…. meine freundin hatte eine überraschung für mich: „zieh dir ganz warme sachen an, vor allem festes schuhwerk, mützi und handschuhe nicht vergessen.“ wir fuhren zu dem weihnachtsmarkt, der jedes jahr auf gut basthorst stattfindet. dieser ist wirklich sehr schön, viele sehr große scheunen, in einigen davon reihen sich stände mit allerlei kunsthandwerk aneinander, in anderen wird ausschließlich für das leibliche wohl gesorgt. pferdekutschen drehen ihre runden, draußen zwischen den scheunen noch mehr stände, und kleine buden, wie auf einem weihnachtsmarkt eben. auf dem ganzen gut in abständen große eisenkörbe aufgestellt, in denen holz brannte, die scheite knackten, daß die funken nur so flogen. busse des öffentlichen nahverkehrs bringen die menschen vom hamburger zob direkt dorthin. ich erinnere den weihnachtsmarkt in hannover, der für mich immer unerträglich war, weil sich die massen eher schieben, als sie zu gehen in der lage sind, was auf diesem weihnachtsmarkt, auf grund der größe des gutes, trotz dieser menschenmenge, nicht der fall ist. das mit dem festen schuhwerk war gut geraten, es hatte zu regnen begonnen, der niesel fiel eh schon den ganzen vormittag hellgrau in dunkelgrau, hatte das ganze erdreich der wege völlig aufgeweicht.
„wie war das jetzt?… crepes, bratwurst, mutzenmandeln, heißen fliederbeersaft, bratapfel, apfelpunsch, maroni, holunderlikör, danach eine krakauer im brötchen.“ „ja, und die herrentoilette.“ „da warst aber nur du, nicht ich.“ irgendwann mußte ich dann doch mal nötig, sah vor der damentoilette eine lange schlange, die herrentoilette komplett frei. „weißt du was?, es ist mir jetzt völlig egal, ich muß mal, wieso soll ich d a lange schlange stehen, wenn d o r t frei ist.“ die dame, die mich empfing lachte: „jau, komm’se ruhig rein, is keener hier.“ die urinale waren gleich nebenan, ich saß auf der toilette, die durch eine kleine trennwand von diesem areal getrennt war, als ich wieder rauskam, standen fünf männer vor mir…. „ups?“, sagte einer. ich grinste nur.
einen handgefertigten teddybär kaufte ich, taufte ihn auch gleich. john heißt er. meine freundin stand lachend hinter mir, ich konnte mich von diesen vielen teddybären garnicht trennen. war allerdings zu anfang bei der inhaberin des standes gleich ins fettnäpfchen getreten. ich sah da so ein kleines rosafarbenes etwas, fragte laut und deutlich: „was für ein tier ist das denn?“ sie blickte mich erbost an: „das ist ein teddybär.“ „na ja, sie müssen schon zugeben, daß ein teddybär mit langem fell schon ein ungewöhnlicher anblick ist.“ da lächelte sie: „stimmt.“ einige der teddybären trugen langes fell. „du willst doch wohl nicht einen teddybär kaufen?“, fragte mich meine freundin. „warum nicht, mein aus england zugereister sitzt die ganze zeit so allein auf seinem platz, er könnte gut gesellschaft gebrauchen.“ tatsächlich stand ich immer wieder vor diesem einen, sah ihn mir immer wieder an. „ein richtiges teddybärengesicht“, dachte ich, versuchte, ihn aus dem regal zu nehmen, was mir nicht gelang, weil er irgendwie festgeklemmt war. „soll ich ihnen den bären mal da rausholen?“ „ja bitte.“ meine freundin: „das glaub ich jetzt nicht, du kaufst dir tatsächlich einen, und dann auch noch ausgerechnet diesen, der sieht schon völlig abgeliebt aus.“ „ich kann überhaupt nichts dafür, daß der mich ständig so anguckt.“
als wir unsere runden über den markt gegangen waren, hatte meine freundin eine gute idee: „weißt du was, ich liefere dich jetzt bei dem stand mit den alten büchern ab, hole mir den walnußkuchen und den tannenhonig, danach hole ich dich am bücherstand wieder ab. fünf schöne alte bücher fand ich. eines von charles baudelaire, „entre dieu et satan“, rene juliard, 1945, daneben stehend, auch ein glücksgriff, eine zweisprachige gedichtauswahl von baudelaire, von wilhelm hausenstein, 1969. eines von voltaire, romane und erzählungen, deutsch von ilse lehmann, dieterich’sche verlagsbuchhandlung leipzig, 1950. und dann eines, welches meine kindseele erfreute. selma lagerlöf, die wunderbare reise des kleinen nils holgerson mit den wildgänsen, mit 95 textabbildungen, und 8 farbigen vollbildern, der text in fraktur. es ist von albert langen/georg müller/münchen. es steht kein jahrgang im buch, hat 504 seiten, ist fadengebunden, hinten im buch fand ich den wunderschönen druck einer übersichtskarte des weges, den die gänse durch schweden nahmen. es ein sehr schönes buch. zum schluß fand ich noch ein schmales büchlein, thomas von aquin, ordnung und geheimnis, brevier der weltweisheit, hegner bücherei, kösel-verlag münchen, 1949, die texte zusammengestellt und verdeutscht von josef pieper. was ich für alle bezahlte?, mag ich gar niemandem sagen. ich fragte den jungen mann, woher er die bücher bekäme. „aus haushaltsauflösungen, der erlös ist für einen guten zweck“, den er mir erklärte. ich war dann ganz still, wohlwissend, daß die beiden bücher von baudelaire das 30fache des von ihm genannten preises in antiquariaten kosten, legte insgesamt noch was drauf, worüber er sich sehr freute. ich packte alle meine schätze in tüten, und noch mal in tüten, wollte sie geschützt zum auto tragen.
ein schöner nachmittag war das. am 15.12. werde ich noch einmal zu diesem gut fahren. der lettische mädchenchor „cantus“ wird an diesem abend ein konzert geben, das will ich mir nicht entgehen lassen.
eine erwachsene frau, die einen teddybären kauft… tzz.. tzz. die erwachsene frau trinkt auch fencheltee, und das mit dem teddybären hat seine bewandtnis. meine mutter „entsorgte“ meinen teddy, der mich viele jahre meiner kindheit begleitete, eines tages einfach. ich war 13 jahre alt, kam nach hause, mein teddy war weg, einfach weg. immer wieder wollte ich mir in den folgenden jahren einen kaufen, immer wieder ließ ich es bleiben, stand davor, kaufte nicht, etwas hinderte mich daran. im frühjahr diesen jahres bekam ich von einer kollegin aus dem alten standort zum abschied einen teddybären, den ihr mann für mich, auf ihr geheiß hin, aus england mitgebracht hatte. „damit sie wissen, mit wem sie rumzicken können, b e v o r sie aufstehen.“ ich kam einmal derart schlecht drauf morgens ins haus, sagte ihr nur: „sprechen sie mich bloß nicht an, ich hab schon rumgezickt, als ich heute den linken fuß aus dem bett auf die erde setzte.“ „haben sie keinen, mit dem sie rumzicken können, noch nicht einmal einen teddy?“, fragte sie mich. „ein teddybär kommt mir nicht mehr ins haus“, sagte ich, und erklärte es ihr. sie ignorierte es auf ihre weise, sagte mir auf ihre weise damit aber auch, wie gern sie mich hat. nun sitzen zwei teddybären auf meinem sofa. wie sie heißen?… dirk und john. ich schaue sie mir immer noch mit gemischten gefühlen an. meine mutter hatte nämlich nicht nur meine ganzen kuscheltiere, und die puppen, sondern auch noch gleich meine ganzen bücher entsorgt. ich saß in meiner zimmerhälfte auf meinem bett, und nichts mehr von dem, was ich liebte, war da. mein kindich weiß immer noch genau, wie sich das anfühlte, und…. es verzieh nie.
john
dirk und john