ABDQ-119-APCA

Die Glocken läuten (neunzehn Uhr), vom Rathausplatz herüber ein “Ave, ave, ave, ave”. Ferragosto. Mein Besuch schläft, ihn erschöpft eine Otitis. Als er am späten Nachmittag auftauchte, begleitete ich ihn gleich zum Krankenhaus gegenüber, die ihm aber nichts weiter gegeben, und er vertraue sowieso eher auf seinen Homöopathen. Obwohl er wie ich bis gegen Mittag geschlafen, er jedoch bei der Freundin, heute dann hier. Ich kam morgens um vier ins Bett, die Musik auf den Plätzen ging voran bis viertel nach drei. Nun die Blaskapelle zur ganz offensichtlichen Prozession. Und zum Fenster geeilt und das Bildnis vorüberziehen sehen, in Wahrheit jedoch nur dessen glühbirnengespicktes Profil. Dasselbe Fenster, durch das wir gestern zu dritt auf die Wand der Jugendherberge ab halb zwölf eine Art Life-Ecriture projizierten, direkt über der darunter spielenden Folklore-Band, der Platz ansonsten brechend voll. Und vor dem Ende der Musik war tatsächlich nicht an Schlafen zu denken. Allein in der Oberstadt vier Plätze belegt, weiter unten noch weitere, zumeist hämmernde Disko-Musik. Manchmal zuckte es in den Gliedern, aber dann doch das Innehalten, Weitergehen oder Fortführen von Gesprächen. Das allerdings angenehme Hinabschlendern, um alles abzuklappern, dann wieder hinauf, ein Stück Wegs mit einem der pubertierenden Neffen, den ich auf die jungen Mädchen aufmerksam machte, was wahrscheinlich nicht nötig war: “Überkommt dich vielleicht ein bißchen Nostalgie?” Natürlich versicherte ich ihm ein ausweichendes: “Nö, nö.” (Immerhin derjenige, der mir einmal mit vier Jahren “Mit dem Bleistift.” antwortete, als ich ihn fragte, ob er schon wisse, wie man seinen Namen schreibt). Am Ende dann nur das Warten auf das Verenden sämtlicher Lautsprecher, um dann vorm Schlafengehen den Ohren noch eine halbe Stunde Keith Jarrett zu schenken. Denn sie brauchten es. Wäre nicht die extrovertierte Freundin gewesen, ich wäre gestern Abend mit dem introvertrierten Dichter, der nun immer noch schläft, nicht wirklich klargekommen. Er spricht nicht laut, wahrscheinlich wie ich. Oder wie der Anfang des gestrigen Abends, nachdem am Nachmittag alles aufgebaut worden war auf dem Platz, und die Band auch schon mal probierte und mein Tun auf Mechanisches reduzierte. Denn schwarze Wolken zogen herauf, und dann regnete es zwei Stunden lang. Danach begann dann alles piano pianissimo wieder von vorn. Ich schaue hungrig auf die Salatschüssel, er schläft immer noch. Wahrscheinlich darf mir das jetzt egal sein.

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