Freitag, der 6. Januar 2006.

4.40 Uhr:
Heute werden im allgemeinen die geplünderten Weihnachtsbäume auf die Straße geworfen. Bei uns nicht. Schweigend und lockend steht er mitten im Zimmer, von Dunkelheit umschmiegt, hie und da blitzt ein Kuß in ihm auf. Und so soll es bleiben bis Ende Januar, bis direkt vor den Geburtstag meines Jungen. Früher stand er immer noch eine Woche länger, bis vor den m e i n e n. In Frankfurt am Main kam er dann meist bis zum Frühjahr auf den Balkon und wurde mit Meisenknödeln behängt. Mit diesen nach – wie ich glauben möchte – Art meines Vaters geschmückten, mit solch sorgsam ins Märchen gebrachten Weihnachtsbäumen habe ich die Erfahrung gemacht, daß sie mit zunehmender Zeit Tiefe bekommen. Erstaunlich ist dies nun d i e s m a l, denn ich habe den Baum ja nicht gesehen, seit mein Junge mit der Mama verreiste, sondern war in der Arbeitswohnung und sah zweidrei a n d e re Weihnachtsbäume zwischendurch, die diesen Eindruck n i ch t machten, sondern einfach nur geschmückte Bäume waren. Dieser hier aber lebt, als stünde er in Narnia, wie hinter einer verborgenen Schrankwand in einer anderen Welt und Zeit. So hat denn auch Adrian gestern gleich als erstes nach ihm gefragt; vielleicht wird durch ihn ja erst eine Tradition, die ich a l s eine solche für mich wahrscheinlich nur erfunden habe.

Es ist bitterkalt beim Aufstehen, seltsam; anders als in der Aerbeitswohnung, die ja nicht einmal geheizt ist. Also pünktlich mit dem Weckerklingeln die Hochbettleiter hinab und noch v o r dem Anziehen: Trainingsanzug, Kapuze, pink; die Jacke läßt sich nicht mehr zumachen, weil der Reißverschluß unterdessen defekt gegangen ist… – und noch v o r dem Anziehen, schrieb ich, das Fenster geschlossen und die Heizung angedreht. Jetzt meinen Kaffee, jetzt ARGO im Typoskript korrigieren. Zwei Stunden, bis ich den Jungen wecke. (Lilith hat sich wieder gemeldet, jetzt kommt vielleicht s i e nach Innsbruck. Zu Nadeschda schreibt sie: „…die wär dir auch zu alt mit ihren hundertsechzig jahrn…“).8.27 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Ich spiele mit dem Gedanken, einen Offenen Brief an meine Gläubiger zu verfassen und den dann hier einzustellen. Aber ARGO geht vor. Und ohnedies fällt ja bald der ——- :



V O R H A N G .

:10.56 Uhr.

23.46 Uhr:
Eigner war hier (Kinderwohnung), lange haben wir mit Lilith gesprochen, jemand >>>> von ausnehmend miesem Character schrieb mir ins Weblog, ich reagierte (obwohl ich den Eintrag besser hätte ignorieren sollen; immerhin fand Eigner meine Antwort g u t); dann las ich dem Kleinen zur Nacht vor, und wir schliefen aneinander ein. Jetzt eben erwachte ich, kletterte wieder hinab und setzte mich noch einmal an den Laptop, um dies hier zu schreiben. Und spreche noch einmal mit Lilith…. Dann werd auch ich schlafen gehen.