DTs. Sonnabend. (12. März 2005).

5.34 Uhr:

Sexualdrang, gnadenlos feuernd gestern über den Tag am Abend halb durch die Nacht. Von allein um 5.15 Uhr wach geworden; jetzt gleich weiter an MF. Ich habe bereits ein unmittelbares Gefühl zu dem werdenden Hörstück, ich spüre, was geschrieben werden muß, bleibe aber noch ganz bewußt in der Analität, also im zwanghaften Sammeln von Stimmen, Theorien, Haltungen, Textstellen. W e n n ich das Hörstück selbst zu schreiben beginne, dann muß das wie aus einem Guß sein, wie immer, zweidrei Tage aus dem Vollen geschöpft.

Fragen aus meiner Selbstbeobachtung.
Je schwieriger die ökonomische Lage, je fester ich aber wieder werde, desto unnachgebiger drückt sich Sexualität durch. Der sich aufrichtende Körper fordert; das ist in seiner geradezu anatomischen Symbolik nicht ohne Witz. Es bleiben aber Fragen: Korreliert etwa meine erotische Dominanz meinen objektiv-ökonomischen Problemen, waltet da also eine banale Proportionalität in d e m Sinn, daß, wenn die objektive Hilflosgkeit groß ist, sich auch das Bedürfnis nach sexueller Dominanz verstärkt? Oder verstärkt sich diese rein des Umstands wegen, daß sich der Sexualdrang selbst verstärkt? Ist diese Dominanz, die ja durchaus an den Sadismus reichen kann, ein Ergebnis nicht nur psychischer Dispositionen, die aus Kindheitstagen, über die Jahre sich reifend/sublimierend, mit hergeschleppt wurden, sondern gerade auch des gegenwärtigen, objektiv-realen Zustandes?






Tagesplanung.




6 Uhr:

MF-Exzerpte ff.

ca. 8 Uhr:

Frühstück mit dem Jungen.

8.30 Uhr:

MF-Exzerpte ff.
DIE DSCHUNGEL.

11 Uhr:

Kinderzeit.

13.30 Uhr:
(Mittagsschlaf des Jungen)

MF.
DIE DSCHUNGEL.

15 Uhr:

Kinderzeit.







10.51 Uhr:

Traurigkeit wegen >>>> Ana. Ständig geraten wir aneinander, wenn es um erkenntnistheoretische Themen geht. Sie: Einheit. Ich: Keine Einheit. Sie: Kabbala. Ich: Keine Kabbala. Sie innig d a m i t, ich innig mit anderem. Undsoweiter. Schließlich bleibt immer nur Verletzung, auf beiden Seiten. Es gibt etwas, das tatsächlich nicht zusammengeht. Objektiv nicht. So sehr es beide auch zieht. Einer mag Wirsing, die andere nicht; eine Verständigung über Wirsing und seine Qualitäten ist tatsächlich nicht möglich. Fazit: Es gibt keine angemessene Übersetzung. Nicht in der Literatur. Nicht im anderen Leben. Und nicht zwischen derart verschieden codierten Wesen wie wir es sind. Sie dann jedesmal zu mir: „Du bist so von dir selber eingenommen, du bist so selbstbezogen“ usw. Was wiederum m i r wehtut. Menschlich, innig betrachtet, trägt das viel Trauer, politisch gesehen ist es katastrophal.

Festzuhalten bleibt aber unbedingt auch: Wie eng das Netz sich in die Neuronen schmiegt. Wie schmerzhaft allein der Gedanke einer gegenseitigen Verletzung mit jemandem ist, die man ja noch nicht einmal sah, – wie mächtig mithin allein die Vorstellung wirkt, und zwar ganz unabhängig davon, ob ihr eine Realität entspricht oder nicht. Erkenntnistheorie, schmerzlich: Erfahrung.

11.53 Uhr:

Jemand ganz andres, über mich. (Auch so etwas aushalten lernen): „sein begriff von ehre ist ehrlos. er ist zu starr und toetet ehre damit.“

Keine gute Zeit wieder. Eine böse Zeit wieder.

12.22 Uhr:
Wie die Mißverständnisse schmerzen: Sie: „ich rebelliere gegen das belächelnde Von-oben-herab und gegen das Empfinden, nur eine instrumentalisierte Figur in einer grossen Inszenierung zu sein.“ Ich: „Wenn dieser Eindruck entstanden sein sollte, entschuldige ich mich. Nichts davon war meine Absicht, nichts davon entspricht so der von mir gemeinten, aber offenbar dennoch anders empfundenen Realität. Das tut mir tief leid.“

19.25 Uhr

Und wieder Versöhnung mit Ana, es ist sehr eigenartig, wie heftig diese direkte Neuronen-Netz-Verschaltung wirkt, welche Folgen sie hat, welche Emotionen sie auslöst.
Dann mit dem Kleinen und seinem neuen Krokodil zum Schwimmen. Auch dort gleich Ärger: Das Krokodil sei nicht erlaubt etc. Ich sofort heftig zurückgeballert, es kamen n o c h zwei Bademeister, ich sagte nur: “Jetzt bin ich aber gespannt, ob Sie mich dieses Krokodils wegen von der Polizei hinauswerfen lassen.” Ergebnis: Das Krokodil blieb erlaubt. Gutes Gefühl gegenüber meinem Sohn; wir lassen uns von Pseudo-Autoritäten den Spaß nicht nehmen, auf den wir uns freuten.

23.29 Uhr:
[Mozert, passend, Requiem; Dänen-Internetradio.]

„Niemand kann auf einem aktiven Vulkan wohnen.“
Traurigkeit.



Arbeitsfortschritt:
MF, Erzepte ff.