Solange eine Sehnsucht künstlerisch produktiv bleibt, ist an der Liebe festzuhalten, so schmerzhaft vergeblich sie immer auch sei. Erst, wenn ihre Schöpferkraft erstarrt, darf ein Dichter den nötigen, seinen Verlust akzeptierenden Schritt tun und sich als ‚autonomer Bürger’ verhalten. Vorher wäre das Verrat. Eine persönliche ‚Befreiung’ bekommt erst dann ihr Recht, wenn sich die Sehnsucht ausgeschrieben/auskomponiert/ausgebildet hat und eine Objektivierung der Liebe geschaffen wurde, die ganz ohne den Künstler weiterzuleben vermag. Oder die Sehnsucht erfüllt sich schließlich, persönlich, doch noch. Das ist die menschlich wünschenswerteste, seltenste und zugleich seltsamste Form einer künstlerischen Realisierung.
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