5.14 Uhr:
[Franz Schmidt, 2. Sinfonie.]
Gestern abend noch im Pratergarten Gespräch mit den Freunden: Haupthindernis für ARGO sei selbstverständlich, daß die ersten beiden Teile des Romanes in verschiedenen anderen Verlagen erschienen seien, jetzt jedenfalls beim Berlin Verlag lägen; keiner rechne sich da für den dritten Band sonderliche ökonomische Erfolgschancen aus, letztlich nicht einmal “Entdeckerruhm”; das lasse größere Verlage von vornherein zurückschrecken. Zudem sei ANDERSWELT ja nicht ohne weiteres süffig konsumierbar, auch das liege gegen die Zeit. Nun ja, denk ich mir, das lag Kunst imgrunde immer. Und was die anderen Bücher anbelange, so werde es kaum schwer und auch nicht teuer sein, die Rechte zurückzubekommen. Von THETIS sind ja kaum mehr 100 Bücher da; ich müßte nur eine nächste Auflage, bzw. das Taschenbuch einfordern. Egal.
Dazu mal wieder eine meiner Magenattacken; nach dem mir von den Freunden verpaßten doppelten Groß mit Wärmflasche ins Bett, in schweren Halbträumen weggesackt und jetzt, ein wenig mau im Bauch, ziemlich von allein gegen halb fünf wach geworden, aber noch etwas gedöst; dennoch vor dem Wecker auf: Das Gefühl treibt an, es heute mal wieder zu einem DTs und also zur Strukturierung zu bringen. Den Arbeitswohnungs-latte-macchiato, gepackt ist alles; eben dieses getippt und dann ab zum Flughafen. Inwieweit ich in Stuttgart ans und ins Netz kommen werde, ist abzuwarten.
Die 500 Euro fürs LEERE MITTE – Libretto waren auf dem Konto; deshalb konnten Göttinseidank die Miete für die Arbeitswohnung und das Dezember-Telefon endlich überwiesen werden.
Tagesplanung
5.50 Uhr:
Ab zur S-Bahn. Um 8.20 Uhr geht der Flieger. In der Wartezeit am Flughafen Schönefeld die Fahnen des für die horen geschriebenen Phantastik-Aufsatzes korrigieren, die gestern im Briefkasten lagen.
9. 25 Uhr:
Ankunft Stuttgart. Ins Hotel.
Dort Telefonate: Gassner. Und L. aus Karlsruhe, die sich gestern nach langen Monaten einmal wieder meldete und sich gern eine Probe ansähe.
Einladung an M. Klett für die Uraufführung per Hand schreiben und rausschicken.
ARGO-Poetologie-Notat aus dem Skizzenbücherl übertragen.
mittags:
Essen mit Robert HP Platz.
Erstes Vorgespräch Regie LEERE MITTE.
Danach Mittagsschlaf.
16:
LEERE MITTE: LILITH; Probe 1 (Glashaus).
20.30 Uhr:
LEERE MITTE: LILITH; Probe 2 (Aufführungsbühne).
Nachtrag:
[Stuttgart.]
Das ist mir am Flughafen auch noch nicht geschehen. Nicht nur, daß ich in Berlin Schönefeld wegen meines technischen Equipemts (Laptp, DAT-Rekorder, die OKM-prof.-II-Ohrmikros, kleine Boxen usw.) in den Fokus des Sicherheitspersonals gerate, das nun nach und nach jedes Gerät auf Sprengstoff-Spuren untersucht; nein, ich muß auch meine Schuhe ausziehen und mir die Fußsohlen scannen lassen. Was die Leute da finden wollen, weiß ich nicht, aber ich habe, bei anderen, das bereits in Tel Aviv beobachtet. Dort allerdings war ich seinerzeit völlig, wirklich völlig, unbehelligt geblieben, zweidrei Sätze mit der (schönen) Sicherheitsbeamtin hatten gereicht, obwohl ich den “Palästinser-Schal” trug, den mir ein Jerusalemer Händler selbst umlegte, und zwar mit den Worten “Laurence of Arabia”, wozu er einen Spiegel brachte. Bis heute erinnert sich meine Eitelkeit sehr gerne daran. Den Schal trag ich seither oft und mit einem irrationalen Gefühl von Stolz, so auch heute morgen. Aber die Leute sind auch hier freundlich, besonders die junge Dame, die die Tastatur meines Laptops mit dem Scanner abfährt. “Na, mich haben Sie heute morgen aber am Wickel”, sag ich. Dann sitz ich im Flieger.
Das Theaterhaus Stuttgart liegt auf dem “Pragsattel”, einem Industriegebiet am Stadtrand, das von einem sich mildernd erhebenden Weinhügel und schräg gegenüber dem postmodernen Gebäude der Daimler Chrysler Bank beherrscht wird,das ich nun ganz sicher in ARGO hineinnehmen werde. Ansonsten nur mittlere Industriebetriebe und eine Tankstelle, für die der Begriff “Tanke” absolut zutreffend ist. Kein Supermarkt, keine Bäckerei, kein sonstiges Geschäft in der Nähe. Das wird das Überlegen etwas problematisch gestalten, ich werde mich für die Mahlzeiten, abgesehen vom Frühstück, aufs Essensangebot eben dieser Tanke konzentrieren müssen, denn allein eine 07-ltr.-Flasche Wasser kostet im Hotel 4,70 Euro. Ich hab nur 120 Euro dabei, komme auch sonst an kein Geld, das muß für diese Woche reichen. Schon mittags das essen kostet mich dacnn 15 Euro, der Wein abends nochmals 5, und als ich dann nachts nach den Proben zum ersten Endgespräch mit RHHP beisammensitze, muß ich fürs Bier abermals 3,20 bezahlen. Es kann so also nicht weitergehen, ich möchte ja auch noch ein Mitbringsel für den Kleinen erstehen.
Für die Proben selbst siehe Hauptseite.
Schön, die kleinen Boxen, die ich mir von meinem Jungen ausgeliehen habe; für die Proben selbst sind sie allerdings nicht zu gebrauchen, da erheblich zu leise. Fürs Arbeiten im Hotelzimmer aber sind sie so ideal wie die Musik-mp3-Sammlung, die ich mir in Berlin auf den Laptop gespeichert habe.
Telefonat mit Gassner: Wegen unseres Weblog-Projektes, bei dem wir zwei Gruppen in Realzeit zusammenschalten wollen, werden wir uns am Donnerstag zwischen den Proben und wohl am Nachmittag des Sonnabends nach der Generalprobe treffen. Wir müssen meinen kleinen Lehrauftrag vor der Bundesakademie Wolfenbüttel und einen, den er hier in Stuttgart hat, irgendwie synchronisieren. Außerdem Telefonat mit der Kölner Verlegerin, ob vielleicht DIE NIEDERTRACHT DER MUSIK jetzt schon auf einen Büchertisch könne, den die Theaterhaus-Buchhandlung am Samstag der Uraufführung aufstellen soll. Geht aber wohl nicht, da offizielle Auslieferung erst Ende Februar ist.
Versucht, telefonisch Florian Höllerer vom Literaturhaus Stuttgart zu erreichen, der auf ein Telefonat, wie Gassner mittelt, warte und wegen des neuen Buches gefragt hat. Aber vergeblich, niemand nahm ab.
Und dann, völlig unerwartet, bricht abends eine neuerliche Magenattacke aus, etwa um halb elf. Ich versuche, etwas dagegen zu essen, aber keine Chance. Es bleibt nur, mich zurückzuziehen (ich werde bei diesen Attacken immer nur stumm, alles in mir stellt sich auf “Durchhalten” ein) und mit dem Fernseher abzulenken. Da fängt mich, im Bett liegend und aufs Zappen eingestellt, “Aus einem deutschen Leben” von 1977 ein.
Arbeitsfortschritt:
LEERE MITTE: LILITH, erste Proben.