Wenn sich nun alles dieses noch drehen würde, sich durch Euch hindurchdrehen mit Farben und Klängen, wenn ihr nicht mehr unterscheidet könntet, was Klang, was Farbe, und wenn diese Dome geflutet wären von Duft… ach einen DomDuft denk’ ich mir, der wie Wasser in den ihrerseits flüssigen Architekturen steht… worin kein Blick sich irgendwo fängt, sondern tiefer in den Raum und immer weiter hinweggesaugt wird, ein FarbSchwips, in dem Du Dich rauschhaft verlierst… Dein ganzer Körper eine weiche fliegende Baukunst, und wirklich, unversehens, sprießen Palmen aus dem PVC Deines rechten Arms, das kommt vom Geruch nach Sauna und Sonne, alles gelöst. So laßt Euch unter den Fußsohlen nieder, sie versinken in einen wirklichen Sand… langsam und staunend durchschreitet der Mensch einen Ganglion aus Gängen, seltsam stehen Stühle umher, auf die man sich nicht setzen, in die man nur hineintauchen kann: schon schwappen sie über Dir zusammen, drücken Dich hinab in ein nächstes und abernächstes Gemach. Weißt Du, als wer Du wieder hinausgelangst und daß ein anderes Du den Weg und Aus-Weg längst fand? Plötzlich steht Ihr beide zu dritt draußen, die Leute schreien und hasten im brodelnden Verkehr. Blasen steigen von dem auf. Martinshörner hört ihr, das ist dann wieder die Realität. Eh Du Dich versehen, hast Du Dir selbst die Hand gereicht, zweimal dreimal. Dann geht Ihr auseinander, jedes Du für sich, und jedes meint, daß es wahr sei. So schütteln nasse Hunde die Wunder von sich ab.
Zum Tagebuch Sie schreiben „Rohfassung des WDR-Textes fertig.“ Warum ist das plötzlich ein Text für den WDR, gestern war es doch noch für den SWR? Für welchen Sender ist der denn nun? Danke im voraus für einen korrekten Hinweis. Kürzlich schrieben Sie auch, Sie wollten Hartz IV evtl. beantragen. Was ist denn daraus geworden? Und was ist eigentlich mit der Frrau in Buenos Aires, die nach dem Hurrican Katrina in den USA helfen wollte? Nie wiedeer aufgetaucht? Schade, vieles wird bei Ihnen immer nur angerissen und als Leser bleibt man im Dunkeln sitzen. Ich weiß, man kann sich auch selber Licht anschalten, aber die Spannung wird oft zu früh gekappt.
Lieber Fremder. Es ist selbstverständlich der SWR, ich bin ein wenig durch den Wind offenbar. Die Sendung wird Silvester oder Neujahr ausgestrahlt (Matinee), ich weiß es gar nicht mehr so genau. Was EvL anbelangt, so fand sie, klugerweise, jemanden Näheres; Buenos Aires-Berlin ist denn d o c h sehr weit entfernt, vor allem, wenn es Mißverständnisse auszuräumen gilt. Zuletzt nannte sie mich leider auf allerdings indirekte Weise indiskret. Daß ich dies gerade n i c h t bin, bedingt wiederum etwas, das Sie offenbar vermissen: die Geschlossenheit von Erzählungen. Wenn es Sie danach verlangt, bitte ich Sie freundlich, nach meinen Büchern zu greifen. Hier in Der Dschungel, worin sich reale und fiktive Personen auf das innigste mischen, bin ich meist nicht mehr als ein poetischer Organisator. Werde ich nun von einer Person gebeten, sie nicht weiterhin oder überhaupt nicht vorkommen zu lassen, dann halte ich mich daran – es sei denn, es fällt mir ein Weg der Fiktion ein, der es jedem Leser unmöglich macht, hinter den Vorhang auf die nackte Bühne zu schauen. Ich bin – als der Herausgeber Der Dschungel betrachtet und ‚als Mensch‘ sowieso – in keiner Weise autonom – weniger als in den Romanen jedenfalls, in denen ich zwar der poetischen Notwendigkeit unbedingt zu folgen habe, worin es aber bisweilen einiges zu wählen gibt, das sich meinem Zugriff h i e r entzieht. Wenn Sie Die Dschungel als Reservoir für Geschichten begreifen und deren Spuren dann in den neuen Büchern und Geschichten wiederbegegnen, werden Sie gewiß das Licht nicht a l l e i n e anschalten müssen.
In diesem Sinn, ganz herzlich, Ihr
ANH
Dome in Duft geflutet Beim Lesen Ihres Textes leuchtet in mir eine kleine rote Lampe, die mir sagen will, ich solle Sie dringend auf den Begriff der >Synästhetik< aufmerksam machen. Und manchmal folge ich meiner Intuition.
Aber vielleicht haben Sie sich längst damit beschäftigt?
Hier ein wenig mehr darüber:
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/astuecke/24451/
Außerdem möchte ich mich bei Ihnen endlich mal für die Kurzweil bedanken, die mir das Lesen Ihrer Dschungel seit längerer Zeit beschert und Ihnen viel Glück bei der Ebay-Versteigerung wünschen.
Nächtliche Berliner Grüße
Cazz