Geschichte eines lächerlichen Mannes.

Das fiel mir eben beim Spaziergang zurück in die Kinderwohnung ein:

Ein Mann, der seinem Leben seit langem ein Ende bereiten will, hat panische Angst vor dem letzten Schritt: – daß der Selbstmord auch schmerzfrei sei, daß er funktioniere, daß er, der Mann, nicht ungünstiger Umstände halber gerettet werde und verkrüppelt bleibe usw. Zweifel und Feigheit lassen ihn immer wieder zurückweichen und machen ihn schließlich, erbärmlicherweise, uralt.

[Ich kam über die schmuck renovierte Eisenbahnbrücke der Greifenhagener Straße. Drunter stand
ein Intercity lange still und wartete auf das Signal zur Weiterfahrt. Einen Moment lang dachte ich: Spring
auf das Waggondach und faß die Hochspannungsleitung an. Ob du den Schmerz der Verbrennung spürst?
– In dem Moment kam statt der Handlung die Idee.]


4 thoughts on “Geschichte eines lächerlichen Mannes.

  1. das, so unterstelle ich, ist keine idee, sondern schlicht – eine erfahrung.
    die manchmal feigheit heißt.

    (und kommen sie mir bitte jetzt nicht mit aussagen, wie: ich hab ja eine verantwortung über mein eigenes leben hinaus.)
    danke.

    (und ja. ich kann unterscheiden zw. literarischem ich und dem anderen, fern existenten und doch rechnungzahleden)

    1. (Komm ich Ihnen nicht.) Aber die Erfahrung heißt (wahrscheinlich) schon deshalb manchmal nicht „Feigheit“, weil sie oft zur Unzeit kommt:gerade dann, wenn es einem sehr gut geht: Sie ist dann ein Nachklang vorhergegangener Zustände, die sich noch nicht völlig verloren haben. Das wirklich Interessante an ihnen ist einerseits, daß sie sich – aus der so vitalen wie vitalistischen „Sicht des Lebens“ – meist bereits wenige Stunden nachher in Glücks- oder wenigstens Zufriedenheitsgefühle auflöst sowie – aus der poetischen Sicht – den Vorentwurf für etwas abgibt, worin sie sich eben n i c h t auflöst, sondern, gleichsam herausgeschnitten, ‚rein‘ erhält und damit zu dem perfekten Rahmen einer Erzählung oder ’nur‘ eines Gedichtes wird. Die Erfahrung selbst e r d e t dann den Text. Ohne sie wäre er hohl. Der Schritt von dem einen zum anderen ist für die meisten Menschen ungewöhnlich. Er ist n i c h t Sublimierung (man schreibt nicht anstelle der Tat, sondern um das Gefühl und den Vorgang zu poetisieren – ganz unabhängig von ihrem möglichen Grund: eine Form der ähnlichen Verdopplung des eigenen Inneren).

      [Poetologie.]

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