Winde/Vulkane (AEOLIA-GESÄNGE 22). Stromboli (34).

(…)

Und alles momentlang erstarrte, nur nicht das Beben
Und alles warf den Kopf ins Knistern Ein Glas
fiel hinter der Theke Zerschellte Und die Vitrine

wurde kräuslig matt momentlang Krinoline
deren Stahlband sich entspannt, was
den Kegel des Berges, um ihn anzuheben

momentlang sehr verschmalte
Es rutschten die Häuser vom Hang

am währenden Ende der Welt Ich bezahlte
und lief hinaus in den Untergang


Terracottane Töpfe lagen in Scherben die Gasse entlang
schwarz die zerstreuselte Erde und Pflänzchen gejätet
bevor man sie zu Häufchen recht

blendendes Blau
doch überall ein „Guarda!“, „Schau!“

den Arm gestreckt, die Zeigefinger
wo ein geringer

n o c h, ein p u f fender Rauch,
von der verdeckten Sciaraflanke, schwebte
sich hielt um den Gipfel, als hielte der Dohlengesang

den außer ihm und dem Mädchen, und außer m i r auch,
gar niemand hörte, und außer der Toten, die lebte

ihn dort fest und hieß ihn, das Brautbett, einen Altar,
dunkel zu umfloren – ein Vorhang aus Schwefel,
den frevelnden Blicken die, die sich gaben,
schon jetzt zu entziehen – die sich noch gar nicht kannten…
Wer war’s? Wer ist es? Wer kam?
Aeolia die Bergschuh an Schnüren
wippten über der Schulter lief
ein argloses Bergkind zum Hafen

barfuß an mir vorbei ich sah
ihren Atem mich streifen
roch das Rascheln ihres Kleides
in ihren Kniekehlen spielen

Windin
Winden entgegen
die noch schlafen
die Sohlen der Füße rührend verschmutzt

ihre Achselhöhlen verströmten den Geruch wilder Kapern
den bei Erregung dieser Frauen Geschlecht, wenn es sich füllt
ganz salzig macht – wie in der Lake bittre Beeren schmecken
und riechen nach Watt, s o schmeckt sie a u c h –

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5 thoughts on “Winde/Vulkane (AEOLIA-GESÄNGE 22). Stromboli (34).

  1. zur fortgeschrittenen Stunde und auf die Gefahr hin, mich Ihres Unwillens zu versichern: die Technik ihres Versumbruchs mutet mir an, wie die Lyrik jener Dichter, die meinen ein Gedicht entstehe durch Zeilenumbrüche. Leider vermögen daran auch noch so eine ausgefeilte Strukturierung und noch so tiefgründige Lyrik-Theorie nichts zu ändern, denn für meine Wahrnehmung mangelt es diesem Werk am Gleichen, wie auch besagten Lyrik-durch-Zeilenumbruch-Texten: einer Tiefe, die sich dadurch auszeichnet, etwas Allgemeineres aus Individuellem atmen zu lassen. Oder meinetwegen auch einer Intensität, die mitreißt.
    Wie wohltuend empfinde ich doch ‘Meere’ dagegen.

    1. @ Alexander Nicolai. Nun ja. Man “hört” die Musik, oder man “hört” sie nicht. Sie sagen es ja auch selbst: “für meine Wahrnehmung”. Dagegen mag ich gar nichts halten. Um meine Arroganz aber ein wenig hinunterzuschrauben: Lesen Sie einfach laut, mit Stimme. Dann wird’s Ihnen evident werden. Oder halt auch nicht.

    2. evidenter, ja. Ohne Zweifel. Es käme mir auch nicht in den Sinn, Ihnen die Fähigkeit des ‘Musizierens’ absprechen zu wollen. Gerade dieses Könnens wegen aber wünschte ich auch, Sie dichteten mit anderen Tönen. Zugegebenermaßen ließe sich das auch auf eine Geschmacksfrage reduzieren, ebenso wie auf die Freiheit eines jeden Dichters sein Sujet und Thema selbst zu wählen, eine Freiheit, die gerade ich auch meinem Werk voran zu stellen pflege.
      Möglicherweise mögen wir uns in dem Punkt einig sein, dass diese Freiheit allein Evidenz noch nicht zu garantieren im Stande ist, gleichwohl sie deren Basis bildet.
      Oder, um es, ihrem Beispiel folgend an Bach zu erklären:
      was hat dieser Mensch für bewegende Musik ersonnen, und was für – Schlaftabletten, für die er sich seines Genius wegen fast schämen müsste.
      Nun, einem Meilenstein geht ein Weg voran, der gesäumt ist mit Kieseln.

      in Erwartung des Meilensteins und mit freundlichen Grüßen
      Alexander Nicolai

    3. @ Alxander Nicolai, ff. Bach. Mir ist gerade bei Bach nicht eine einzige “Schlaftablette” bekannt – und ich kenne v i e l, sicher nicht alles, von ihm. Freilich kenne ich manche bach’sche Musik, die ich über lange Jahre nicht mochte, ja verabscheut habe – etwa die Passionen. Aber das ist etwas anderes, weniger Geschmackliches als vielmehr Ideologisches nämlich, und hat sich mit meiner verlassenen Jugend nahezu gänzlich aufgehoben.
      Was Sie über Bach schreiben, das empfinde ich allerdings über Mozart (W. A.), dessen Neigung zu Divertimenti und Ständchen – man könnte sagen: zum Pop – möglicherweise so war, wie sie (mir) klingt.

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