Urempfindungsintuition. (Leserdialog).

LESERIN
(…) …wenn man Ihre Geschichten liest, brauchts ein lebenslanges Philisophiestudium oder Urempfindungsintuition … Namen und Worte öffnen ständig neue Themen wie im Netz die Links … (find ich)…
ANH
Was Sie über die Links und meine Literatur schreiben, ist schön gesehen – wobei ich mich damit ursprünglich gar nicht auf das Netz bezog; ich bin ja erst relativ spät dazugekommen, – sondern auf etwas, das man im 19. Jahrhundert und ein wenig auch noch zu Anfang des 20. „Anspielungsliteratur“ nannte. Jean Paul ist dafür ein gutes Beispiel. Das setzt freilich ein wenig Bildung – zumindest aber die Lust an ihr – voraus. Doch seit so billig gesagt wird, es sei profunde Allgemeinbildung gar nicht mehr möglich, hat man erlöst aufgeatmet und vieles dessen, was unsere Kultur ausmacht, auf den Müll geschmissen, um dann dumm-genußvoll dem ästhetischen MacDonald’s die Tore zu öffnen. Insofern bin ich ein Saurier.

7 thoughts on “Urempfindungsintuition. (Leserdialog).

  1. Ohne dieses Netz, das ältere, vor dem Netz, gäbe es uns nicht, oder nicht SO, jedenfalls nicht auf eine Weise, dass sich das alles lohnen würde. Schildkröten sind die kleinen Vettern der Saurier und beinahe ebenso alt…und immer noch da…
    Ich hatte allerdings auch einigen Ärger mit Ihrer Literatur, nein, nicht mit ihr eigentlich (auch das kommt noch, aber nicht so voreilig, zuerst muss man sich vergewissern, wovon man wirklich sprechen will), sondern mit Ihrem Verlag, oder mit der Druckerei des Verlages oder der Buchbinderei oder was weiss ich. Auf der Wanderung durch ein Sizilien, das mir – vage – übrigens bekannt vorkommt, fand ich mich plötzlich in einer Endlosschleife wieder. Nach Seite 111 (??) ungefähr fing der Lauf der Dinge auf einmal wieder in der Mitte an und setzte nach Seite Weiss-ich-auch-nicht-mehr viel später wieder ein. So legte ich das Buch masslos verärgert weg, alles war doch gerade so herrlich im Fluss (die Kaffeetasse noch nicht ganz leer usw.), denn weiterlesend hätte ich die Stelle, die mich geärgert hat, nochmals lesen müssen und danach wäre ich ins Zeitloch gestürzt.
    Erst heute gelang es mir, mich bis zur Buchhandlung durchzukämpfen. „Haben wir nicht am Lager.“ Also nochmal zwei Wochen warten. Aber alles hat sein Gutes. „On the Origins of Species by Means of Natural Selection“ (Poesie!!) stand schon seit 9 Jahren und 10 Monaten in meinem Regal, am selben Übel krank. Kurz vor der Verjährung! Ohne Ihren nachlässigen Verlag hätte ich längst nicht mehr daran gedacht. „Ein verbundenes Buch, ein verbundenes Buch!“ Die Aufregung der Buchhändler ähnelte derjenigen der Mediziner bei der Entdeckung brandneuer Allergien. Darwin wurde umgehend ersetzt, nachdem ich glaubhaft machen konnte, dass ich mich genau erinnere, das Buch in derselben Buchhandlung gekauft zu haben.
    Wie auch immer. Schreiben Sie weiter, Sie liebenswert eitler Saurier, Sie.
    Herzlich, eine Universalgeleerte (portugiesische Gallerte und was des Viehzeuchs mehr ist)

    1. Ich m a g ja Schildkröten. Und das mit der Zeitschlaufe, ja, ich erinnere mich: sowas gibt es in dem Buch. Sie meinen wahrscheinlich denjenigen, der zweimal erschossen wird und zweimal auch richtig tot ist… keinen Sizilianer, nein nein, einen Ausländer dort, aber gut informiert… zu gut, muß man im nachhinein sagen. (Dafür lebt der a n d e r e Tote – und das i s t ein Sizilianer – erstaunlich lange wieder. Ich schreibe gerne, wenn auch mit leichtem Schauder, seinen Namen hierhin: Antonino Prestigiacomo – jeden neuen Leser erwartet er bis heute, sofern man ihm metaphorisch die Hand reicht, in den Kapuziner-Katakomben zu Palermo.)

      Lächelt.

      P.S.: Unterdessen gibt es >>>> eine jederzeit und schnell greifbare preiswerte Ausgabe bei dtv.

    2. Bis er zweimal tot ist, so weit habe ich eben nicht mehr gelesen. Ich will ja jetzt nicht Alpdrücke verursachen, aber es ist genau diese dtv-Ausgabe, die ich habe… (glauben Sie an morphogenetische Felder?! Meine Erfahrung sagt, dass es sie gibt – ich blättere jedes neue Buch Seite für Seite durch, bevor ich es tätowiere).
      Prestigiacomo übrigens ist (bisher) mein Star in dem Buch. Sinterndes Blut fand ich zum Sterben schön. Hätten die doch bloss diese Stelle doppelt und dreifach gedruckt.

    3. …lächelt soweit ich das verstanden habe,ging es um eine mangelhafte bzw. doppelt vorhandene seitenzahl in ihrem roman,der bei la tortuga eine endlosschleife hervorrief und nicht um die geschichte selbst…

    4. Diesen Verdacht hatte ich schließlich auch. Freilich zu spät. Aber: Welch Coinzidenz! Und daß selbst bei V e r l a g e n eine solche Neigung zur Verdopplung besteht! Als hätte die eingebaute Schlaufe nicht schon gereicht…

    5. Ja, so wars. Ein wahrer Alptraum für obsessive Leser. Die Verdoppelung an sich wäre nichts Schlechtes, wenn dafür nicht die vom Autor eingebauten Verdoppelungen unterschlagen würden (oder was immer die fehlenden Seiten enthalten mögen, ich werde es ja bald sehen). Eigentlich träumte ich ja schon immer von einem (eigenen?) Buch, dessen Seitenzahlen sich nicht an die Konventionen halten, aber erfinden kann das letztlich nur der Verlag.

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