…. bei meiner schwester in der küche das dachfenster geöffnet, auf die ziegel gefaßt, nur eis fühlend, mich dazu entschlossen, so früh wie möglich wieder zurück zu fahren. was eine gute entscheidung war. eisregen… mein eumel war in eine glasschicht eingehüllt, was sich dank heizbarer frontscheibe vorn sehr schnell ablösen ließ, mit dem türschloß hatte ich trotz türschloßenteiser schwierigkeiten, also hochgeflitzt, heißes wasser geholt, ins türschloß gespritzt, dann konnte ich aufschließen. durch die nebenstraßen im ort fuhr ich auf grasrändern, wenn ich sie sah, wenn ich an kreuzungen ranfahren mußte, bremste ich den wagen durch ein ständiges kupplung kommen lassen ab, im zweiten gang fuhr ich wieder an. fast die gesamte strecke war nur die rechte spur der autobahn wirklich befahrbar, immer wieder eiskrusten mit schlierig nassem schnee auf dem asphalt. einmal fing der wagen in den spurrillen an zu schlingern, ich blieb aber ganz ruhig. einfach nicht bremsen, das lenkrad ganz locker genauso halten… 155er winterreifen, also eher schmale, und der frontantrieb zogen den wagen durch dieses stück. unterwegs sah ich immer wieder blaulicht, abschleppwagen, unfälle, meistens waren es die großen wagen mit heckantrieb, die an der seite im graben lagen, oder völlig verbeult am straßenrand standen, und immer wieder streufahrzeuge im einsatz. bei soltau wurde es dann richtig glatt, ich fuhr halb auf der standspur, damit die reifen den schnee greifen konnten. nach 2 ½ stunden hier zu hause angekommen, hier den schnee aber suchend, den wagen untergestellt, die sachen in die diele gestellt, mir erst einmal einen kaffee gemacht. ich hatte bei meiner schwester weder geduscht, noch gefrühstückt, wollte einfach nur losfahren, als ich das eis sah.
das wochenende war sehr schön, aber auch sehr anstrengend. das nächste mal sage ich nicht allen, daß ich fahren werde. jeder wollte mich sehen, ich hatte aber nicht die zeit für alle zur verfügung, die ich gebraucht hätte. mit unserem bruder gab es eine heftige auseinandersetzung: „mein sohn hat sein mittagessen an unserem gemeinsamen eßtisch einzunehmen, und nicht in seinem zimmer.“ der junge ist jetzt 17 jahre alt, beginnt sich abzusondern, ist ständig auf achse… kommt nach hause, greift sein essen, und verschwindet in seinem zimmer, womit der vater, mein bruder, nicht klarkommt. meine schwester versuchte es ganz behutsam… erklärte ihm, wie wichtig diese phase jetzt für den 17jährigen ist, er aber wollte nicht verstehen. sie haben überhaupt keine probleme mit dem jungen, er ist klassenbester, lernt bis in die nacht, macht seinen sport… ist eher introvertiert, sagt immer, wohin er geht, ruft an, wenn er irgendwo über nacht bleiben will. bis jetzt akzeptierte er sämtliche forderungen seines vaters widerspruchlos, nun aber ändert sich das, was mein bruder nicht versteht, dabei ist es wirklich nur diese eine einzige sache. er will jetzt, während der ferien, in seinem zimmer essen, sein vater will das aber ums verrecken nicht, und als er dann den satz sagte: „solange mein sohn seine füße unter meinen tisch stellt, hat er zu gehorchen“, rastete meine schwester aus. beide brauchten lange, bis sie sich beruhigten. es stellte sich heraus, daß der junge dies nur während der ferien so machen will, ansonsten sitzt er immer gemeinsam mit der familie zu allen mahlzeiten am eßtisch. er hat jetzt während der ferien endlich mal zeit für dinge, die er sonst in seinem gewünschten maß nicht tun kann. er hält sich im netz auf, spielt spiele mit anderen, chattet gern. „meistens haben wir schon gegessen, wenn er dann endlich die treppe runterkommt.“ meine schwester schaute meinen bruder an: „das war bei meinem sohn genauso, du mußt ihm eine halbe stunde, bevor gegessen werden soll, bescheid sagen.“ „wieso das denn?“ „weil er ein solches spiel nicht gleich beenden kann, er muß die goldstücke sichern, die leichenberge beseitigen, er muß alles abspeichern, tut er das nicht, ist alles, was er erreicht hat, für die katz gewesen. also sagt ihm einfach früh genug bescheid.“ „ich versteh das nicht, wieso braucht er so lange, um die spielergebnisse zu sichern.“ „das dauert eben so lange, hast du ihm dabei schon einmal zugesehen?, oder mitgespielt?“ „nie im leben nich.“ ich sagte meinem bruder dann noch, daß er eh damit rechnen müsse, daß sein sohn in absehbarer zeit eigene wege gehen und aus diesem grunde auch mal widersprechen würde. er ihm jetzt, damit er für sich selbst erkennen könne, diesen raum lassen müsse. „kommt garnicht in frage, er braucht eine struktur, damit er es lernt, sich innerhalb dieser zu bewegen.“ „das ist ja nicht verkehrt, dein sohn geht aber seit 17 jahren parade in deiner spur, hattest du jemals probleme mit ihm?“ „nein, überhaupt nicht.“ „was ist dann daran so schlimm, wenn er während der ferien in seinem zimmer essen möchte. er sitzt weiterhin mit euch beim frühstück und beim abendessen. er möchte selbst entscheiden, wo er sein mittagessen einnehmen möchte, also laß ihm diese entscheidung. er ist eh viel zu angepasst, und das weißt du auch.“ „ja… mir wäre es viel lieber, wenn er öfter mal widersprechen würde.“ da fing ich an zu lachen: „jetzt tut er das tatsächlich das erste mal, und dann akzeptierst du seinen willen nicht?“ „bei uns wird am tisch gegessen.“ „du könntest deinem sohn entgegen kommen, du stellst die regel auf, daß in den kinderzimmern nicht gegessen werden darf, machst aber für die ferien eine ausnahme.“ „kommt garnicht in frage, es wird das getan, was ich sage, basta. er muß es lernen, sich in die familiäre gemeinschaft einzufügen, dafür muß man opfer bringen, ich tu das, seitdem die kinder geboren wurden.“ „und jetzt erwartest du von deinen kindern, daß sie in diesem von dir gewollten sinne opfer für diese gemeinschaft bringen? weißt du eigentlich, was für probleme andere eltern mit ihren kindern haben?. du kannst ganz ganz dankbar dafür sein, daß dein junge bis jetzt nur in der von dir vorgegebenen spur ging, er will jetzt das erste mal ausbrechen, dieses nur zart angedeutete wollen ist wichtig für ihn, er will für sich sein, selbst entscheiden können, was er tun und lassen will, daran wirst du dich gewöhnen müssen.“ „das ist doch alles scheiße, da reißt man sich den arsch für die kinder auf, und sie… sie sind irgendwann nur noch zum essen und schlafen zu hause.“ „ja, du bist als vater der bogen, der den pfeil abschießt, die richtung vorgibt, aber ins ziel müssen die kinder, auf dem pfeil sitzend, selbst fliegen.“ da bekam er ganz große augen… sagte eine weile nichts. „du erwartest tatsächlich auf diese art und weise dankbarkeit von deinem sohn dafür, daß du ihm die schritte in sein eigenes leben ermöglichst?. es wird zeit, daß dein sohn es lernt, nein zu sagen. wenn er das bei dir als vater nicht tun darf, prägst du ihn noch mehr, als du es jetzt schon getan hast. er sagte bis jetzt niemals nein dir gegenüber, tut alles, was du von ihm forderst, die struktur, die du für notwendig erachtest, die ja auch wichtig ist, hast du ihm die letzten jahre schon mitgegeben, denn er geht, wie du selbst sagest, nur geradeaus. manche eltern wären froh, lernte ihr kind freiwillig und selbst jede nacht bis in die nacht. wenn du diese art von dankbarkeit von deinem sohn erwartest, tust du nichts anderes, als das, was unsere mutter jahrelang mit uns getan hat, was sie heute auch noch tut.“ da war er still, sagte nichts mehr, aber ich sah, daß es in ihm arbeitete. „du mußt ihn loslassen, und wenn dieses loslassen tatsächlich nur darin besteht, zu akzeptieren, daß er während der ferien das mittagessen in seinem zimmer einnehmen möchte, hast du im vergleich zu anderen eltern, eine nur ganz winzige in deinem innen vorhandene problematik, nämlich deine eigene. dein sohn hat nicht das problem, du hast es. dein sohn beginnt sich zu lösen, damit kommst du nicht klar.“ da beruhigte er sich: „so hab ich das noch nicht gesehen.“ meine schwester aber brauchte noch eine ganze weile, bis sie wieder ruhig wurde, weil sie in dem verhalten meines bruders unsere mutter erkannte, was für sie unerträglich war. sie verließ irgendwann das zimmer, kam eine weile nicht wieder, wollte für sich sein. künftig wird der junge während der ferien in seinem zimmer essen dürfen, während der schulzeiten gilt die regel, daß in den kinderzimmern nicht gegessen werden darf. und, es wird ihm während der ferienzeiten früh genug bescheid gesagt werden, wann das mittagessen auf dem tisch stehen wird. mir war völlig klar, warum mein bruder so reagierte, aber so ganz geraderaus sagte ich ihm das nicht, ich versuchte, mit dem was ich sagte, es zu umschreiben. er selbst brach in diesem alter völlig aus jeder vorhandenen spur, baute nur noch scheiße, erschwerte sich selbst damit seinen weg in sein leben, brauchte jahre, um das wieder aufzuholen. heute weiß er das, und deshalb hat er schon bei geringsten anzeichen eines solchen verhaltens seines sohnes angst um seinen sohn. er möchte verhindern, daß seinem sohn das gleiche passiert, diese angst aber, ist s e i n e, er hat immer noch kein vertrauen in sich selbst, weil er weiß, wie kontrolliert er seit jahrzehnten, seit damals, lebt.
diese auseinandersetzung hielt den ganzen abend an, immer wieder flackerte sie unterschwellig auf, was ziemlich anstrengend war. in meinen augen wäre es überhaupt nicht der rede wert gewesen… wenn meine tochter sich dazu entschied, in ihrem zimmer essen zu wollen, akzeptierte ich das einfach. dieses tun zu wollen, dauerte nur eine kleine zeit… irgendwann kam sie aus ihrem zimmer: „ich eß lieber doch bei dir… ist scheiße, immer allein zu essen.“ nur, genau darauf mußte sie selbst kommen, es selbst zu erkennen, ist immer noch der beste, nämlich eigene, nicht von anderen vermittelte erfahrungswert.
mein kind benahm sich richtig daneben. anstatt mich zu begrüßen, empfing sie mich mit den worten: „ich hab ein problem“, kündigte dieses telefonisch auch vorher an, aber ohne mir wirklich zu zu sagen, worum es ging. „und… welches?“ „ich hab kein geld diesen monat, es reicht hinten und vorne nicht.“ ich dachte, ich höre nicht richtig. „guten tag mein kind, ich freue mich auch darüber, dich zu sehen.“ „ja, ich freu mich auch, kannst du mir was leihen?“ „sag mal, wie dreist willst du dich eigentlich noch verhalten, du räumst mir mein konto leer, erwähnst die möglichkeit einer rückzahlung überhaupt nicht, und erwartest jetzt von mir, daß ich deine taschen fülle?. ihr an mich sogleich gerichtetes ansinnen sorgte dann für eine nicht sehr gute atmosphäre, es verletzte mich, ich konnte das nicht gut schlucken. nachdem ich ihr gesagt hatte, daß sie von mir keinen cent mehr bekäme, hatte sie dann plötzlich auch nicht mehr viel zeit, was mich noch mehr verletzte. ich fuhr mit einem ziemlich mulmigen gefühl im bauch wieder zu meiner schwester, war traurig, was auch meine schwester nicht lindern konnte. heute früh entschloß ich mich auch aus diesem grund dafür, so schnell wie möglich wieder nach hause zu fahren, ich wollte allein sein. die mit meinen geschwistern und den freunden verbrachte zeit aber tat mir sehr sehr gut.