Arbeitsjournal. Freitag, der 1. Juni 2007.

5.15 Uhr:
Das sind so Tage… Ich komme pünktlich in die Arbeitwohnung, und der Musikcomputer fährt nicht hoch. >>>> Don’t panic, denk ich, >>>> ein Handtuch liegt eh über der Lehne des Schreibtischstuhls. Probieren. Nein, will nicht… ähm, das Handtuch s c h o n… der Computer. Überhitzt, denk ich, ich hatte ihn längere Zeit über einfach angelassen, und der Lüfter arbeitet sowieso, wie auf Stromboli nachts der Wind klingt… Netzteil durchgeschmort also? Schließlich stellt sich heraus, daß es bloß der Dreierstecker war, der die Inanspruchnahme nicht mehr ausgehalten hat, ohnedies ein bereits geflicktes Billigding aus einem 1-Euro-Laden, das sich schnell wird austauschen lassen. So kann ich denn weiterarbeiten.

[Maderna, Satyricon.]

Aber anderes wird mich abhalten, Nötiges. Katanga hat für das nun schon länger ungenuzte Zimmer in der Väter-WG einen Nachmieter gefunden, so daß wenigstens diese Mietbelastung von meinen Schultern genommen ist. Nur muß jetzt ausgeräumt werden, und ich habe keine Ahnung, wohin mit den Sachen. Vieles kann in den/einen Keller, Spielsachen vor allem, mit denen mein Junge nicht mehr spielt, und bis die Zwillinge soweit sind, wird einige Zeit vergehen. Aber wohin mit meinen Klamotten? Die Arbeitwohnung ist gestopft voll mit anderem, und bei der Geliebten ist wirklich auch kein Platz. Hm. Umzugskartons besorgen und gut abdichten… Jedenfalls wird das mein Wochenende beschäftigen. Besser nicht dran denken und erstmal >>>> mit AEOLIA weitermachen, deren Gesänge nun deutlich ihrer Coda entgegenstreben.
Guten Morgen, tutti insieme.

7.14 Uhr:
[Dallapiccola, Frammenti di Saffo.]
Das nächste, ein zum zweiten Mal auf abc-abc-de-de verkürztes Sonett fertig und sogar schon den darauffolgenden Übergang, der den e-Reim aufnimmt, den Text insgesamt aber s o fortsetzt:

e – f – g | h – h | i – i | j – k – e,

so daß die e-Reime die nächste Form mit der wiederfolgenden verklammern; die Überarbeitung des dann fertigen Rohling wird so etwas auch über die Rhythmen herzustellen versuchen. Meine Idee ist es darüber hinaus, daß dort, wo die gelinden Erdbeben den bevorstehenden Vulkanausbruch ankündigen, jeweils das strenge Versmaß b r i c h t, jedenfalls deutlich gestört ist. Auch das wird die Überarbeitung stärker herausformen müssen, als es bislang der Fall ist. Was ich noch n i c h t weiß, das ist, wie ich mit dem bislang >>>> in völlig freiem Rhythmus geschriebenen Anfang, dem Wind-Hymnos, schließlich umgehen werde. Ich will da aber so lange noch nichts verändern, bis der ganze Rohling fertig ist.
Dafür habe ich jetzt die kleine Blumen-Schummelei, von der ich Ihnen >>>> gestern um 18.16 Uhr schrieb, aus Gründen durchzuhaltender Strenge wieder rückgängig gemacht; das ging auch, weil, wie ich jetzt recherchiert hab, besonders pelargonium graveolens sich durch einen Rosenduft auszeichnet, was einerseits gut zu der alten Frau paßt und andererseits mit „Rose“ genau den mythischen Ton anschlägt, den ich >>>> in der entsprechenden Szene haben möchte. Nun hätte ich gern noch nachgeschaut, ob sich mit der Geranie eine symbolische Bedeutung verbindet, aber weder Grimms Deutsche Myhologie, noch meine Symbollexika, noch das Handbuch des Deutschen Aberglaubens, noch Ranke-Graves, Walker oder Frankenberg geben da irgend eine Auskunft; auch ist im Netz nichts zu finden. Sollte jemand unter Ihnen etwas darüber wissen, wär ich für Hinweise dankbar. Ansonsten setze ich eine Bedeutung.
Ah ja, da ich Sie gerade anspreche und da ich gerade einmal wieder Dallapiccolas Sapho-Fragmente höre: wer noch Interesse am >>>> San-Michele-Hörstück hat, möge sich ebenfalls >>>> melden. Was mir in Erinnerung bringt, daß ich unbedingt mit Zenke vom Deutschlandfunk wegen des zu schreibenden Stromboli-Hörstücks telefonieren muß. Ich hab jetzt den Impuls, die AEOLIA-GESÄNGE rezitierend als Grundlage zu nehmen. Nur wird das mal wieder zu den Erwartungen nicht passen, die der Funk an ein Feature, selbst ein poetisches, stellt.

9.22 Uhr:
[Monteverdi, Lamento d’Arianna.]
Ich bin ganz aus dem Häuschen, ganz glücklich – >>>> darüber. Und muß das unbedingt unbedingt jemandem mitteilen, selbst wenn da nur viele viele Leser, die ich gar nicht kenne, Der Dschungel sind. Das ist jetzt so einer d e r Momente, in denen ich mit meinem Beruf vollkommen glückhaft einig bin. Das macht es all diese Kämpfe w e r t. Grad könnte ich hinauspesen und eine jede, einen jeden umarmen, die und der mir begegnet, sofern man nur angenehm riecht…

11.56 Uhr:
Es geht echt einfach so weiter. Aber ich brauch Schlaf, vier Stunden nachts sind zu wenig. Meine Augen, die schlechter zu werden scheinen und neuerdings dazu neigen, nach längerer Arbeits- oder Lesezeit zu tränen, brennen etwas und mögen sich nicht recht scharfstellen. Also unterbrech ich, was fließt, und leg mich zum Mittag, der, verkleidet als Couch, zum Schreibtisch dunkelblau herüberschimmert.

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