Weiß sie aber noch nicht. Spontan die Lust, ihre linke Brust zu berühren. Man sagt mir zwar anderes nach, aber das stimmt nicht: ein Grabscher war ich nie. Nur die Augen halt. Ich schaue immer direkt, nie verstohlen. Sie merkte das und ging ein wenig ins Hohlkreuz.
„Das hat Ihnen nicht gefallen, das mit der jungen Frau.”
„Ich bin 26.”
„Eben.”
„Wissen Sie: rotes Haar ist an sich nicht mein Revier.”
„Sind Sie enttäuscht, weil sich das ändert?”
Da war ich erstmal sprachlos.
Sowieso.

Ich war davon ausgegangen, daß wir uns duzen würden, von Anfang an; sie ließ mich aber, bis zum Schluß, aus meinem inszenierten Sie nicht heraus. Ihr das Du anzubieten, hätte was von einem etablierten Herrn gehabt, der sich zu einer „Kleinen” herunterbeugt, was in unserem Fall schon wegen Arsans Körperhöhe nicht geht, aber vor allem meinem Jagdtrieb vors Schienbein, nein: vor beide, getreten hätte; Lederjacke, sag ich nur. Ich saß auf dem Barhocker, sie stand neben mir. Ich hatte keine Lust, chevaleresk zu sein. Heute mal nix Alte Schule. Übrigens ließ sie ihre Blicke genau so sinnlich über mich laufen. Genau so klar war aber, daß sie mich heute nicht mit ihr schlafen lassen würde. Noch nicht. Leser, Sie werden meinen Genuß kaum ahnen, das hier hinzuschreiben und dabei zu wissen, daß sie es lesen wird. Ich schreib das eigentlich auch nur für sie, nicht für Sie; daß Sie dabei zugucken, garantiert die kleine pikante Perversion, die ich bei so etwas schätze. Was diese (ich insistiere:) junge Frau ziemlich gut weiß. Überhaupt war sie informiert über mich, man kann sagen: sie hatte sich vorbereitet. Nicht für ein devotes Vorstellungsgespräch (sowas inszeniere ich ja auch immer mal gerne für Blinddates), sondern auf einen Ringkampf. Sie sagte das nicht, aber ich hörte: „Ich bin keine Trophäe”. Wahrscheinlich stellte sie sich um meinen Schreibtisch herum lauter Souvenirs von Frauen vor. Vor noch drei Jahren hätte sie recht gehabt. Über meiner Schreibtischlampe hingen damals zwei Nylons, nein, nicht von einer Frau, in meine Schreibtischschublade tat ich fast zwei Jahre lang Slips von Frauen, die sie mir beim allerersten Treffen gaben, an der Bücherwand hing ein BH. Sowas gefiel mir. Ein Ohrreif, den ich einer Schönen nachts aus dem Läppchen riß, nicht absichtlich, nein, sondern wir fielen so übereinander her, und das Blut schmeckte mir, ich kann ganz versessen auf Blut sein, auch auf jenes mit dem starken Metallgeschmack… – also der Ohrreif, fein, silbern, liegt bis heute auf meinem Schreibtisch, ich schaue ihn immer wieder an. A u c h eine hochgewachsene Frau, übrigens, Basketballerin, Profisport. Dann fing ich eine Liste aller Frauen an, mit denen ich jemals geschlafen habe, ich numerierte sie durch, das wäre sonst unübersichtlich geworden – ich brach es aber ab, weil ich hätte auch diejenigen Frauen mit draufschreiben müssen, die ich wirklich geliebt habe und immer noch liebe. Das wollte ich nicht. Es waren bis da hundert/hundertfünfzig Namen, ich weiß nicht mehr, so schwindlig war mir. Die Angelegenheit selber ist kein Grund, sich zu schämen; ein Grund, sich zu schämen, ist, daß einem manche Namen nicht mehr einfallen, man hat nur noch den Vorschein eines Gesichtes, oder einen Sprechklang, oder eine besondere – „technische” ist falsch – Vorliebe; auch sehr schwere Brüste bleiben in der Erinnerung, die in den Handflächen sogar taktil erhalten ist. Eine andere Frau, die momentan eine Rolle zu spielen beginnt, schrieb: ihre Art (ihre A r t, stellen Sie sich vor!) sei immer auf den Samen des Mannes aus. Das sind so Sätze, denen keiner entkommt. Es sind nämlich nicht Sätze, sondern Fallen: hier ist es sogar eine Rutsche, über die man hoffnungslos in den Schlamm der Seeufer glitscht. Dann wird gefaßt, er wird gezogen und ertränkt. Am besten hört man diesen Sätzen gar nicht erst zu. Am besten, man liest weg. Kann man aber nicht, weil sie zu gut, zu perfekt gewundene Schlingen sind; einer wie ich dürfte nicht mehr vor die Tür, wollte er sich nicht verfangen. Das wissen diese Frauen. Den Kokolores von Seelennähe und pochender Verliebtheit, die an den Wänden der Pubertät entlangstreicht, dürfen Sie, Leser, getröstlichst vergessen, wenn die Genetik Arsans herrliche Zähne zeigt. Ich hab mal in einem Porno eine Szene gesehen, very close up, die eigentlich nichts war als die Szene, die man in j e d e m Porno sieht. Hier aber sah man die unpersönliche Gier, eine von der Frau wie von dem Mann als Bewußten völlig abgelöste Gier, eine Gier des Organs, muß man das nennen: und zwar, wie die inneren Labien über den Schaft leckten n a c h dem Erguß: sie leckten ihn a b; da sollte nicht ein bißchen vergeudet werden, nein, alles alles sollte rein. Das war der Wille des Organs und hatte mit den beiden Beteiligten gar nichts mehr zu tun. „Irgend eine Kraft des Universums hatte sich in einer Stelle ihres Körpers konzentriert”, schreibt Pynchon.
Über alledies sprachen wir, Frau Arsan und ich, aber gar nicht mehr, sondern das war eine Voraussetzung. Es wurde spät, nein: früh, als wir uns trennten. Sie erzählte, wie sie zur Literatur gekommen sei, sie erzählte von Rumänien, vor allem von ihrem Großvater, so kamen wir auch auf >>>> Peter Grosz, kamen auf Hertha Müller und Richard Wagner. Da war sie naiv. Sie g l a u b t e einfach, was geschrieben stand, was behauptet wird, was inszeniert ist; sie war dieser ganzen Heuchelei, bei der es nur um Machtpositionierung im Literaturbetrieb geht, wie ein ganz kleines Mädchen aufgesessen. Ich fand, sowas stehe ihr nicht. Also diskutierten wir. Ich berichtete ihr von den Hintergründen; vieles wußte sie einfach deshalb nicht, weil sie viel zu jung gewesen ist damals… überlegen Sie mal: als die Mauer fiel, war sie fünf. Was konnte sie erlebt haben von den Banater und Siebenbürger Auseinandersetzungen noch zur Ceauşescu-Zeit? Nichts, gar nichts. Alles nur ein Hörensagen. Ich blieb aber sehr ruhig, jetzt wirklich mal der ältere, besonnene Mann. Der einfach nur Verhältnisse geraderückt. Und ihr nebenbei zeigte, wie dieser Betrieb funktioniert und wo die Fußangeln liegen. >>>> Scheel, der als ein solcher peinliche Anhänger John Waynes, weil damit besondrer US-Experte für europäisches Denken, hat sie >>>> mit ihrem Foster-Wallace-Projekt zum >>>> Merkur eingeladen; das muß man sich vorstellen. Andere nicht. Weshalb? „Sie sind eine schöne junge Frau, deshalb.” „Aber er hat mich doch noch nie gesehen.” „Das spielt keine Rolle, weil er eine Projektion von Ihnen hat und weil Sie diese weibliche Fähigkeit h a b e n, Projektionen in Männern auszulösen. In mir auch, klar. Wenn man Sie treffen will, sein Sie damit heikel. Alle wollen eines, in beruflichen Zusammenhängen ist das blöd, wenn Sie dann abweisen müssen. Das hat Folgen. Mir haben die Schwulen immer übelgenommen, daß ich nicht zu ihnen gehöre. Was meinen Sie, was ich deshalb an Aufträgen alles verloren hab. Und was Sie anbelangt: klar, i c h will das auch, selbstverständlich, es wäre außerdem beleidigend für Sie, wollte ich es nicht: mir Ihren Körper nehmen. Aber auf mich sind Sie beruflich nicht angewiesen, es ist sogar besser, Sie erwähnen mich nicht, damit man Sie nicht in Gruppenhaft nimmt. Also haben Sie jede Freiheit, meine Avancen abzuwehren.”
Da lachte sie was. Ganz frei, fast unschuldig. Was sie natürlich nicht ist.
Dann Foster Wallace. Verhältnismäßigkeiten. Was alles nicht mehr bekannt ist. Die Großen Romane. Was Dichtung ist. Was das L e b e n eines Dichters ist. Daß es sich nicht um einen Beruf handelt. Daß man nie wissen wird, ob man wirklich einer war, noch dann nicht, sagt Mahler, wenn man auf dem Sterbebett liegt. Daß da immer eine tiefe Unsicherheit bleibt, die man entweder mit öffentlichem Erfolg bemäntelt oder mit Größenwahn oder mit beidem. Darüber sprachen wir. Ich war erregt, als ich ging. Es war an mir, das Gespräch zu beenden, i c h führe, Punkt. Aber ich war erregt. Es war irgendwas nach eins. Wir werden uns wiedersehen. Abermals: Punkt.

118 thoughts on “Die Banater Emmanuelle.

    1. @diadorim. Die Verbindung zur Erde. Die Verbindung zum Körper. Die Verbindung zu Blut und Sekreten. G e i s t hat Literatur genug, da ist viel zu viel Antiquariatsstaub, viel zu viel Depression, viel zu viel Selbstgefälligkeit in der eigenen Melancholie, viel zu viel K l a g e. Ich möchte einer sein, und b i n es, der sein Leben ausschöpft, so sehr es nur geht. Der d a r a n irgendwann stirbt und nicht mit irgend einem Zipperlein herumächzt. Alles: Genug ist nicht genug, um mit Konstantin Weckers Verbeugung vor Benn zu sprechen. U n d Geist sein.

    2. schon, aber muss man sich das erschreiben, das ausschöpfen? die m hielt mir neulich die statistik von warren beatty unter die nase, es waren irgendwas um 12000 frauen. was für ein stress bei der logistik, hab ich gedacht. und natürlich fällt einem immer wieder der alte sesamstraßensong bei diesen die mengekanndiewirkungsteigernstories ein: es ist egal, wie viel du fickst, da fickt immer noch einer meh he r als du, es ist egal, wie viel du liebst, da liebt immer noch einer lieber. wenn man exklusivität bei ihnen als frau anstrebt, dürft man sie also unter keinen umständen ficken, insofern reagiert ihre frau sehr folgerichtig, denn seine frauen sollte man sehr exklusiv behandeln. das ist die liebe in den zeiten vom pornostar, tarantino hat schon filme drüber gemacht.

    3. Mir wäre es auch manchmal lieber man würde sich nicht erst am nächsten Morgen ungeschminkt im Bett kennenlernen, sondern die Sachen gingen irgendwie lockerer ab, also dass man sich halt nicht erst deutlich nach Mitternacht aufsuchte sondern irgendwie schon vorher – insofern so etwas halt terminlich zu bewerkstelligen ist.

    4. Gerade der _öffentliche_ Verschleiß macht das Spiel doch erst interessant. Sonst wäre mein Tag doch nach dem ersten Annippen des frühen Kaffees ununterscheidbar so gelaufen wie der vorherige und ewig und ewig. Nun kann ich neu datieren, da Alban Nikolai Herbst seinen gierigen Blick über einen U30-Körper schweifen lässt und dies mitteilt. So anregend das für mich als Leser ist, so demütigend wär’s als Frau – zumindest in der Realität. Und da ich mich nicht in so gefährliche Gewässer trau – da voller Dreck, lieg ich im vollurinierten Babybecken und schau (manchmal hin und manchmal weg).
      Alles in allem: es ist doch eine Ehre für die 26! Und selbstgewollt 🙂

    5. @diadorim. Sie verstehen es nicht. Es geht gar nicht um Menge. Das ist es überhaupt nicht. Menge, wenn überhaupt, ist eine Begleiterscheinung.

      Unsere Grunddifferenz liegt darin, daß Sie ganz biedermeier-bürgerlich an die eine Liebe glauben, die auch zugleich die eine sexuelle Hingabe, und zwar für immer, sei. Ich glaube daran nicht, sondern halte das für einen Mädchentraum (den auch Jungens träumen: ich selbst gehörte einst entschieden dazu).

    6. @Undine. Was ist bitte ein U30-Körper? Klingt nach Métro, ich bin aber leidenschaftlicher Fahrradfahrer. Doch Spaß beiseite: Ich blicke tatsächlich n i e demütigend, täte ich’s, frau miede mich. Das ist die Grundaussage meiner >>>> Antwort auf diadorim: Wenn ich eine Frau anschaue, wenn ich sie berühre, dann meine ich immer n u r sie; in diesen Momenten gibt es nichts anderes. Für Gespräche ist das völlig anders: da meine ich immer nur das Thema, und d a s, glauben Sie mir, ist demütigend. Es gibt nichts Demütigenderes als die Abstraktion, also als das Wort Gottes. Küssen, umarmen, vögeln zu wollen, was auf der Welt ist, ist F e i e r. Es ist ein kleinbürgerlicher Vorbehalt gegen die Fülle, sie für beliebig, austauschbar, sozusagen “rein” an Zahlen (Menge) interessiert zu halten. Es ist Calvinismus, Protestantismus, ja die allermieseste Form, die es gibt, das Leben an ein kaltes, eiskaltes Jenseits’ zu verraten.

    7. @Undine Hoffentlich bleichen Sie in Ihrem Becken nicht völlig aus, zu hohe Konzentrationen an Ammoniak schläfern einen auch ein und Sie sehen womöglich Palinurus.

    8. öhm, meinen sie? vielleicht sehe ich einfach nur meine begrenzten kapazitäten an zeit und aufmerksamkeit, und den verschleiss, den es mich so schon kostet, wenn zeitgleich nur zwei oder zweieinhalb in meinem kopf rumspuken. vielleicht seh ich auch schlicht nur, was auf dem spiel steht, und vielleicht müssen dann eben die einsätze stimmen, um etwas aufs spiel zu setzen, und wenn man sich dann nicht mal sicher ist, ob jemand überhaupt am spiel beteiligt ist, ich meine, was verlangt man da dann von mir. sag alles ab, spring ins leere? no way. wozu? ich mache ihnen doch gar keinen vorwurf. unter den genannten bedingungen agieren sich nicht mal unmoralisch. es geht auch glaube ich gar nicht um ihren lebenswandel dabei, es geht um seine literarische aufarbeitung, und dass man sich vielleicht etwas weniger hans dampf wünscht, ein paar unerwartete volten, was weiß ich, irgendwas weniger konsistentes.
      ich glaube an nichts von dem, was sie mir komplementär so unterschieben, ich reibe mir manchmal die augen und denke, das soll ich sein? bei mir ist es halt so gekommen, bei ihnen anders und alles ja auch noch im fluss, er weiß, an welchen ufern man wie begossen noch landet oder nich. ich hab angst und mut und wieder angst und bin vor nichts gefeit, gar nichts. das dürfte man doch hier gelesen haben. ich glaube einfach, man kommt mit diesen holzschnitten, da das bürgerliche, da das wilde leben, nicht weiter. jeder dritte bürgerliche hat doch längst sein wohlverdientes doppelleben. nichts ist einfacher heute, als sich in irgendeinen chat zu hängen etc pp. ich will es einfach manchmal nur schlicht verstehen, welche mechanik sich da gerade an mir austoben will. und daneben habe ich eine große sehnsucht, nur leider nicht nach einem one night stand, weil ich weiß, was das bei mir anrichtete, und weil mein gedächtnis zu gut ist und meine projektoren immer bereit loszurattern.

    9. Herr Herbst, mir gefällt ja ihre Grundidee sehr gut, vermutlich gerade deshalb, weil ich sie nicht leben kann. Temporär “geliebt” zu werden und dies so leidenschaftlich wie Sie’s gerne schildern, also zu kosten von dieser perfekten Augenblicksgeschichte… das ist ja ein wenig so wie Folter in folgendem Sinne: man kämpft gegen den Reflex die Augen zu schließen. Man weiß, dass alles fort sein wird, wenn man sie wieder öffnet. Und so weint man und genießt unter Tränen das, was beim nächsten Zwinkern bereits wieder anders oder nicht mehr sein wird. Ich weiß schon, wie Sie Ihre Mengenlehre meinen. Das ermöglicht Ihnen sozusagen das Augenzwinkern 😉

    10. @Undine. Ja.

      (Ich bin allerdings auch gefeit: weil ich Familie habe, Vater bin. Die Idee einer weiteren festen, “normalen” Zweierbeziehung ist dadurch ausgeschlossen, jedenfalls für die nächsten zehn Jahre. Das ist keine Qual, im Gegenteil. Es ist Entscheidung. Die versteht aber wahrscheinlich nur, wer Kinder hat und liebt.)

    11. @diadorim (ff). S o herum bin ich wieder ganz einverstanden und entschuldige mich auch, wenn ich Sie mißinterpretiert habe. Und es ist wahr, nicht nur seit den Zeiten des Internets, sondern schon seit je: Partner hatten und haben immer wieder andere Sexualpartner zugleich, und zwar Frauen wie Männer; Frauen sogar öfter, auch wenn das Patriarchat und die kluge Frau das öffentlich leugnen.
      Der Unterschied zu meiner Haltung besteht aber darin, daß ich sie zeige, offen, und daß ich auch öffentlich hinter ihr stehe und sage: so bin ich, und ich bin es wahnsinnig gerne. Ich mache die Schönung nicht mit, weil es zu schönen nämlich nichts gibt. Es i s t schön. Ja, ich liebe Frauen. Und auch d a – ja, geschlechterinkorrekt -: ich liebe schöne Frauen, ich liebe K ö r p e r. Das hat was Religiöses: >>>> hier mag ich beten. Nur noch mein Sohn und die Musik sind mir gleich wert.

    12. Sorry Herr Herbst das kann aber auch nur Ihre Version sein – also von einer Frau das gleiche zu erwarten wäre irgendwie ungerecht, da sexuell freizügige Frauen in der Gesellschaft
      nach wie vor noch etwas Exotischeres sind als sexuell freizügige Männer.
      Oder täusche ich mich da jetzt – also mal von Stars abgesehen ?
      Mir fällt gerade kein weiblicher Star ein der zur Imagepflege eine Liste von hunderten von männlichen Namen hervorkramen musste ( bis auf pornqueens ), wiewohl solche oder ähnliche Listen auch unter “normalen” Schauspielerinnen oder Sängerinnen vermutlich zuhauf existieren.
      Liegt vielleicht auch daran, dass Frauen nicht propagandistisch funktionieren wollen und auf Authentizität setzen ?
      ( und trotzdem mitunter einen Orgasmus antäuschen können um nachfolgender Weise einen akzeptablen Zufriedenheitsindikator dem jeweiligen Sexualpartner so richtig konziliant in jedweder szenerie – bishin zur ja wohl allseits bekannten Fahrstuhlepisode – bereitstellig gemacht zu haben ? )
      Wer weiss.

    13. @Blondine
      Eine entzürnte Undine muss von Bord gehen, so will es der Mythos.
      Statt Palinurus? Papperlapapp, ein Bauernopfer will ich nicht sein und so entzürne ich mich nicht 🙂

    14. Ähm – lese gerade Ihre vage Andeutung von Dunkelziffern betreffs sexueller Praxis – trotzdem sollten Frauen meiner Meinung nach zu ihren sexuellen Ausschweifungen öffentlich stehen – auch wenn sie damit womöglich anderen Frauen dahingehend Apettit machten und sich desweitern selbst – als Folge dessem – steigende Konkurrenz aus dem “eigenen Lager” schaffend Möglichkeiten zu einer lückenlosen Sexualitätsserie mitunter leichtfertigst verbauten.

    15. Nicht “statt”. Das was ich Ihnen über den Ammoniakgehallt schrieb stimmt. Ich fragte mich nur was Sie mit Ihrem Bild ausdrücken wollten! Und ehrlich gesagt verstehe ich es immer noch nicht. Da fiel mir die Parallele zu Palinurus auf, siehe Somnus.

  1. da haben sich ja zwei gefunden, nicht am konstruktionspunkt des komischen, sondern wo das gefühl von lächerlichkeit weitere lächerlichkeit evoziert, ganz im beckettschen sinn der übertreibung des schlechten hin zum schlechtesten.

    1. dass diese frau über eine art schwulenfeindlicheit lacht, ist so typisch wie banal für jedwede form von intelligenz.
      dass aber schwule gerne homosexuelle oder homoerorische sujets an homosexuelle künstler abgeben ist aufgrund der lebensweltlichen nähe nicht weiter verwunderlich,
      um nicht zu sagen schlüssig.

  2. Unseriös Mit solchen Texten und Bildern (!!) streichen Sie die gesamte Seriosität, die Sie mit Ihren Musikkritiken mühsam vortäuschen wollen, eigenhändig durch. Es ist mir schleierhaft, wie man jemanden wie Sie als Pressevertreter akzeptieren kann. Man müsste Ihnen die Veröffentlichungen verbieten. Ich halte Sie für einen Jugendverderber. Damit meine ich auch, dass es ein Skandal ist, Sie an einer Universität lehren zu lassen.

    1. @studienstiftung den letzten den ich öffentlich von sehr vielen sexuellen kontakten mit sehr vielen frauen habe reden hören war bushido ( da war auch ne dreistellige zahl im gespräch und das bei einem deutlich jüngeren mann ) – also wenn emphatisch vorgetragene plädoyers für hwg einem publium vorgetragen etwas von verderben von jugend darstellen sollten so verkennen sie alleine schon marktkonzeptionelle strategien, welche sich allerdings wohl kaum eine basis dafür gesellschaftlich erst einmal schaffen müssten.

    2. Ein Mann darf nicht im Mann sein schwelgen: Zum Henker, wie weit sind wir gekommen? Doch bei Ihren staubigen Ansichten, Studienstiftung, denke ich nicht an Guillotine. Höchstens an Papierschneideapparat. Ab zurück ins Büro mit Ihnen.

    3. grönemeyer hätte ihnen jetzt was dazu gesungen. der trug beim security check einen fliederfarbenen pullover, auf den ihn die securitycheckeuse ansprach, er scherzte, es würde ja nun auch frühling. o, i see you ve got to go a long way…
      aber, schafft mann, hat frau auch schon geschafft, einmal alle rollen durch und dann wieder von vorn, iss alles drin, die zeichner haben meist keine schlechten karten. also, in meiner spielhölle, meine ich.

    4. @Studienstiftung. Sehr geehrte Frau oder geehrter Herr Studienstiftung,

      Sie >>> erinnern mich sehr an Herrn Studienrat Meier, wobei ich aber nicht weiß, ob Sie eventuell ein ebensolcher Fake sind, wie der, sagt man, gewesen sei. Damals ging es jedenfalls um den verderblichen Einfluß schöner Männerfüße auf die Frauen; deshalb erinner ich mich bis heute. Habe aber einige Zeit gebraucht, um den Link zu finden, der Ihnen, sollten Sie n i c h t miteinander identisch sein, vielleicht einige Aufklärung gibt. Ich denke mir, um beiseitezusprechen, daß >>>> Frau Torik, die schon mit der Zuordnung zu jungen Frauen etwas unzufrieden war, es nun, als plötzliche sogar “Jugendliche”, überhaupt nicht mehr sein wird. Ich werde mich bei ihr in Ihrem Namen entschuldigen, schon weil das gleich der Anlaß fürs nächste Treffen wäre. Im übrigen, wenn mein Verderben der Jugend ähnlich wirksam werden sollte, wie es das des größten und jedenfalls ältesten aller Jugendverderber gewesen ist, ohne den die dreiviertel westliche Philosophie nicht wäre, dann will ich mir das Wort sehr gerne auf das Herz schreiben lassen; als Tätowierung nähme es sich sicherlich vortrefflich aus. Und dann erinner ich mich, daß Rolf Hochhuth – ich weiß nicht mehr, ob persönlich während meiner römischen Massimo-Zeit mir direkt gegenüber oder ob ich es bei ihm gelesen habe – daß also Hochhuth Hermann Hesse so bezeichnet hat: als einen Jugendverderber. Das fand ich ein starkes Stück, indes ich Ihnen in meinem Fall nur sagen kann: Sie haben völlig recht.

      Ich grüße Sie aus meinen Tiefen:

      Ihr
      ANH
      http://www.albannikolaiherbst.de

  3. Schutzbedürfnis Freilich “Imagepflege” ist es – und als solche auch ein bisschen peinlich, jedoch – immerhin – so geschrieben, dass die Erregung am Ende sich überträgt:

    I could fall for the redhead. No doubt.

    Es kann ja auch so gelesen werden: Beschrieben, erschrieben wird eine
    ü b e r w ä l t i g e n d e Begegnung, vor deren auflösender Wirkung der Schreibende sich nur zu schützen weiß, indem er sich erinnert (oder zu erinnern vorgibt), dass er a n d e r e Frauen schon überlebt hat. Dann wäre es ein Kompliment. So sollte sie´s lesen. Und auch ein wenig stolz darauf sein, dass sie (in ihrem Blog) so viel Schutz nicht nötig gehabt hat. Andersrum kann sie sich von der M e h r z a h l (der Geliebten) auch ein wenig Schutz borgen (falls es mal nötig wird). (Er ist deswegen nämlich immer ein wenig “unkonzentriert”, denk´ ich mir.)

    Seien wir nachsichtig – eine so schöne, kluge und junge Frau (ja, sechsundzwanzig Jahre, das ist sehr jung, Aléa!) i s t gefährlich. Und er stellt sich aus, was ja doch wieder mutig ist. Und führt. Meint er. Meinen Sie, lieber Herr Herbst?

  4. beckett beckett: die verweigerung einer lösung, der befreiung zum guten oder schlechten entzaubert das tragische: es ist nur noch langweilig, im sinne der nietzeanischen schlechten langeweile. es entsteht damit ein aggressiver impuls gegen das, was interesse erwecken könnte. bei beckett gleitet die deskription erotischer szenen aus dem text heraus und steuert emphatisch lächerlichkeit an. wallace z.b. schließt hier im gegensatz zu ellis oder houellebecq an beckett an, während der postmortale erotische schwulst, wie er hier abgelassen wird, die unbegrabenen mit so vielen lächerlichkeiten bzw.wunderdingen verschönert, dass alles sich so in den köpfen abspielt oder beinahe, als ob sie nie gelebt hätten.

    1. @palinurus. Einfach mal wieder von einer Frau geliebt werden, körperlich, meine ich, palinurus. Beckett vögelt schlecht. Er ist tot. (Und ich gebe für jeden Kuß einer Frau das gesamte Beckett-Werk weg. Könnt Ihr haben, legt es vor Euch hin und onaniert drauf. Mal sehn, ob er noch reagiert.) Gegen Beckett, in diesem Fall, halte ich Brecht. Mich interessiert übrigens auch Kafka nicht mehr.

    2. für nach wie vor viele frauen gilt wohl der satz, dass möse macht ist und zwar die macht zu selektieren und damit zu erziehen, folglich ansprüche zu stellen welche über eine rein hygenisch verankerte körperliche sauberkeit hinwegesetzt wären und eben darüber hinaus eigenschaften einklagend, welche durchaus für viele männer über ein konsequentes lernen oder trainieren erreichbar wären. eine dieser eigenschaften wäre es dann, streng monogam im leben zurechtzukommen und zu hause zu essen ( sich den appetit woanders halt holen dürfend ).

    3. nun, deleuze, das darf man nicht vergessen, das waren die siebziger, und beckett ganz andere zeiten. die frage wäre für mich, von welchen tragiken sprachen sie, und wie sieht sie heute aus, die tragik und ihre entzauberung. und vor allem, wie funktioniert heut noch ein zauber. zumal zwischen zweien, wenn sie beschlagen sind?
      und irgendwie, ja, natürlich möchte ich es auch damit halten, dass ein kuss mehr sagt als tausend worte. manche küssten gar mit beckett in der manteltasche, dahin gehen meine sehnsüchte, fürchte ich. wallace in der manteltasche, nun ja, das wäre oversexed, i guess.
      monogam im leben zurechtzukommen, klingt nach wieder gehen lernen nach beinbruch. meine güte, man nimmt sich das doch nicht vor, so, jetzt bist du mal monogam. das ist so absurd. so läuft es doch gar nicht. wenn zwei von nix ne ahnung hatten und peu a peu in die welt hinausgingen und ängstlich waren, und sich aneinander klammerten, die nehmen sich doch gar nicht vor, so jetzt leben wir mal ein bürgerliches leben. das stimmt doch hinten und vorne nicht.

    4. “die nehmen sich doch gar nicht vor”. Doch das nehmen sie sich vor. Das nahmen fast wir alle uns vor, anch’io. Sowas steht sogar im kirchlichen Ehegelübnis. Und wir haben es in uns.
      Wir haben aber auch das Tier in uns.

    5. nein, mein tier in mir funktioniert sehr gegenwärtig, manchmal, wenn es schlecht ist, weiß es nicht, dass es morgen wieder besser sein könnte und umgekehrt. glauben sie wirklich, wenn man mit 20 zusammen zieht und studieren geht, man nimmt sich vor, sich ewig treu zu sein und beieinander zu bleiben? so ist das nicht. sie genießen die zeit zusammen, sie verfluchen die zeit, die sie nicht zusammen sind. sie klammern sich wie die idioten aneinander, und sie müssen mit luhmann daran glauben, dass sie trotzdem geliebt werden, selbst wenn der geliebte mensch sich mittlerweile mehr dem studium als ihnen widmet. der sündenfall liegt ja im apfelbaum, nicht im reichen des apfels. und man muss sich fragen, wer hat ihn wozu gepflanzt.
      das kirchliche ehegelübnis hab ich nie abgelegt, ich bin nicht mehr in der kirche. ich hab mir nichts weiter vorgenommen, als meinen gefühlen zu folgen, das habe ich immer versucht, nichts weiter. in dem moment, wo diese sich widersprechen, geht man selbst sehr langsam, wie in diesem video von orbital mit tilda swinton, so kommt es mir vor. http://www.youtube.com/watch?v=q25Zx6B5HJA

    6. @zärtlicher Man sollte dabei nicht vergessen, dass Eigentum, auch das an einer Möse, prinzipiell immer auf Gewalt gegründet ist. Wer Macht hat (d. h. direkt oder indirekt Gewalt ausüben kann), hat auch Mösen – das ist schon so trivial, dass es eigentlich gar nicht erwähnt werden müsste. Insofern ist Möse aber eben _nicht_ Macht, sondern schlichtweg Tausch- und Handelsware mit allem dazugehörigen Pipapo. Und als solche an und für sich ziemlich austauschbar. (Schwänze dito.)

  5. kafka ” das junge mädchen gleicht dem gericht: es ist prinzipienlos, reiner zufall. es nimmt dich auf, wenn du kommst, und entläßt dich, wenn du gehst.” deleuze/guattari, kafka, für eine KLEINE literatur.

    1. Weil Sie das glauben, sind junge Mädchen an Ihnen nicht interessiert. Kein Problem, junge Mädchen interessieren auch mich nicht. Problematisch wird es erst, wenn sich das Desinteresse auch in die Frauen begibt.

  6. so siehts aus herr herbst der grausame spott, mit welchem die erfolgreiche kurtisane den alternden, zahlungsunfähigen gewordenen liebhaber davonjagt, denunziert weder ein besonders kaltherziges, raffgieriges biest oder einen besonders blöden trottel, noch verhöhnt er mit dem billigen zynismus des resignierten spießers die liebe, sondern er denunziert und verhöhnt die einfältige vorstellung, welche zwischen der reinen,echten liebe und der käuflichen liebe/sex unterscheidet.die liebe/sex ist eine kostbare ware und fordert deshalb einen hohen preis – so lautet die oberste aller grammatischen regeln (diesmal bei balzac).

    1. Die Jagd ist im Gange. Keine ruhige: Wir sind hungrig. Der Genuss an Verdautem sei den Milchtieren vorbehalten; wir kosten kein Fleisch zum zweiten Mal.

  7. anschließend erst durch die kühnheit, diese mächtige regel zu verletzen, entsteht dann manchmal für augenblicke poesie. aber in der regel gilt: wer liebt, muss zahlen.

  8. … xxx zuckt wieder mit den achseln, auf diese unerträgliche frankophile weise, die alles mögliche bedeuten kann.

    1. time is money money is prostitution
      prostitution is against
      differance.
      money makes no differance.
      time is the differance between two places

  9. Sei ein Mann! Wenn Ihre Leser etwas können, dann Sekrete ausscheiden. Das müssen sie nicht bei Ihnen nachlesen. Ein weiterer Abend Ihres Lebens also, der vom Leser so schnell vergessen sein wird, als wäre er nie gewesen. Und es kann nicht das Ziel von Literatur sein, vergessen zu werden. Heftromane produziert man so, Gebrauchsware, wo es ums Handgeld geht, nicht um Kunst. Mit Frauengeschichten häufen Sie nur Plunder an, glauben Sie mir. Verdorbenes Fleisch. Verbrannte Erde. Oder gestehen Sie den tausend Klicks hier täglich irgendwelche Nachhaltigkeit zu?
    Thomas Mann wäre ein Stipendiat geblieben, hätte er sein Leben ausgeschöpft und wäre irgendwelchen Kellnerjünglingen nachgestiegen. Ein kleiner Mann, wie sein Sohn Klaus.
    Und ich nehme keine Zipperlein wahr, wenn ich lese, was Thomas Mann Tage vor seinem Tod schrieb: “Kurios, kurios. Ich habe es früh geschrieben, ich schreibe es wieder.”

    1. in quark gemeißelt mose sprach
      gesetze schwafeln wird beschaft
      die wölfe darauf schweinchen schlau
      verzichten ganz auf steinbehau

    2. … glauben sie mir … Aber nein. Weshalb sollte man einem glauben, der Klaus Mann als “kleinen Mann” bezeichnet. Der also zum einen (Wortspiel, oh Wortspiel) eine Hierachie der Manns aufbaut, die SO nicht stimmen kann und der zweitens Klaus Mann auf eine geradezu entlarvende Art abwertet.
      Diese drohnenhafte Besserwisserei, diese Attitüde mit offenkundigem Nichtwissen Schriftstellern das Schreiben erklären zu wollen und die historisierende Besserwisserei … all das riecht nach altdeutschem Oberstudienratspathos.

  10. time ist out of joint stimmt leider nicht, wie derrida gezeigt hat. das prinzip der differance in der schrift gilt auch für die geldwirtschaft und das preissystem. das geldwirtschaftliche kalkül ist die unendliche bewegung der differance, denn das geld ist gerade die zeit als maßstab, aber diese hat selbst keinen maßstab und kann nicht endgültig kalkuliert werden. das lebende geld ist die vorläufig letzte antwort des kapitalismus auf das unvermögen des geldes, ein äquivalent der menschlichen produkte zu bilden.

  11. simmel ” wenn also die freie liebe nicht allgemein sein wird, so wird es irgend eine anzahl von mädchen geben müssen, die die funktion der jetzigen prostituirten vollziehen.«
    simmel, einiges über die prostitution in gegenwart und zukunft. fortgeführt in aller denkschärfe bei klossowski, die lebende münze.

    1. sagt die freie liebe zum freien autor, du kannst nun dank meiner freier leben und schreiben, sagt der freie autor zur freien liebe, oh, danke, nur wovon.

    1. freie liebe, nicht müssend sondern dürfend, nun ohne gesellschaftlichen hype –
      war wohl nicht ganz einfach das an der apotheke vorbei zu einer art biologie hin anformuliert zu haben, was aber fern der jeweilig in den köpfen – neben dem reinen akt – sich abspielenden bildern wohl etwas schwer zu verhandeln wäre.

  12. Ich war gestern Abend Teil der Veranstaltung, die heute hier diskutiert wird. Ich war die eine Hälfte. Da gab es noch eine zweite, aber ich war die größere Hälfte. Weil es sich um mich gedreht hat. Insoweit stimmen Herr Herbst und ich also überein (Haha!).

    Abgesehen von Alters- oder Temperamentsunterschieden haben sich ein Mann und eine Frau verabredet. Das ist, auch wenn es alltäglich sein mag, etwas, das die Fantasien ins Kraut schießen lassen kann. Bei denen, die nicht dabei waren. Aber auch bei den beiden, die dabei waren. Das empfinde ich in allererster Linie als ein gutes Zeichen. Denn soweit ich mich erinnere, ist das hier ein literarisches Projekt. Das bedarf der Phantasie. So ein phantastisches Projekt habe ich auch. Gestern Abend hat es einen Moment gegeben, da haben wir uns angeschaut und wussten beide, dass wir in Gedanken bereits unsere nächsten Einträge formulieren. Das ist hier Literatur. Das ist Fiktion. Fiktion ist Illusion, die mit den Mitteln der Wirklichkeit hergestellt wird. So wie die Liebe auch. Dass Herr Herbst offenbar in beiden Bereichen zur deftigen Variante neigt, macht ihn nicht unsympathisch. Ich mag durchaus Männer, die wissen was sie wollen. Obwohl das nicht bedeutet, dass sie das dann auch bekommen. Ich mag nämlich auch schüchterne Männer, ich mag auch die, die nicht wissen, wo sie hingucken sollen, die nicht wissen, was sie sagen sollen und vor Aufregung an den Fingernägeln kauen. Die mag ich sogar besonders. Aber irgendwann muss auch der Fingernagelkauer sich trauen.

    Ich teile durchaus nicht alle Phantasien von Herrn Herbst. Die Professionalisierung der Sexualität ist gar nicht mein Geschmack. Dafür ist eine andere Berufsgruppe zuständig. Aber ich teile die Auffassung, dass man ein kleines bisschen Phantasie mitbringen muss. Alles andere entzündet sich dann. Oder es verglimmt. In einem aber irrt Herr H., und zwar gewaltig: ich entscheide!

    Die roten Haare sind übrigens das Ergebnis eines kleinen Experiments mit einer Packung Henna.

    1. Darin, Aléa Torik, liegt die Kunst des Liebeslebens: J e d e r von in unserm Fall beiden glaubt zu entscheiden. Man macht sich wechselseitig glauben; dieses “macht” ist eine kleine, böse (schön-böse) Maschinerie. Doch was wir bekommen oder bekamen, das erfährt hier niemand. Davon soll ein jeder – träumen.

      Daß ich in meiner Erzählung ein wenig geprahlt habe, doch liebe- und der Achtung voll, sehen Sie mir bitte nach. Ich habe es halt mit einer e x t r e m schönen Frau zu tun, sogar für m e i n e Verhältnisse, die an weiblichen Schönheiten reich sind.

    2. bin ja auch nur ein extrem schön empfindsamer mann und wäre insofern recht gut getarnt gewesen, es sei denn ich hätte angefangen zu performen, was dann nämlich ohne beschädigungen nicht abläuft ( & was Sie gerade wohl extrem ahnten )
      naja nicht im beisein von nur einer frau mögen sie einwenden und nicht in einer subkulturellen lokalität sondern nur in wirlich edlen und teuren gefilden und hätten mich damit erneut entlarvt, ohne jedoch eine art beiwohnen wollendes interesse damit bekundet zu haben.
      secondhandstories also soso aus nem kristallpalast.
      und wie leicht geht so ein aufwendiges make up schon futschi.

    3. ein extrem schön empfindsamer mann? echt? name, adresse?
      aber ein bisschen darf man hoffentlich noch hineingucken, dass nicht alles gleich offensichtlich ist, oder? am allzu offensichtlichen verliere ich schnell das interesse.

    4. so gut wie im interesse ihrer argumentation meine liebe . und das noch quer über den atlantik …
      ich darf sie entwarnen, ich bin eigentlich nur extrem empfindsam gegenüber mir gemachten bemerkungen oder verhaltensweisen hingegen ist mein eigenes agens
      für doch die meisten menschen die ich kenne oft etwas linkisch und damit manchmal geradezu brüskierend weil ich ja niemandem wie auch immer weh tun will.
      somit kapriziere ich mich meist halt auf tätigkeiten wie z.b. einrollvorgänge oder dosierende anbahnungen ( eine art selbstkontrolle ) und anderem nüchternen alltagsherumgemache.
      mein feld sind die worte also nicht – aber lyrisches kann ich schon mögen.

    5. wer, ich jetzt? öh. felder sind ja auch in flur gebahnt, oder? einrollvorgänge führen zu guten speisen, sushi, dosierende anbahnungen, ok, ja, aber wenn das alles auf bachblüten beruht, fehlte mir vielleicht der glaube an die wirksamkeit.
      dosierung und timing ist alles. aber manchmal steht man da zur rechten zeit am rechten ort und denkt, ist das jetzt schon anbahnung, oder ist das nur die selbstreizung meines systems, ich geb halt zu bedenken, als man mir die elle reinzog, bekam ich drei mal morphium, weil ich immer noch ziemlich beieinander war und schmerzempfindlich, kann sein, dass ich bei einigen dosierungen denke, ach quatsch, war was, das hab ich mir doch nur eingebildet, das war alles ganz anders gemeint. irgendwann kommt man einfach an den punkt, da denkt man, bitte, krieg die zähne auseinander, wenn da was ist, ein jahrelanger spuk schreit manchmal einfach nach erlösung, nicht die entzauberung wäre die tragik. die entzauberung wäre eine reelle chance. aber, wenn man die nicht will, dann muss eben alles in der schwebe bleiben, das ist mir aber schon beim radunfall nicht gelungen, ich zahle scheinbar leider immer pünktlich die gravity bill. nun ja, ich rede wirr und der wind trägts zum falschen empfänger. so ist es irgendwie immer.

    6. Wie alt ist man hier so im Durchschnitt? !2 oder 13? Lest ihr noch die Bravo da es Euch ja jetzt verboten ist KAfka oder bEckett zu lesen?

    7. naja zur rechten zeit am rechten ort kann nur ein irrender stehen der sich gedanklich noch in der vergangenheit befindet, denn von einem ort aus lassen sich von diesem ort ferne punkte letztlich nur in alle himmelsrichtungen wahrnehmen – der eigene ort ist die mitte einer individuell sich beschreibenden topographie.
      nun ihre assoziationen sind ja wacker gehalten – morphine sind bekanntlich höchstgradig süchtig machend – also striktes hände weg – und ob kafka oder becket über ein suchtpotenzial verfügen kann ich nicht beurteilen – ich denke wenn, dann war man oder frau schon vorher süchtig und wurde womöglich falsch adressiert in richtung manifestation der kondition.
      naja – eine verlegenheitsantwort auf eigentlich keine frage ausser einer möglichen von mir hiermit für mich zurückweisbaren nach applaus.

    8. diadorim ich denke die auswahl des partners geht nicht ohne fantasien von statten – auch nicht ohne fantasien eines schlechteren partners, welche einem über partnerschaftliche flauten hinweghelfen können insofern nicht der schlechtere fall sogar in eine partnerschaft treibt.
      allerdings gehen fantasien im bett oftmals mit ähnlich attraktiv scheinenden imaginationen des partners einher – eine art äquivalenz auf womöglich völlig divergierender basis zu dem partner – und dort und nur dort setzt ja eine kritik an monogamem an insofern monogamie nicht nur für eine erhaltung der subsistenzfähigkeit des menschen sprechen muss, sprich aus einer notlage für uns
      wohlstandsbürgerInnen.
      so ungefähr sehe ich das.

    9. Und dann meinetwegen die Verhandlungsrunde wenn es nicht gleich klappte, gell ?
      Nö ihr versteht mich schon, also so wirklich aalglatte Simulanten sind mir bislang kaum vorgekommen und hab ich auch seltenst von gehört auch von den umtriebigeren nicht, naja – mir sind se meistens eh hörig schon auf Sichtkontakt.
      Und die anderen profitieren davon, weil sie dadurch ja in Schach gehalten sind durch meine Schönheit.

    10. Lieber Herr Herbst, die Formulierung von der „extremen schönen Frau“ lässt mich vermuten, dass Sie in Wahrheit doch mit jemand anderem verabredet waren. Ich bin jetzt ein kleines bisschen eifersüchtig.

      Ich hoffe sehr, Sie haben den gestrigen Tag schadlos überstanden oder die Schäden waren zumindest ganz nach Ihrem Geschmack.
      Herzlich
      AT

    11. Liebe Aléa Torik, nein nein: Das w a r e n schon Sie. Wie Sie auf mich wirkten, mochte ich s o, in der Kneipe, aber nicht zeigen; ich bin, auch wenn das immer anders wirkt, in meinem Innersten ein schüchterner Mensch. Diese Schüchternheitsnot fällt immer erst beim Schreiben von mir ab, denn an bösen Kommentaren ist noch niemals einer gestorben.
      Wobei es mir guttut, Sie ein bißchen eifersüchtig zu sehen. Ich gebe zu, daß ich das auch bewirken wollte, als ich das Bild dieses schönen Popós, von dem Ihnen nichts anderes übrigbleibt als zu wissen, es sei nicht der Ihre (und Olgas wohl auch nicht, es sei denn, der “Zufall” habe uns ein höchst ironisches Schnippchen geschlagen), – also als ich dieses Bild meine Erzählung einleiten ließ. Herr Werner Traschütz hat >>>> dort Bezug darauf genommen und war von dem Popó enttäuscht, allein, um Ihnen, glaube ich, ein Kompliment zu machen, das diese neue Verlinkung mehr als rechtfertig. Ein zweites: “Also”, u m eine solche leichte Eifersucht zu bewirken, stellte ich das Bild(nis) eines fürwahr göttlichen Arsches ein, der einmal zu meiner Lust dagewesen. Da war ich aber noch jung und nicht mit >>>> dem leberwrstartig Baumelnden da geschlagen. Ich zweifele aber nicht, daß I h r Popó mich ähnlich anrühren würde wie jener am Beginn dieses Threads.

      Ihr
      ANH

    12. @alea torik “Das ist hier Literatur. Das ist Fiktion. Fiktion ist Illusion, die mit den Mitteln der Wirklichkeit hergestellt wird. So wie die Liebe auch.”

      Liebe Alea,
      Die Rüssel derer sind noch spitz, die sich hier durchs Schlüsselloch trunken saufen an der Beschreibung Ihres Treffens, und das ist gut so. Zeigt es doch, dass der Leser teilhaben will daran. Wie auch immer dann jemand antwortet oder reagiert, das hat schon gar nichts mehr zu tun mit Ihnen oder Herrn Herbst oder der Geschichte an sich. Es ist schon ganz persönliche Rückschlagswirkung und deren Niederschlag, was sich hier an Kommentaren versammelt. Insofern seien Sie nicht traurig, wenn Sie im Zuge der Reflexion gleichsam eine Figurenwandlung erfahren, die ist nämlich ebenfalls nur Fiktion.
      Was mich interessiert, ist der Satz da oben. Der steht da nämlich, als WÄRE das so, als hätten Sie damit das Wesen der Liebe beschrieben. Und ich frage mich natürlich, IST das so? Und wenn ja, woher nehmen Sie das? Ich meine, wir machen aus Liebe Literatur. Aber umgekehrt?
      Fragte neugierig
      Terpsichore

    13. @ Terpsichore, vielen Dank für die Betrachtungen zum Thema “Relativierung realer Gestalten im Prozess ihrer Fiktionalisierung”. Sie haben womöglich Recht, wenn Sie sagen, dass das, was hier über AT oder ANH gesagt wird, diese nur noch am Rande betrifft, weil es seinerseits bereits in den Prozess der Fiktionalisierung eingegangen ist. Verstehe ich Sie da richtig? Das hatte ich so nicht bedacht und beruhigt mich etwas. Es sind ja auch nicht alle, die mich beim Tabledance sehen (wollten), aber das eine oder andere war unter der Gürtellinie. Und um bei mir unter die Gürtellinie zu kommen, müssen andere Wege eingeschlagen werden, ganz andere.

      Was ich mit den Sätzen über Fiktion und Liebe sagen wollte, war dies: Liebe ist (in Wirklichkeit) eine Fiktion. Oder: dass wir uns im anderen täuschen ist das Wesen der Liebe. Woher ich das nehme, ich sag‘s Ihnen (aber hängen Sie bitte nicht an die große Glocke! Dann machen das morgen alle so): das fällt mir ein!
      Herzlich
      Aléa Torik

    14. @alea torik Ja, so hatte ich das gemeint mit der Relativierung.
      Die wahren Liebenden sind also die Blinden. Weil sie nicht WEGEN sondern TROTZDEM lieben, gegen alle Wirklichkeit. Schön, das gefällt mir. Anfangs fand ich die Idee unromantisch, aber es passt. Ich bin blind. Bliiiiiiiiind.

    1. geschickter lässt sich auf die kürze eine art purismus wohl nicht subliminal eingefordert haben, herr walhalladada – ein kabinettsstückchen aus dem hause zwerg sich dem ungeschminkten, der nackten und blossen wahrheit verpflichtet fühlend fern der flammenden kapriolen des künstlerischen.

  13. ach alea, wie wärs mit einer coop lesung mit herrn herbst im artemis? lampenfieber? oder wahlweise mit ariane sommer oder ariadne von schirach, oder mit allem, was berlin so zu bieten hat, vielleicht sogar mit hegemann und/oder goetz? moderation mit der oberpuffmutter berkewicz?

    1. ich weiss nicht ob alea schon die abgebrühtheit einer ariane sommer erreichen kann ist doch meines wissens araine schon seit geraumer zeit fest liiert, – des weiteren gäbe ich gerne zu bedenken, dass berlin längst nicht mehr als pfuhl sündenhaftiger normalität in verruf stünde es sei denn man erklärte erlösendes zur sünde schlechthin und begäbe sich somit auf mittlerweile extrem schwankende böden.

  14. oh oh da läuft beim blogging etwas aus dem ruder, da gehe ich mal in eine tabledancebar in frankfurt und lade alea torik zu einem besuch demnächst ein…

  15. Nachtrag zu gestern Die Einschätzung von Studienstiftung, dass Herr Herbst mit Texten wie diesem seine Seriosität als Musikkritiker in Frage stelle, ist natürlich Unsinn. Sexualität, in welcher Ausprägung auch immer, ist die Triebkraft, die uns handeln lässt, hingebungsvoll vögeln, jemanden hingebungsvoll anschauen, hingebungsvoll zuhören, hingebungsvoll Musikkritiken schreiben: das sind keine Gegensätze, das sind Analogien. So etwas muss man doch hören!

    Ich habe mich beim Lesen gestern köstlich amüsiert. Zuerst. Und dann habe ich mir überlegt, was ANH hier aushalten muss und habe aufgehört, mich zu amüsieren. Ich an seiner Stelle fände das alles nicht komisch. Was da gegen Ende des Tages mit mir und den Fantasien zu mir und über mich geschehen ist, das gefällt mir gar nicht. Und das sind nur die Kommentare, die ich gelesen habe, da ist sicherlich auch noch einiges, was ANH gelöscht hat, weil er glaubt, mich schützen zu müssen. Wie schnell doch aus einer schönen und klugen Frau eine miese kleine Nutte wird. Das bin ich nicht durch die Phantasien AHNs geworden, sondern erst hier.

    Melusine: ich freu mich auf ihren nächsten Brief. Den wird’s doch geben oder?

    1. @Aléa Torik zu Melusine. Es ist das Kleinbürgertum, das sich hier tatsächlich einmal mehr decouvriert hat. Es ist Neid auf Schönheit, und zwar nicht auf die Ihre, sondern auf meine. Damit das nicht deutlich wurde, mußte man S i e erniedrigen: Was kann das schon für eine Frau sein, die sich mit einem solchen Mann trifft? Ich denke, der Vorgang selbst muß Sie nicht rühren: er verrät sich selbst und entblößt sich.

      Wegen Melusine denke ich, sie wird weiterschreiben, wenn erst einmal ich selbst die Bringschuld eingelöst habe, ihr zu antworten. Dazu war in den letzten Tagen keine Zeit. Ich möchte mich aber gerne, sehr gerne, heute daransetzen.

    2. @Terpsichore. Im geheimen heißt es “Frauengold”, es tarnt sich aber als Latte macchiato, den ich selbstverständlich nur der Äquivokation halber trinke. Mit “meiner” Schönheit meinte ich ganz besonders n u r einen Bereich, nein, zwei Bereiche… ähm, drei. Moment, ich muß mal zum Spiegel.

    3. Allzumenschliches Kommentar zwischen Kaffee 2 und Kaffee 3.
      Mir persönlich ist das hier eine zu (pseudo)intellektuelle Schlammschlacht. Nicht das Blog an sich, sondern die Kommentare, in denen manch einer aufgrund der vermeintlichen Anonymität seine gute Kinderstube vergisst bzw. viel redet ohne was zu sagen.
      Kurzum: ich zähle mich zur geneigten Leserschaft, was zu allererst einmal heißt, dass ich Herrn Herbsts Bücher lese. Was ich auf dieser Plattform hier interessant finde, ist, dass mein (scheinbar durchaus vorhandener) “Voyeurismus” über diese Bücher hinaus befriedigt wird und ich ein wenig teilhaben kann am Leben eines zeitgenössischen Schriftstellers. Wer lässt schon so tief blicken? Wer stellt schon derart provokante Texte online und lässt sich im Anschluss daran zerfleischen? Nimmt sogar noch aktiv teil und moderiert die eigene Steinigung?
      Ich sehe diese Greifbarkeit als Geschenk, als milde Gabe für literaturbegeisterte Menschen wie mich, die auf der Leipziger Buchmesse dann auch fast einen zerebralen Systemabsturz erleiden, wenn sie Herrn Herbst gegenüberstehen und ein Autogramm kritzeln lassen. Sei’s drum.
      Das mag nun alles wenig literarisch sein, was ich hier so schreibe (ist auch nicht meine Profession), aber vielleicht erfreut Sie ja wenigstens die Quintessenz meines Textes: nämlich, dass ich Ihnen dankbar bin.

    4. @Undine. Danke.

      Das mit den Schlammschlachten tut mir leid, ich hatte sowas nie beabsichtigt. Aber da nun geworfen wird, halte ich es aus. Es gehört unterdessen irgendwie hinzu, zumal ja nicht wenige Kommentare n i c h t zum Schlamm gehören, der darüber hinaus, finde ich, das Feldforschungsunternehmendie, das die Dschungel eben a u c h ist, um manche Erkenntnis bereichert. Daß ich selbst dabei nicht sauberbleiben kann, liegt in der Natur der Sache.

  16. “Avec plaisir” lausche ich dem Kreischen und Zwitschern hier.
    Mir scheint: die Jagdsaison in der Dschungel ist eröffnet. Zumal wenn der Fuchs eine Füchsin ist.
    Sie, lieber ANH, sollten nur aufpassen, dass Sie nicht vom Jäger zum Gejagten werden. Als „agent provocateur“ passen Sie sicher in das Beuteschema von Jägerinnen, die auch auf der Pirsch sind.
    Amüsiert grüßt Sie und den Rest der Dschungelwelt Teresa

    1. Liebe Teresa, die Gefahr ist mir bewußt; aber ich eingestehe, daß ich gerade sie… nein, ihre Möglichkeit genieße. Schlagen Sie’s meiner von keinem (von keines!) Zweifel getrübten Eitelkeit zu. Es ist ja perverserweise so, daß ich Jägerinnen s u c h e. Alle andern sind mir viel zu brav. Stellen Sie sich vor, ich wäre der Hirsch auf der Flucht vor dem Bade; ein Genuß, von solchen Pfeilen gefällt zu werden.
      (Ich danke Ihnen für den “Fuchs”: das paßt so sehr viel mehr, als Sie wissen können. Aber das nur am Rande.)

    2. Fuchs und Hirsch Lieber ANH,
      das BILD vom FUCHS wählte ich GANZ bewusst.
      Der fliehende HIRSCH, den Sie ins Spiel brachten, “Nein”! DAS (Bild) passt sicher nicht… zumal ein schöner 50-„Ender“ sich so leicht nicht erlegen lässt – schon gar nicht von Pfeilen! DEN gilt es “lebend” (ein) zu fangen!
      🙂 Teresa

    3. …und anderes Getier Liebe/r Terpsichore,
      ich sprach nicht vom „Kaninchen und der Schlange“, sondern von jenen Dschungel-Amazonen, die sich (noch) auf die echte „FUCHS“jagd verstehen.
      🙂 Teresa

    4. in thomas klings fernhandel kann man die “akte Acteons” ganz unverklärt haben, wenn man möchte. wenngleich ich mich kaum traue, das hier hinein zu empfehlen, wo mann wie frau hier doch das jovirale so viel mehr zu lieben scheinen, als den poetisch nüchternen blick. aber man darf nicht vergessen, an das gute zu erinnern, darum empfehle ich dennoch.

    5. Weshalb das Joviale? Also ich liebe das nicht so. Und von “jovial” kann in Hettches Roman nicht im entferntesten die Rede sein. Es gibt sehr viele Actaeon-Bearbeitungen, gut und schlechte; die von Kling gehört sicher zu den guten. Übrigens ist ein poetischer Blich nicht notwendigerweise poetisch, er kann auch schwärmerisch sein, er kann romantisch sein, er kann kalt sein. Das mit dem “poetisch nüchternen” Blick halte ich für eine an den “Mood” einer Generationen geklammerte Ideologie.

    6. mit dem joVIRALEN meinte ich nicht den akteonverweis, sondern die kommentare, die sich quasi infektiös darin gefallen, ja, also, wie drück ich es am besten aus, die sich darin gefallen, es in ihrer selbstauskunft keinesfalls daran vermissen zu lassen, wie sehr sie im erotischen spiel selbst involviert seien. all die kenner und kennerinnen. ich verweise nicht oft auf mich selbst, aber, in diesem fall fällt mir einer meiner verse zu: “nun bild dir auf deine / Eingefleischtheit/Ein- / geweihtheit einen Stie- /fel ein”. es tut mir leid, es ist nur, als wenn man alles damit zertrampelt, was daran wichtig sein könnte. mein empfinden.
      ja, der mood nannte sich birth of the cool, und er brachte nicht die schlechtesten nächte zum klingen, denn er ist sich dessen sehr bewusst: nichts, wirklich nichts wird so heiss besessen, wie es gemocht wird, sonst gäbe es kein einziges liebesgedicht.

    7. ein poetischer blick ist also nicht notwendigerweise poetisch, er kann auch den geist am arsch lecken nicht oder was ist das für eine logik hier

    8. @diadorim. Joviral. Mir war das Wort nicht bekannt, also las ich es im stillen korrigierend. Entschuldigung. – Der (Die?) Birth of the cool ist freilich seinerseits ein alter Hut: bereits die Ästhetizisten entstiegen ihm/ihr, er taucht immer wieder auf, unter anderem bei Macchiavell, schließlich in der jüngsten Moderne bei Ernst Jünger und Gottfried Benn, er geht aber auch immer wieder unter. Indes, daß nichts so heiß besessen werde, wie es begehrt wird, schlichtweg falsch ist. Richtig ist: Nichts wird dauerhaft so heiß begehrt, wie es besessen wird, weil auch nichts dauerhaft heiß besessen wird. Zu unser aller Leben gehört die Vergänglichkeit. Nietzsches Ruf, daß alle Lust Ewigkeit wolle, gilt bis zu ihrer (momentanen) Erfüllung; erfüllte sie sich dauerhaft, würden wir sterben. Die großen Liebesmythen, alle, wissen das und l a s s e n deshalb sterben.

    9. philemon und baucis? sie gönnen sich keine zwischentöne, oder? aber selbst die schönsten schwarzweißaufnahmen haben ein enormes spektrum an grauwerten. mir scheint, sie waren zu lange nicht verliebt. berlin ist ein schwieriges pflaster, um sich zu verlieben. sie sollten mal eine weile da raus.

  17. rtl wer hier versucht ne rtl show abzuziehen, bekommt das entsprechende feedback, schon was von kybernetik gehörtß

    1. @palinurus. Zu RTL. Man bekommt immer nur die Sendungen zu sehen, für die man den Fernseher auch einschaltet. Es hindert Sie niemand, ihn auszulassen- So halte i c h das immer. Ich selber verursache meine Einschaltquoten jedenfalls nicht.

      Was RTL im Speziellen anbelangt, mag ich Ihren Vorwurf gern auf mir sitzen lassen, sofern Sie mir das Honorar anweisen wollten, das ich dort verdienen würde, würde Die Andere Emmanuelle dort denn endlich ausgestrahlt.

  18. ich habe mir die nicht ganz unangenehme mühe gemacht, sämtliches zu lesen und verstehen zu wollen, hier wie dort. ich schwanke nun zwischen hochachtung und schöner gestalterischer gelassenheit, sowohl den formulierungen gegenüber, wie auch den geschehnissen und festhaltungen unter berücksichtigung von herkunft, hormonen, wetter, schulbildung, vermutetem aussehen und lebensalter sowie jahreszeit, rezeptionsdekaden bezgl. genderproblematiken, grundprägung und bisheriger verwundung (mitsamt werk/oeuvre).

    unterm strich würde ich sagen, eine sehr schöne bühne. eine, die alles verbirgt und zu zeigen versucht, aber eben mit dabei auch jene liebe/LOVE/amour… dem hennazweifel entreißt. und das bei gleichzeitig maximaler ausschöpfung sämtlicher interessen, immer also mit den zähnen am äpfelchen.

    das gibt es (so) so oft nicht. und das ist gut (!) und das wollte ich jetzt hier noch anerkennend für sie beide (ANH sowie A.Torik(?)) ins balaton/banat hineinschreiben, jenseits von fürchterlicher studienstiftung und süßem ewigsündenfall (bei ‘arsan’ sehe ich komischerweise immer grün und denke an pfeffer von weit her).

    1. Kavaliersdelikt und Kapitalverbrechen Lieber Schneck 08,
      ich empfinde Ihren Kommentar als sehr wohltuend und denke ANH wird da nicht viel anders reagieren. Er reagiert lediglich anders, was Konfrontationen angeht. Ich lösche nahezu alles, was mich verletzten könnte, durch Dämlichkeit oder Anzüglichkeit. Aber AHN ist da ganz anderer Auffassung, der nimmt jede Herausforderung an. Allerdings ist er ein Mann. Wenn ein Mann sich mit einer (zu) jungen Frau vergnügt oder mit (zu) vielen, dann sind das höchstens Kavaliersdelikte. Eine Frau, die ähnliches tut, begeht hingegen ein Kapitalverbrechen.

      Noch ein Wort zur Geografie: Ich stamme aus Hermannstadt, das liegt in Siebenbürgen. Herta Müller war aus dem Banat. Balaton liegt in Ungarn, das kenne ich lediglich als Urlaubsgebiet. Von Emmanuelle und Arsan habe ich hier zum ersten Mal gehört.

      Herzlich
      Aléa Torik

    2. @Aléa Torik. Ich bitte um Pardon und ändere Banat in Siebenbürgern; die Rumäniendeutschen mögen es mir verzeihen, auch wenn sie mir manch anderes n i c h t verzeihen. Zum Beispiel bin ganz bestimmt auch ich Securitate-Protokolleur gewesen, als man mich warnte, es könne meinem Sohn versehentlich etwas geschehen und man mir Bilder von zerquetschten Zwillingskindlein zeigte.

      (Andererseits: Ich denke gerade, daß Frau Arsan ja Literatur ist; sie m u ß nicht dokumentarisch sein. Also darf sie d o c h aus dem Banat stammen. Bei Siebenbürgen nähme man ohnedies an, ich hätte wie Hegemanns Helene bei Stoker abgeschrieben… Sie wissen schon, die Schwestern des Grafen, denen man Kindlein in Säcken zuwirft.)

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