4.51 Uhr:
[Maderna, Ausstrahlung.]
Wäre ich nicht bereits in den MDTFEBs auf Maderna eingangen, d i e s e Musik wählte ich heute. Aber ich habe eine andere Idee, von der ich hoffe, ihr nachher noch ein kleines Feuilleton widmen zu können. Dann bekommen >>>> eb und Sie den Tip. Einstweilen muß ich noch einmal meine Inspirationen zusammengarben und an ARGO schreiben, bevor der Kleine zur Schule zu bringen und dann hier in der Kinderwohnung aufzuräumen ist. Insgesamt wirft die Buchmesse Schatten, von denen sich nicht sagen läßt, ob es nicht Lichtflecken sind; wir werden sehen. Aber rein aus numerischem Fetischismus hätte ich vor der Reise gerne ARGO auf 400 TS-roh-Seiten vorangetrieben und vielleicht sogar den Dritten Teil dieses Buches insgesamt abgeschlossen; gut, das ist nun nicht so. Gestern kam noch eine Liebes-SMS von t-mobile an: Begleichen Sie noch heute Ihre offenen Rechnungen, da wir Ihren Anschluß sonst sperren müssen. ‚Entzückend’, dachte ich, neben *** in der Sporthalle sitzend, meinerseits noch vom Laufen verschwitzt und unsrem Jungen zusehend, wie er in Juderolle vorwärts und rückwärts auf die Matten fiel, ‚entzückend’, und hätte gern einen Lolli zum Draufrumkauen gehabt. Das Ganze wegen 39,80, „das ist ein Nachteil der Privatisierung“, sagte mittags der Anlytiker noch, meinte allerdings die Schwimmbäder, „daß die Sachen so teuer werden, daß sie sich nur noch reiche Leute leisten können“. Mir fiel dazu nur ein: Die SPD hat schon immer ihre WählerKlientel verraten, Sozialdemokratie ist eine Form der VerräterMentalität an sich, und jeder zwar weiß das, aber keiner merkt’s, nu’ aber hat sie mal wieder die – berechtigte – Quittung ausgestellt bekommen, hat sozusagen der Konservativen die Kohlen aus dem Feuer geholt, also dem Liberalismus den Boden bestellt, nu’ wird der ernten. Mir selbst kann’s ja wurscht sein, denn sog. ‚elitäre’ Kunst ist der Linken eh immer Hekuba gewesen; die hielt sich lieber Westernhagens als ästhetische Berater. Müßte ich eigentlich a u c h noch machen, bevor er geköpft wird: Ungefuggers künstlerischen Beraterstab zusammenstellen frei nach dem Motto: Wo Maschmeyer war, soll Schröder werden.* #Lachend in den Text ab.
[*)Erkenntnistheoretische Fußnote: Wird s o w i e s o Schröder.]
12.21 Uhr:
[Jarrett, Pariser Konzert von 1988.]
Nach dem Aufräumen des Kinderzimmers und dem Wohnungswechsel ein enormer Anfall von Müdigkeit, verbunden mit Frieren. Anderthalb Stunden geschlafen, noch v o r dem Laufen, das ich nun auf 14 oder 15 Uhr verschiebe. Es ist tatsächlich sehr kalt in der Arbeitswohnung, und ich stelle mich auf einen weiteren Winter ohne Heizung ein, jedenfalls hier in der Duncker, da kaum noch Kohle und kein Geld für neue Kohle da ist (drüben in der Kinderwohnung hingegen muß ich, schon wegen Katanga und der Jungens die Etagenheizung irgendwie finanzieren). Ich habe bereits einmal ein von mir sogenanntes „Jahr in der Kälte“ verbracht, im Winter nach der Trennung; es war eine Art trotziger Sport, den zu gewinnen mir Stolz gab; momentan fehlt mir zu solchem Kampf aber ein wenig die Haltung, schon weil ich jetzt dauernd RatenzahlungsVereinbarungen treffe, von denen ich vorhersehe, daß ich sie nicht werde einhalten können, so gering auch immer die Beiträge sind. Es ist ein reines Unternehmen des Streckens Hinausschiebens: Je länger mir das gelingt, desto wahrscheinlicher wird die ungefährdete Fertigstellung des ARGO-Romanes sein. Vielleicht setze ich mich und ihn ja absichtlich so unter Druck, vielleicht verschiebe ich – überlege ich gerade, es ist ein Einfall – ganz bewußt die Problematik von einer der Inspiration auf eine der ökonomischen Existenz: die kreative Quelle des Romans wird auf diese Weise nie infrage gestellt, weil sich vor d i e s e Frage eine andere schiebt. Und also sprudelt die Quelle w e i t e r… Das wäre dann wirklich eine pfiffige, wenn auch harte Strategie meines unbewußten Produktionswillens.
Ich sitze, während ich das denke, mit zwei Pullovern übereinander und d a r ü b e r noch den Hausmantel vorm Bildschirm, habe obendrein eine halbe Traumfantasie aus dem Schlaf mit hergeschleppt, die ich gleich als eine Art Prosagedicht in Die Dschungel stellen werde; neben mir der erste latte macchiato;; überhaupt keine Lust, morgen nach Frankfurtmain zu reisen;;; es ist aber nötig;;;; schon aus Trotz: sich zeigen, hier bin ich, bin ich immer n o c h und werde mindestens bleiben, bis ganz ANDERSWELT fertig da steht und keiner mehr dran vorbeigucken kann.